„Gehen sie mal als Polizeibeamter zu so einem Konzert, da werden sie nicht glücklich.“ – Die Sitzung des 2. NSU/Rechter Terror-Untersuchungsausschusses Mecklenburg-Vorpommern vom 26. Juni 2023

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Die Zeugenbefragung im 2. NSU/Rechter Terror-Untersuchungsausschuss Mecklenburg-Vorpommern gibt am 26. Juni 2023 Einblicke in die rechte Konzertszene in Mecklenburg-Vorpommern in den 90ern und 2000ern und in die polizeiliche Sicht darauf. Erster Zeuge ist Uwe Gr., der von 1996 bis 2020 beim Staatsschutz des LKA Mecklenburg-Vorpommern unter anderem für die Auswertung von rechter Musik und rechten Konzerten zuständig war. Er hörte die Musik, war auf Konzerten anwesend und recherchierte im rechten Versandhandel. Sein Fokus richtete sich dabei auf strafrechtliche Inhalte. Der zweite Zeuge, „VS 22“ wertete beim Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern rechte Publikationen wie „Die junge Freiheit“ aus. Er kann zu den Themen des Untersuchungsausschusses allerdings nicht viel beitragen.

Erster Zeuge das Tages ist Uwe Gr., der von 1996 bis 2020 beim Staatsschutz des LKA Mecklenburg-Vorpommern unter anderem für die Auswertung von rechter Musik und von rechten Konzerten zuständig war. Er ist heute pensioniert. Zu seiner Vorbereitung sagt er, dass er keine eigenen Dokumente mehr habe. Er sei letzten September „einfach zu Besuch” beim LKA gewesen. Er habe in diesem Zusammenhang auch Kontakt zur Arbeitsgruppe des LKA zum NSU gehabt. Die hätten auch Fragen gehabt, wo sich vielleicht Dokumente befinden, aber er habe nichts Neues dazu beitragen können. In seinem Eingangsstatement berichtet Gr., er sei ab Februar 1991 beim LKA gewesen, bis 1996 habe er im Bereich Personenschutz gearbeitet, seitdem sei er im Staatsschutz als Auswerter zur Informationsgewinnung eingesetzt gewesen. Ab 1997 sei die Auswertung von rechten Konzerten, Musikgruppen und Liedermachern intensiviert worden. Seine Aufgabe sei gewesen, Schulungen für Schulen, Veranstalter wie Hansa Rostock und den öffentlichen Dienst vorzubereiten. Er sei bei der Auswertung auf Bands und Liedermacher spezialisiert gewesen. Sein Schwerpunkt sei die Informationsgewinnung zu Konzerten gewesen. Er sei zweimal offen als Polizeibeamter kenntlich auf einem Rechtsrockkonzert gewesen. „Sie können mir glauben, das ist ein Erlebnis”. Er habe Anträge an die Prüfstelle für Jugendschutz gestellt, habe Broschüren und Schulungsunterlagen u.a. für Behörden erstellt. Außerdem habe er an „unzähligen Durchsuchungen“ teilgenommen und Ermittlungen von anderen Abteilungen im LKA Mecklenburg-Vorpommern und bundesweit unterstützt.

Zu rechten Konzerten in Salchow sagt der Zeuge, in der Gäststätte „Zur Linde“ in Klein Bünzow hätten in den 1990er Jahren Konzerte mit bis zu 700 Personen stattgefunden, diese seien unter anderem von der Blood&Honour Sektion Berlin organisiert worden. Das habe für große Aufmerksamkeit gesorgt. Die Gaststätte sei dann baubehördlich gesperrt worden. Ab 1999 habe es Hinweise gegeben, dass in einem Objekt in Salchow rechte Veranstaltungen/Konzerte stattfinden. Der Eigentümer sei zunächst Markus Th. gewesen, von ihm habe Alexander We. das Objekt erworben. Letzter habe es als „nationales Wohnprojekt“ bezeichnet. Der Zeuge sagt, das sei ein Doppelhaus und dort hätten vermutlich auch Schm. und Ne. gewohnt. An den Konzerten hätten zuerst 50, später 100-350 Personen teilgenommen. 2006 sei eine Veranstaltung abgebrochen und aufgelöst worden, weil dort eine bestimmte Band aufgetreten sei. Die grundlegenden Informationen dazu hätten sie vom LKA Brandenburg erhalten. Dagegen sei geklagt worden und We. habe diese Feststellungsklage gewonnen. Seitdem habe er „Narrenfreiheit“ auf dem Grundstück, da es ein Betretungsverbot gegeben habe. Polizei, Verfassungsschutz und die MAEX hätten von da an nur draußen gestanden und kein Einblick auf den Hof gehabt, akustisch seien nur noch Bassgeräusche zu hören gewesen. We. habe das für Veranstaltungen ausgenutzt, es sei unklar, ob jedes Wochenende oder wie oft. Erkenntnisse dazu habe er aus den Berichten der MAEX oder aus dem Internet gehabt oder wenn We. auf der eigenen Facebook-Seite dazu gepostet habe.

Zur Durchsuchung in der Konzertscheune in Salchow am 4. Oktober 2004 [Hintergründe] sagt der Zeuge, er habe daran teilgenommen, sei in allen Räumen und Wohnungen gewesen, aber nach 19 Jahren könne er nicht mehr exakt sagen, wie es genau war. Es habe Hinweise darauf gegeben, dass im Eingangsbereich der Scheune ein Hakenkreuz eingefließt war. Daraufhin habe es die Durchsuchung gegeben, da dort ja Öffentlichkeit zugegen sei und damit sei das eine Straftat. Dazu habe We. zwar gesagt, das seien alles geladene Gäste und seine Kumpels, aber bei 200 Mann gehe man davon aus, dass er nicht alle kenne. Der Durchsuchungsleiter Kommissar Pe. sei 2019 gestorben. Gr. sagt, seine Aufgabe sei gewesen, die Durchsuchungskräfte zu unterstützen, wenn es um Musik und um die Sichtung von Dingen gegangen sei. Es seien Videoaufnahmen gefertigt worden, aber nicht von ihm. In der Scheune sei das Hakenkreuz gewesen, der Raum sei ungefähr 50qm groß, es habe einen Tresen, eine Couch und Sessel gegeben. Sie hätten eine Bargeldkasse gefunden, die offen war. Es sei Geld darin gewesen, er wisse aber nicht mehr wieviel. An den Wänden hätten rechte Devotionalien gehangen: Hakenkreuze, Hitlerbilder, Bilder von Rudolf Hess, auch Fotos von Veranstaltungen. Das gesamte Grundstück sei 1000-2000 qm groß, man hätte da 100 PKWs parken können. Das habe We. auch so genutzt, er habe nicht gewollt, dass die PKWs seiner Besucher die Straße blockieren und von den Behörden erfassbar sind. Im Laufe der Zeit hätten mehr Durchsuchungen bei We. stattgefunden, auch in der sogenannten Bibliothek in Anklam. Da habe We. Büros gehabt, eins davon habe er an die NPD vermietet. Auch dort sei er, Gr., an Durchsuchungen beteiligt gewesen. „Wir haben das so gemacht“: Sie hätten das Internet durchforstet, was es in der Bibliothek gebe und dann hätten sie ein Verfahren initiiert.

