NSU-Watch: „Der NSU-Untersuchungsausschuss in Mecklenburg-Vorpommern hat nur noch ein Jahr Zeit. Das muss heißen: Akten erkämpfen, Aufklärung vorantreiben!“ – Statement vom 6. Mai 2020

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Am 8. Mai wird der NSU-Untersuchungsausschuss Mecklenburg-Vorpommern seine Arbeit wieder aufnehmen. Nach zwei wegen der Covid-19-Krise ausgefallenen Sitzungen bleibt dem Untersuchungsausschuss nun nur noch ein Jahr, um die Verbindungen des NSU nach Mecklenburg-Vorpommern, die zum Mord an Mehmet Turgut in Rostock führten, aufzuklären. NSU-Watch: „Die offenen Fragen liegen in Mecklenburg-Vorpommern klar zu Tage. Das Netzwerk des NSU, der sogenannte NSU-Brief an das Neonazi-Fanzine ‚Der Weiße Wolf‘ und die diesbezügliche Meldung eines V-Mannes müssen nun dringend auf die Tagesordnung des Ausschusses. Leider lässt der Ausschuss bislang den notwendigen Druck auf das Innenministerium vermissen, das die entsprechenden Akten unter Verschluss hält.“

Zur bisherigen Arbeit des Untersuchungsausschusses zieht NSU-Watch eine ernüchterte Zwischenbilanz: „Bisher hat der Untersuchungsausschuss die Ermittlungen nach dem Mord an Mehmet Turgut aufgearbeitet, die allerdings in anderen Gremien schon beleuchtet wurden. Die Abgeordneten sollten damit eigentlich genug Zeit gehabt haben, um sich mit dem NSU-Komplex vertraut zu machen. Trotzdem werden Zeug*innen selten mit Nachdruck befragt, um neue Erkenntnisse zu erlangen und den fehlerhaften Erzählungen befragter Ermittler*innen, die beispielsweise die rassistischen Gerüchte über die Ermordeten und ihr Umfeld wiederholen, wird nur selten etwas entgegengesetzt. Die wirklich offenen Fragen für Mecklenburg-Vorpommern wurden nur ansatzweise berührt.“

Kurz bevor der NSU-Untersuchungsausschuss Mecklenburg-Vorpommern in sein letztes Sitzungsjahr geht, hat das Oberlandesgericht in München das schriftliche Urteil im NSU-Prozess vorgelegt. Große Teile der Nebenklage kritisierten dies als „ein Mahnmal des Versagens des Rechtsstaates“. NSU-Watch: „Die Abgeordneten in Mecklenburg-Vorpommern müssen umso mehr ihrer Verantwortung gerecht werden. Wenn der Ausschuss seine Arbeitsweise jetzt nicht ändert, dann lässt er die Angehörigen der vom NSU Ermordeten und die Überlebenden des NSU-Terrors genauso mit ihren Fragen alleine wie das OLG München.“

Die nächsten Schritte in Mecklenburg-Vorpommern müssen sein: Der Untersuchungsausschuss darf nichts unversucht lassen, um die wichtigen Akten zu bekommen, die ihm zustehen. Die beiden ausgefallenen Sitzungen müssen nachgeholt werden.

NSU-Watch: „Wir unterstützen die Forderung nach einem weiteren NSU-Untersuchungsausschuss in Mecklenburg-Vorpommern. Realistisch gesehen sind die nächsten Monate allerdings die letzte Chance für eine parlamentarische Aufklärung des NSU-Komplexes in Mecklenburg-Vorpommern. Diese Zeit darf nicht ungenutzt verstreichen!“