Die Vorsitzende Martina Tegtmeier (SPD) fragt den Zeugen, ob er Informationen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz und BKA geteilt habe und ob es regelmäßig Treffen gegeben habe. Gr. sagt, er habe in den ersten Jahren sehr viel mit dem BKA zu tun gehabt, es habe fast jährlich Arbeitstreffen in Meckenheim gegeben. Da hätten sich die LKÄ mit anderen Behörden ausgetauscht, es habe Vorträge von Verbindungsbeamten beispielsweise aus England gegeben. Mit dem LfV hab er sehr gut zusammengearbeitet. Alle zwei bis drei Monate seien sie zusammengekommen und hätten Zahlen und Veranstaltungen abgeglichen. Die Vorsitzende fragt nach dem Eindruck des Zeugen von den Konzertbesuchern und zu dem Verhältnis zwischen Einheimischen und von Besuchern von außerhalb. Gr.: „Also Einheimische kannte man schon, die Kollegen konnten das aus dem FF sagen, das ist der und der.“ Es seien Fahrzeuge und Personen erfasst worden, um sie mit Fahndungsbeständen abzugleichen. Seine Aufgabe bei Konzerten sei gewesen, Fahrzeuge in Augenschein zu nehmen. Diese seien nicht durchsucht worden, dafür habe es keine Grundlage gegeben. „Die Resonanz von den Besuchern ging von kumpelhaft bis sehr aggressiv.“ Viele, die eine weite Anreise hatten, hätten nur reingewollt und ein Bierchen, die seien dann noch eine Stunde aufgehalten worden. We. sei kurz vor den Veranstaltungen sehr kooperativ gewesen, der habe beispielsweise gesagt, es sei eine Geburtstagsfeier oder eine „Pullerparty“ mit Kollegen. „Ich habe selbst auch mit ihm gesprochen“, man habe gemerkt, We. wollte die Veranstaltungen unbedingt durchziehen, er habe bestimmt viel investiert für die Veranstaltungen, er hatte beispielsweise Getränke gekauft, die wollte er loswerden. Gr. sagt, er habe keine Ahnung, was für eine Stimmung gewesen wäre, wenn sie gesagt hätten, das geht nicht. „Aber We. hat nicht immer die Wahrheit gesagt, er hat uns die Hucke vollgelogen“, habe den Bands Phantasienamen gegeben. Durchsuchungsmaßnahmen habe We. nicht gut gefunden. Da hätten sie gesagt, „Sie können sich aufregen, aber wir ziehen das durch, aber emotional geladen war er trotzdem.“ Tegtmeier fragt, ob sich die Besucher nach dem Abtauchen des NSU verändert hätten, ob beispielsweise bestimmte Bundesländer besonders vertreten gewesen seien. Gr. sagt, es habe sich ein Stamm von Leuten ergeben, die immer da gewesen seien. Der NSU habe bei den Konzerten keine Rolle gespielt, die Besucher seien überwiegend aus dem norddeutschen Raum gewesen, auch aus Brandenburg, Berlin, Sachsen, Thüringen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Für die Besucher habe sich nichts geändert, als sich der NSU aufgedeckt hat.

Der Abgeordnete Bernd Lange (SPD) fragt nach der Häufigkeit der Konzerte. Gr. antwortet, in Salchow habe das so mäßig angefangen, anfangs hätten dort ein bis zwei Konzerte im Jahr stattgefunden, dann drei bis vier, mehr seien es aber nicht gewesen. Insgesamt sei das Konzertgeschehen insgesamt mal mehr mal weniger gewesen. Es habe Verfolgungsdruck durch die Behörden gegeben, „die [Rechten] haben das beim Ordnungsamt angemeldet, ich melde meine Geburtstage nicht an“. Bei We. wüsste er nicht, dass er beim Ordnungsamt gewesen sei und dort seine Veranstaltungen angemeldet habe. Lange fragt, was mit dem Hakenkreuz passiert sei. Gr. sagt, sie hätten ja schlecht mit dem Schlaghammer kommen können. Dafür sei aber die KPI zuständig gewesen, er denke nicht, dass da was passiert sei, er vermute, das habe weiter Bestand.

Der Zeuge wird gefragt, auf welchen Konzerten er anwesend war. Der Zeuge sagt, das sei ein Konzert bei Neustadt Glewe, in einem kleinen Dorf, in der Kneipe gewesen. Das sei ein Pressefest der Zeitschrift „Deutsche Stimme“ gewesen. Frank Rennicke war unter den Auftretenden. Im Saal seien 300 Leute gewesen, es sei reichlich Alkohol getrunken worden. Drinnen seien er und ein Kollege und ein Vertreter des Nordmagazins (NDR) gewesen. Draußen hätten 700 Beamte gestanden, „das war für mich wichtig, zur Rückendeckung“. Manche der Gäste seien gekommen, hätten ihn umarmt: „Alter trink ein Bier mit“. Andere hätten wohl am liebsten mit Baseballschläger zugeschlagen. Sie seien von der Bühne aus vorgestellt worden, „dann gab es böse Blicke und Pfiffe“. Tische und Stühle hätten an der Seite als Verkaufsstände gestanden. Rennicke habe sich ihm gegenüber ausgeheult, was die Strafbehörden ihm Böses angetan hätten mit Durchsuchungen etc. Dann sei das Pressefest offiziell beendet worden und Rennicke hätte angefangen zu spielen. Da habe er das gemeinsame Gespräch wohl schon vergessen und er habe gegen Presse und Polizei geschossen. Das sei aber im Rahmen geblieben, da Rennicke ja gewusst habe, dass das Konzert jederzeit beendet werden könnte. Die Stimmung sei aggressiv gewesen. Das Nordmagazin wollte auf die Bühne und von dort filmen. Sie seien kaum bis zur Treppe gekommen. Sein Kollege und er hätten sie gebeten, sich zurückzuhalten. „Wenn die Skinheads ‚Skinhead‘ brüllen, da kriegt man Gänsehaut“. Der Kollege hätte zudem „Sieg Heil“ gehört und das per Funk durchgegeben. Das sei ein Fehler gewesen. Der Polizeipräsident habe den Abbruch der Veranstaltung gefordert, aber der anwesende Polizeiführer konnte sich überzeugen, dass es kein Hitlergruß war. Das Konzert sei kurz unterbrochen und das sei klargestellt worden: „Das war ein Faux Pas.“

Außerdem sei er bei einem Konzert von Michael Regener von Landser in Viereck auf einer Freifläche gewesen. Dort hätten mehrere Bands gespielt, aber das sei der Höhepunkt gewesen. Die Veranstalter hätten von 1500 Teilnehmenden gesprochen, die Polizei eher von 800. Als Polizei hätten sie die Verkaufsstände inspiziert, das sei ihre Aufgabe gewesen. Das sei vor dem Konzert gewesen. Sie sollten rechtzeitig weggehen, denn alle seien stark alkoholisiert gewesen. Sie hätten die Veranstaltung dann von außen beobachtet, es sei dann alles friedlich gewesen. Das sei die Aufgabe gewesen: Veranstaltungen beobachten, ob da etwas Strafbares geschehe.

Auf die Frage, wieviele rechte Konzertveranstaltungsorte es in Mecklenburg-Vorpommern gebe, sagt der Zeuge, „wer Zeitung lesen kann, der weiß das eigentlich“. Er nennt das Thinghaus in Grevesmühlen. In den Anfangsjahren habe der Jugendclub MAX in Rostock eine Rolle gespielt. Der Zeuge nennt außerdem Gallentin bei Bad Kleinen, die Veranstaltung sei aber im Vorfeld aufgelöst worden. Anklam sei schon genannt worden. Der Zeuge nennt auch Klein Bünzow und Ueckermünde. Es habe Veranstaltungen an einem Badesee gegeben. Es habe in Waren ein Haus der ehemaligen NPD-Stellverterterin Doris Zutt gegeben. Diese Veranstaltung sei aber auch aufgelöst worden, das sei etwa 2005 gewesen. Es habe noch mehr Orte gegeben. Der Zeuge wird nach den Auswirkungen rechtsextremer Musik auf Zielgruppen und auf die Gesellschaft gefragt. Gr. antwortet, es habe mal den Slogan gegeben, dass rechte Musik die Einstiegsdroge sei, das hätten mehrere Politiker „schön über die Medien gebracht“, aber dann habe das an Bedeutung verloren. Das habe sich auch bei seiner Arbeit gezeigt, die Auswertung von rechter Musik sei runtergefahren worden. Anfänglich hätten sie jedes Jahr Zuarbeit zum Konzerterlass, mit dem rechte Konzerte konsequent unterbunden werden sollten, leisten müssen. Irgendwann habe man gesagt, das sei Quatsch.

Die Abgeordnete von Allwörden (CDU) fragt, wie sie zu den Erkenntnissen gekommen seien, dass Konzerte stattfinden. Der Zeuge antwortet, die MAEX-Einheiten hätten zum Wochenende die Aufgabe gehabt, bekannt Veranstaltungsobjekte aufzusuchen. Dort sollten sie mit den Eigentümern ins Gespräch kommen und Gefährderansprachen machen. Sie sollten auch bisher nicht bekannte Objekte aufspüren. Das sei die hauptsächliche Quelle gewesen, es sei sehr wenig übers Internet gekommen. Anfangs habe es ein Infotelefon der rechten Szene gegeben, später dann E-Mails. Außerdem seien im Nachgang von Konzerten Besucher befragt worden, die sowas wie ‚wir sehen uns in vier Wochen‘ gesagt hätten. Oder man habe gehört, ‚wir sehen uns nächstes Wochenende‘. Auch vom Verfassungsschutz seien Informationen gekommen. Von Allwörden hakt nach, ob das nicht seine Aufgabe gewesen wäre. Das verneint der Zeuge. Seine Aufgabe sei gewesen, die Informationen zu sammeln, nicht diese zu beschaffen, „das konnte ich auch gar nicht von meinem Platz aus“. Die Abgeordnete fragt weiter, wie damit umgegangen wurde, wenn man Kenntnis von einem Konzert erhalten habe. Gr. antwortet, bevor man dies weitergegeben habe, seien die Informationen verdichtet worden. Erkenntnisse zu den Bands und zu den Objekten und deren Eigentümern seien gesammelt worden: Wo kommen die Bands her, waren an den Orten schon Veranstaltungen. Dabei habe es sich um eigene Erkenntnisse oder welche vom BKA oder von anderen LKÄ gehandelt. Diese verdichteten Informationen seien dann weitergesteuert worden, ans BKA, an LKÄ, den Staatsschutz und den Verfassungsschutz. Sie hätten auch weiter angefragt, welche Erkenntnisse vorliegen – es sei auch um die Einsatzplanung gegangen. Von Allwörden fragt nach den Einsätzen und der Aufgabe des Staatsschutzes vor Ort. Gr. sagt, wenn er vor Ort gewesen sei, habe er den Polizeiführer unterstützt. Es sei immer um öffentlichkeitswirksame Sachen, wie Musik und Parolen, gegangen. „Wenn der Eigentümer Lust hatte, hat er uns reingelassen.“ Sven Kr. vom Thinghaus Grevesmühlen habe sie immer reingelassen. Sie hätten dann vor Ort auch auf Brandschutzsachen hingewiesen, „das lief immer ganz locker ab“. Während der Veranstaltung hätten sie gut zugehört und die Kollegen bei den PKW-Kontrollen unterstützt. Von Allwörden fragt nach dem Pressefest und warum er nicht bei anderen Konzerten anwesend gewesen sei. Gr. antwortet, beim Pressefest habe er Anwesenheitsrecht gehabt. Bei anderen Konzerten sei das nicht üblich, „dann gehen sie mal als Polizeibeamter zu so einem Konzert, da werden sie nicht glücklich“. Er sei nur bei den beiden Konzerten gewesen, „hat mir dann auch gereicht“. Gefragt nach dem Ziel sagt der Zeuge, man habe die rechten Konzerte unterbinden wollen, wenn das nicht gegangen sei, habe man nur zugehört, bestätigt er. Von Allwörden fragt nach der Bedeutung von Salchow für die Szene. Gr. antwortet, der Ort sei für die örtliche Szene vielleicht wichtig gewesen. Wenn überregional Menschen angereist seien, dann seien es Freunde dieser Szene gewesen. Aber wenn man einmal auf einem Konzert gewesen sei, und da gab es „geile Mucke“, dann komme man auch wieder. Aber wenn es immer Schwierigkeiten mit der Polizei gebe, dann sei das weniger der Fall. Die Abgeordnete hakt nach, ob sie das beobachtet hätten, dass wegen Polizeikontrollen weniger Menschen gekommen seien. Gr. bestätigt das für das Thinghaus, das habe man belegen können.

Der Abgeordnete Michael Noetzel (Linksfraktion) fragt nach einer Erkenntnismitteilung zu einem Blood&Honour Konzert in Sachsen 2006. Damals sei die Organisation schon verboten gewesen, das Konzert sei am 23. September 2006 gewesen. Sechs Personen aus dem Blood&Honour Umfeld Mecklenburg-Vorpommern seien nach Sachsen gefahren und hätten an dem Konzert teilgenommen. Aus dem Schreiben gehe nicht hervor, wo das Konzert stattgefunden habe. Eine Person aus Mecklenburg-Vorpommern habe die Musikanlage dafür nach Sachsen gebracht. Der Zeuge sagt, er sei nur mal in Brandenburg gewesen, zu Sachsen wisse er nichts. Der Zeuge fragt nach, ob er da Zuarbeit geleistet habe, das bestätigt der Abgeordnete. Gr. sagt, er sei nicht da gewesen, aber wenn LKÄ Anfragen gestellt hätten, hätten sie diese beantwortet. Noetzel fragt nach Enrico D. und Ronny D., der Zeuge sagt, er kenne die Namen, könne aber nichts dazu sagen. Noetzel fragt nach Blood&Honour-Mitglied Jens J. Gr sagt, der habe 2000 auch eine Durchsuchung während der Verbotsmaßnahmen zu Blood&Honour gehabt. Noetzel fragt nach der Pommerschen Aktionsfront. Der Zeuge sagt, er habe mit rechten Aktionsformen nichts zu tun gehabt, das seien nur mal Randbemerkungen gewesen. Musik und Konzerte seien seine Hauptaufgabe gewesen. Noetzel fragt, welche Rolle Blood&Honour gespielt habe und welchen Unterschied das Verbot gemacht habe. Gr. antwortet, Blood&Honour sei besonders in Klein Bünzow aufgefallen, da habe es Konzerte mit medialer Wirkung gegeben, es habe Pressestimmen dazu gegeben. Aus baurechtlichen Gründen sei die Konzert-Gaststätte geschlossen worden, dann sei es in Salchow losgegangen. Inwiefern dort Blood&Honour mit einbezogen gewesen sei, wisse er nicht, „machen die ja auch nicht öffentlich“. Nach dem Verbot habe Blood&Honour offiziell bei Musik und Konzerten keine Rolle mehr gespielt. Noetzel sagt, Blood&Honour habe ja auch andere Aktivitäten gemacht, beispielsweise Treffen ohne Musik. Von Blood&Honour wisse er nichts, sagt er Zeuge, jedoch habe er von einem Treffen gehört, zu dem Sven Kr. gesagt habe, die wollen hier grillen. Darunter seien acht Personen aus anderen Bundesländern gewesen. Sie hätten sich gedacht, man kommt nicht aus Thüringen, um zu Grillen. Noetzel sagt, 2002 habe es in Peetsch ein Führungstreffen von Blood&Honour mit 75 Leuten gegeben. Der Zeuge antwortet, der Ort sage ihm etwas, aber zu einem Treffen wisse er nichts. Nach das Verbotsverfügung habe sich das abgeschwächt, ab da habe es keine Erkenntnisse mehr gegeben. Ihm sei nicht bekannt, dass sich Leute aus Mecklenburg-Vorpommern an der Fortführung beteiligt hätten, sagt der Zeuge auf Nachfrage.

Die Abgeordnete Constanze Oehrlich (Bündnis 90/Grüne) fragt nach Ingolf We. Er sei wegen der Verbindungen der rechten Szenen in Chemnitz und Anklam interessant. Er sei Ende 1990er/Anfang der 2000er in der Chemnitzer Szene aktiv gewesen und sei wesentlich an dem Label Movement Records von Jan Werner beteiligt gewesen. Dann sei er nach Anklam gezogen und dort auch in der Musikszene aktiv gewesen. Gr. sagt, zu der Person könne er gar nichts sagen, er wüsste nicht, dass jemand hochgezogen sei. Sie hatten Erkenntnisse, dass andere Personen herkommen und Konzerte organisieren wollten, aber er wüsste nicht, dass da wer erfolgreich gewesen sei. Das hätten We. und Kr. schon selbst gemacht. Oehlrich fragt ebenfalls nach dem Konzert am 23. September 2006 in Sachsen, das sei ein Gedenkkonzert für den Gründer von Blood&Honour gewesen. Sie sagt, die Musikanlage dafür sei aus Anklam gebracht worden. Gr. antwortet, da müsse man die MAEX fragen, „es gab Kollegen, die haben ihre Pappenheimer begleitet“. Aber wenn da eine Musikanlage transportiert wird, glaube er nicht, dass das da der Fall gewesen sei. Oehlrich sagt, die Polizei habe zum Wiedervereinigungsverbot ermittelt, die Polizei Sachsen habe in dem Rahmen das zur Musikanlage mitgeteilt. Einer der Mitveranstalter sei abgehört worden: Auch Enrico De. vom Kameradschaftsbund Anklam (KBA) sei daran beteiligt gewesen. Oehlrich fragt, inwiefern der Staatsschutz die Kooperation zwischen KBA und Blood&Honour im Blick gehabt habe. Gr. sagt, er habe mit Vereinigungen nichts zu tun gehabt, wenn es Hinweise auf Blood&Honour gegeben habe, seien diese schon zu ihm gekommen, aber das nicht. Oehrlich fragt, wie es 2004 zu der Durchsuchung in Salchow gekommen sei und ob dazu Erkenntnisse aus Brandenburg gekommen seien. Der Zeuge sagt, die Hinweise aus Brandenburg seien von 2006 gewesen und hätten sich auf die Band Kontra bezogen, bei deren Konzerten habe es unter anderem Landfriedensbrüche und schwere Körperverletzungen gegeben. Auf dieser Grundlage sei eine Veranstaltung in Salchow abgebrochen worden. Aber We. habe dagegen geklagt und gewonnen, seitdem könne er machen, was er will. Bei der Durchsuchung 2004 habe das FK4 Anklam das Verfahren geführt. Der zuständige Polizeiführer Herr Pe. und er, Gr., hätten sich gekannt, daher habe dieser ihn angerufen und so sei er bei der Durchsuchung dabei gewesen. Auf Nachfragen sagt der Zeuge, der Grund sei das eingefließte Hakenkreuz gewesen, er wisse aber nicht, wie dieses bekannt geworden sei. Er habe gehört, das Strafverfahren sei dann eingestellt worden. Oehlrich fragt, ob man die Durchsuchung gemeinsam vorbereitet habe. Gr. sagt, es habe den Einsatzbefehl gegeben, der sei aber nur für die Polizei gewesen. Inwiefern Ordnungsamt und Baubehörden vorher eingebunden gewesen seien, wisse er nicht. Aber von der Baubehörde sei jemand dabei gewesen, es habe keine Toilette und keinen Notausgang gegeben, daraufhin sei die Scheune geschlossen worden. We. habe im Internet zu Spenden aufgerufen, dann sei die Scheune schalldicht umgebaut worden, „dann konnte er dort machen, was er wollte“.

René Domke (FDP) fragt, ob auch das Finanz- oder Gewerbeamt an der Maßnahme beteiligt gewesen seien. Der Zeuge sagt, sie hätten später dann mit Finanzbehörden zusammengearbeitet, sie hätten die Veranstaltungen an Finanzämter gemeldet. Aber im Fall der Durchsuchung in Salchow sei er ja nicht für die Bearbeitung zuständig gewesen, seine Aufgabe sei die Begleitung gewesen. Aber im Vorfeld gebe es immer Besprechungen: das liegt vor und das ist der Ablauf. Aber wie das genau gewesen sei, könne er nach 19 Jahren nicht mehr sagen. Er sagt, er selbst hätte die Fotos bei der Durchsuchung 2004 anders gemacht, beispielsweise Detailaufnahmen bei CDs und in der Wohnung. Der Kameraschwenk des Videos von der Durchsuchung sei auch zu schnell gewesen, daraus könne man kein Standbild machen. Domke fragt nach David Petereit. Gr.: „Der kannte mich sehr gut.“ Beim Pressefest der NPD seien der Sänger Marco Gottschalk und ein Martin Krause [von der Band Oidoxie]gewesen. Dort habe er, Gr., strafbewährte Musik festgestellt und Aufnahmen gemacht. Damit sei er zur Polizeiführerin gegangen, dort habe sich herausgestellt, dass gegen Martin Krause ein Haftbefehl wegen ausstehender Geldbeträge vorlag. Die Polizeiführerin sei an Herrn Petereit herangetreten, der das Fest organisiert habe. Petereit sei kommuniziert worden, entweder komme Krause freiwillig „oder wir holen ihn uns“. Krause sei mit Gottschalk rausgekommen, ihm sei der entsprechende Vorhalt gemacht worden. Gottschalk sei wieder reingegangen und habe eine Spendenaufruf gestartet, damit Krause nicht in Haft muss, dann seien innerhalb kurzer Zeit 800 Euro zusammengekommen. Sie hätten dann Auftrittsverbot gehabt, das habe Petereit verkündet. Petereit habe außerdem mal eine indizierte CD über seinen Versand „Levensboom“ vertrieben, da habe er dann 10.000 Euro zahlen müssen, das bleibe im Gedächtnis. Mit Herrn Kr. habe man auch „einige Sachen durchgestanden“. „Alles im Rahmen, wie man in den Wald ruft“. Er denke, ein We., „der kannte einen auch“.

Bernd Lange fragt, ob er im erneuten Durchsuchungen in Salchow erneut gehört worden sei. Das verneint der Zeuge.

Der Zeuge wird gefragt, wieviel Umsatz mit rechter Musik und den Konzerten gemacht werde. Gr. antwortet, er wisse durch Arbeitstagungen und Gespräche, sowie durch Durchsuchungen: „manche verdienen da ganz gut Geld“. Markus Th., der Vorbesitzer des Gehöfts in Salchow, sei mit Platten im Rennen gewesen, aber wieviel er damit verdient habe, darüber spreche man nicht. Auf die Frage nach rechtem Schriftgut nennt der Zeuge eine Bücherreihe, Trickfilmfiguren, sie hätten auch Bücher wie „Mythos Waffen-SS“ an die Bundesprüfstelle und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Zu Fanzines sagt der Zeuge, am Anfang seien diese auch als Kommunikationsmittel genutzt worden, denn E-Mail habe es nicht gegeben. Es gab darin Konzertankündigungen. Er habe damit wenig gearbeitet, aber die Auswertungen seien gekommen und sie seien dann auf Konzerten gewesen. Er könne keine Beispiele für Fanzines aus Mecklenburg-Vorpommern nennen und er könne auch zum Fanzine „Der Weisse Wolf“ nichts sagen. Der Zeuge wird nach Gewalttaten in Mecklenburg-Vorpommern gefragt, die von Musik inspiriert wurden. Gr. antwortet, das habe es leider gegeben. Er selbst sei als Sachverständiger in einen Prozess geladen gewesen, weil 1999 in Eggesin fünf Jugendliche zwei Vietnamesen drangsaliert hätten. [Hintergrund] Er sei Sachverständiger gewesen, weil die Täter dabei Landser gehört hätten. Auf die Frage nach der Datenbank Rechtsextremismus der Polizei gibt der Zeuge nach einem Hinweis des anwesenden Vertreters des Innenministeriums eine allgemeine Antwort. Darin seien unter anderem Schriften und Tonträger enthalten, sie seien darin auch rechtlich bewertet, das sei ein Hilfsmittel für die Behörden, auch für den Zoll. Diese gäbe es seit dem Jahr 2000 und es gäbe sowohl Schulungen dazu als auch eine Bedienungsanleitung im Intranet.

Noetzel kommt zurück auf die Einschätzung des Zeugen zu Blood&Honour, dass die Struktur nach dem Verbot im Jahr 2000 keine Rolle mehr gespielt habe. Gr. habe dazu aber anderes in Erkenntnismitteilungen geschrieben. Zu einem Konzert der Band Nordmacht am 2. Februar 2002 habe er geschrieben, das sei eine Blood&Honour-Band. Zu einem Skindheadkonzert habe er geschrieben, dass dort vermutlich Personen der Blood&Honour-Szene seien. Und zu Jens J., der 2001 und 2002 Teilnehmer bei Konzerten im Sassnitzer „Club 18“ war, habe der Zeuge in Klammern „Blood&Honour-Bezug“ geschrieben. Der Zeuge sagt, das sei eine allgemeine Einschätzung gewesen, wenn aber Protagonisten der Blood&Honour-Szene erneut aufgetaucht seien, habe er das entsprechend notiert, die Personen seien nicht weg gewesen. Noetzel kommt noch einmal zurück auf das Treffen in Peetsch. Dazu gäbe es die Mitteilung, dass am 23. März 2003 ein der Treffen der Führungskräfte der verbotenen Organisation stattgefunden habe. Dort seien 75 Teilnehmende gewesen, es seien keine Störungen und keine Musik festzustellen gewesen. Gr. sagt, seine Aufgabe sei nur Musik gewesen, er habe solche Erkenntnisse von der MAEX bekommen, aber er hätte dazu nichts zu Musik schreiben können. Noetzel kommt nun zu dem Konzert 2006 in Sachsen und sagt, dazu habe es ein Fortführungsverfahren der Staatsanwaltschaft Dresden gegeben und ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Unterstützung der verbotenen Organisation Blood&Honour gegen Enrico De. Dieser habe die komplette Musikanlage aus Anklam gebracht, diese sei beschlagnahmt und der Staatsanwaltschaft Dresden übergeben worden. Noetzel nennt auch die Mitfahrenden von De.: Jens Jo., Silvia We., Silvio Ki., Ingolf We. und Melanie Ho. Das Fahrzeug sei auf Detlef Ri. angemeldet gewesen. Noetzel fragt, ob sich der Zeuge an das Verfahren in Sachsen erinnere. Gr. sagt, er könne zu Ri. sagen, dieser habe in Anklam auch eine Liegenschaft, eine alte Bäckerei, gehabt, wo er Konzerte organisieren wollte. Ein bis zwei Veranstaltungen hätten dort auch stattgefunden. Zu Musikanlagen sagt der Zeuge, dass diese von den Bands mitgebracht wurden, aber wenn es Auftrittsverbote gegeben habe, wurden diese beschlagnahmt und konnten erst am nächsten Tag wieder abgeholt werden. Dem habe man vorgebeugt, indem man eine Anlage vor Ort hatte, also zum Beispiel Instrumente.

Oehlrich fragt nach der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Ordnungsbehörden: Der Zeuge habe in einem Vermerk geschrieben, die Auflösung von Szeneläden und Versandhandel sei unmöglich. Die behördliche Aufgabe sei daher zu stören und neue zu verhindern, man müsse wirksame Mittel außerhalb der Polizei suchen, bei anderen Stellen und Behörden. Gr. antwortet, die CDs seien ihnen ja nicht zugeflogen. Sie hätten das so gemacht, dass sie die Versandhandel durchforstet hätten und die Angebote mit der Liste der Prüfstelle abgeglichen hätten. Sobald es einen Treffer gegeben habe, habe es ein Verfahren gegeben. Das Ziel, diese gänzlich zu schließen, hätten sie nicht erreichen können, aber was strafbewährt war, konnte man unterbinden: „und da waren wir sehr aktiv, muss ich sagen”. Oehlrich fragt nach der Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz zu Veranstaltungen. Der Zeuge sagt, da habe es immer einen sehr guten Informationsaustausch gegeben. Sie hätten ihre Auswerte-Ergebnisse immer an den VS weitergegeben. Man habe auch nachgefragt zu Bandprofilen. Beim BKA habe es mal eine zentrale Sammlung dazu gegeben, dort habe man das abrufen können. Bei Arbeitstreffen habe man gesagt, jedes Bundesland ist zuständig für seine Bands und soll es dann weitergeben. Sie hätten immer beim VS nachgefragt, ob sie zusätzliche Informationen haben, „es gab keine Geheimnisse, das waren gute Gespräche“. Die Abgeordnete fragt weiter, ob man sich mit dem VS zum Kameradschaftsbund Anklam ausgetauscht habe. Der Zeuge antwortet, zum KBA könne er gar nichts sagen. Oehlrich hält vor, dass der KBA nach wie vor Verbindungen zu Blood&Honour, zu den Hammerskins und nach England hat. Gr. sagt, sie hätten einen Verbindungsbeamten nach England gehabt. Der habe gesagt, in Deutschland gäbe es keine festen Strukturen, daran hätten sie festgehalten.

Domke fragt, wie Gr. bei Musik habe sagen können, wo Verfassungsfeindlichkeit anfängt. Der Zeuge sagt, er könne jeden Polizeibeamten verstehen, der sage, er verstehe das nicht. Er habe das immer auf Kopfhörer gehört, den ganzen Tag. Nach 24 Jahren habe er das gekonnt, aber jeder Polizeibeamte müsse erkennen, ob ein Text strafbewährt ist. Aber dazu müsse man das verstehen können und „wenn Sie das Gegröle da hören, schon schwierig“. Sie hätten die Datenbank damit immer gefüttert, so der Zeuge auf Nachfrage, man habe die Texte erfasst und strafrechtlich bewertet. Alles andere obliege der Staatsanwaltschaft. Bei jugendgefährdenden Inhalten hätten sie es an die Prüfstelle weitergeleitet.

Zu der Frage, wie die Szene auf den NSU reagiert hat, sagt der Zeuge, wenn man David Petereit darauf angesprochen hätte, wäre der weggegangen. Niemand habe über den NSU gesprochen, wenn man mit ihm gesprochen habe. Zur Frage, ob man festgestellt hätte, wenn Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe zu einem Konzert gefahren wären, sagt der Zeuge, manche seien schon früher angereist. Über verdeckte Beamte bei Konzerten oder Vertrauenspersonen der Polizei kann der Zeuge in öffentlicher Sitzung nichts sagen.

Noetzel fragt verschiedene Bands ab, der Zeuge sagt nur zu „Painful Awakening“, dass er sie kenne und sie aus dem Bereich Rostock seien. Er kenne aber keine Besetzung. Sie hätten sicher Auftritte in Mecklenburg-Vorpommern gehabt, aber dazu gäbe es keine konkreten Erkenntnisse. Der Abgeordnete fragt nach dem ersten Blood&Honour-Konzert in Klein Bünzow mit ca. 600 Teilnehmenden. Gr. sagt, er habe ja erst im Mai 1996 angefangen und sei dann erstmal zwei Jahre lang mit Hakenkreuzen beschäftigt gewesen. Aber er sei später auf die Auswertung des Konzertes gestoßen. Noetzel hält weiter vor, dass die Konzerte 1996 überwiegend durch die Berliner Sektion organisiert worden sein sollen. Im Frühjahr 1997 habe sich die Sektion Mecklenburg gegründet und bestehe aus drei Personen. Diese soll auf sechs Personen angewachsen sein. Noetzel fragt zu dem Pressefest der „Deutschen Stimme“. Gr. bestätigt, dass der Kollege per Funk durchgegeben habe, dass „Sieg Heil“ gerufen wurde und sagt, das habe sich als falsch erwiesen. Der Kollege habe sich auch beim Polizeiführer entschuldigt. In dem Moment habe das sehr irritiert, weil von außen reingerufen worden sei, die Veranstaltung sei sofort zu beenden. Auf Frage des Abgeordneten sagt der Zeuge, Oliver Do. und Anke Za. seien ihm bekannt. Gr. bestätigt auf Nachfrage, dass er bei den Durchsuchungen nach dem Verbot von Blood&Honour dabei war, entweder bei Do. oder bei Za., aber er glaube eher Do. Zuhause und auch im Laden, so der Zeuge. Noetzel fragt nach David Petereits Versandhandel „Levensboom“. Der Zeuge antwortet, sie hätten die Geschäftsräume durchsucht und dort mehrere Rollen sogenannter Schulhof-CDs, die teilweise noch nicht öffentlich waren, gefunden. Auf Nachfrage bestätigt der Zeuge, dass Petereit den „Solidaritätssampler Vol. 5“ verkauft hat. Der Zeuge habe aber nicht gewusst, dass der für Wohlleben war, er weiß nur, dass CDs für die Hilfsgemeinscht Nationaler Gefangener (HNG) verkauft wurden.

Die Abgeordnet Oehlrich fragt erneut nach der Verbindung zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Bei der erneuten Durchsuchung der rechten Konzertscheune von Salchow im März 2023 sei eine Teilnahme-Urkunde des KBA von einem Volleyballturnier in Chemnitz im Jahr 2000 gefunden worden. Sie sagt nach der Durchsuchung 2004 sei die Scheune geschlossen worden. Alexander We. habe dann Geld für den Umbau gesammelt. Dafür habe er sich später bedankt und unter anderem geschrieben: „Dank geht auch an die Chemnitzer“. Dazu wurden Namen genannt und auch PC Records. Das Label wurde von Hendrik Lasch gegründet, der Kontakte zum NSU hatte. Die Abgeordnete nennt auch die Namen „Inge“, damit sei Ingolf We. gemeint, und Thomas Starke. Sie fragt, ob das im LKA ausgewertet worden sei. Gr. sagt, von ihm nicht, aber es sei möglich, dass das Kollegen mit einem anderen Sachgebiet gemacht hätten. Oehlrich fragt, ob sie sich nach Konzerten mit dem Verfassungsschutz ausgetauscht hätten. Das bejaht der Zeuge, diese seien sicherlich ausgewertet worden, unter anderem dazu, welche Personen aufgetaucht seien. Mit viel Glück habe man Bandnamen herausbekommen. Darüber habe man sich ausgetauscht. Die Abgeordnete fragt, was die Polizei jeweils zu den Konzerten gewusst habe. Angemeldet wurden die Anzahl der Personen und der Anlass. Vor Ort sei die Aufgabe gewesen, festzustellen, ob das der Wahrheit entspricht. Oehlrich sagt, am 4. April 1998 habe es in Rom bei Parchim ein Konzert mit einer australischen Band gegeben. Gr. sagt, er könne sich erinnern, dass es dort einen riesigen Aufmarsch gegeben habe. Oehlrich zitiert aus einem Informationsaustausch mit dem Verfassungsschutz, Gr. habe dem LfV zwei Tage vorher mitgeteilt, dass das Konzert zwei Stunden von Rostock entfernt stattfinden soll. Einen Tag vorher habe das LfV gemeldet, dass eine zuverlässig berichtende Quelle sage, das Konzert finde in Sachsen statt. Gr. sagt, es gäbe im Vorhinein Erkenntnisse und wenn der VS sagt, das stimme nicht „was soll ich da machen?“ Man habe den lokalen Stellen sagen müssen, dass es nicht stattfände. Der Zeuge möchte das Dokument sehen. Dann sagt er, die Erkenntnis, dass das Konzert stattfinde, sei aus Schleswig-Holstein gekommen, „wenn die das mitteilen, dann geben wir das weiter“. Ob eine Quellenmeldung richtig oder falsch sei, könne er nicht bewerten. Er wolle auch nicht bewerten, ob Quellen bewusst falsche Aussagen treffen, so der Zeuge auf Nachfrage.

Noetzel sagt, das Konzert in Rom sei das einzige Konzert gewesen, das Blood&Honour Sachsen in Mecklenburg-Vorpommern organisiert habe. Der Zeuge sagt, wenn es einen Hinweis auf Blood&Honour Sachsen gegeben habe, dann hätten sie das den Kollegen in Sachsen zukommen lassen und dem BKA. Noetzel sagt, dieses Konzert sei für sie spannend, weil es kurz nach dem Untertauchen des NSU stattgefunden habe und Blood&Honour Sachsen habe ja auch den NSU unterstützt. Es solle ja auch Auseinandersetzungen in Parchim gegeben haben. Der Zeuge verneint, er meine mit Aufmarsch, es seien so viele Leute in dem kleinen Ort gewesen, das habe es seitdem nie wieder gegeben. Noetzel zitiert aus einer Mitteilung, dass die Blood&Honour-Sektionen gemeinsame Treffen organisieren, um sich auszutauschen, beispielsweise am 2. Mai 1998 in Sachsen. Er fragt, ob es dazu zusätzliche Informationen gebe. Der Zeuge antwortet, daran habe er nach 25 Jahren keine Erinnerung mehr. Noetzel fragt nach einem angekündigten Konzert mit Nordmacht am 28. März 1998 in Zickhusen. Gr. antwortet, der Ort sage ihm etwas, aber dafür habe es zu viele Konzerte gegeben. Noetzel fragt, ob zu den Konzerten auch Teilnahme-Listen übersandt würden. Gr. sagt, es habe diese Listen gegeben. Wenn sie handschriftlich waren, seien sich vernichtet worden Wenn sie digital vorgelegen hätten, habe es eine Löschfrist von vier Wochen gegeben, wenn es nicht zu strafbaren Handlungen gekommen sei.

Oehlrich zitiert zu dem Konzert in Rom aus dem Neonazifanzine „Hamburger Sturm“, das Konzert habe „ohne Staatsterror“ stattfinden können. Sie fragt, warum der Zeuge nicht in der BAO Trio MV gewesen sei. Dieser sagt, er habe seine Arbeit gehabt, „die musste auch gemacht werden“. Wenn dann sei mündlich auf seine Expertise zurückgegriffen worden.

Noetzel fragt, ob der Zeuge auch Konzertberichte aus Fanzines ausgewertet habe. Das bejaht dieser, das sei auch eine Quelle gewesen. Auf Nachfrage sagt er, das Fanzine „Axtschlag“ kenne er nur durch die Vorbereitung auf die heutige Sitzung. Noetzel hält aus der Aussage der Sachverständigen Katharina König-Preuss zu einem Konzert aus Rostock mit den Bands „Spreegeschwader“ und „Kreuzfeuer vor“. Dort sei Marcel Degner aus Thüringen anwesend gewesen. Dieser habe damals auch Spenden für das Trio gesammelt. Auch im Fanzine „Axtschlag“ ging es um Spenden. Noetzel fragt, ob der Zeuge in Fanzines auf Spendensachen gestoßen sei. Das verneint der Zeuge, nur Aufforderungen, an die HNG zu spenden, seien ihm bekannt. Der Abgeordnete fragt weiter, ob dem Zeugen auch rechte Szene-Läden bekannt seien. Das bejaht dieser, im „New Dawn Streetwear“ von Markus Th. seien sie öfter gewesen. Noetzel fragt nach Finanzermittlungen. Gr. sagt, ca. 2006 habe es Finanzermittlungen gegen We. gegeben, er könne sich aber nicht mehr an den Verfahrensausgang erinnern. Insgesamt sagt er zu dem Thema: Sie hatten einen Kollegen bekommen, der vorher Finanzermittlungen gemacht habe. Dann seien sie das Thema nochmal angegangen: „Die letzten Jahre haben wir das richtig ernsthaft durchgezogen“, hätten Daten an Finanzämter weitergegeben. Aber da hätten sie keine Amtshilfe bekommen, weil man drei Jahre Zeit habe, um Steuern anzumelden. Aber es sei für sie wichtig gewesen, das ans Finanzamt weiterzugeben. Auf Fragen sagt der Zeuge, größere Kontakte zwischen Neonazis und organisierter Kriminalität seien ihm in Mecklenburg-Vorpommern nicht bekannt.

Noetzel hält dem Zeugen vor, dass er an einer Beschlagnahmungsaktion wegen einer indizierten CD von der Band „XXX“, auch bekannt als „Deutsch, Stolz, Treue“, beteiligt gewesen sei. Gr. erinnert sich, dass er dazu in Upahl bei Ingo Kn. durchsucht habe, der den V7-Versand betrieben habe, in dem auch Philipp Schlaffer mit dringehangen habe. Der Abgeordnete sagt, dass auch bei Ricardo Sch. in Waren an der Müritz wegen Handels mit der CD durchsucht worden sei. Zu diesem habe es den Hinweis gegeben, dass der polizeibekannte Neonazi als Hausmeister im örtlichen Polizeirevier beschäftigt sei. Der Zeuge erinnerte sich an diesen Fall, wisse jedoch nicht, ob dies Konsequenzen hatte.

Der zweite Zeuge des Tages ist „VS 20“. Seine Aussage wird für die Öffentlichkeit akustisch in einen anderen Raum übertragen. Er sagt, er habe sich mit dem Gesamtkomplex nochmal beschäftigt, habe sein Wissen aber aus den Medien. Er sei seit 21 Jahren nicht mehr beim Verfassungsschutz, er sei 2002 woanders hin gewechselt. Zu seiner Vorbereitung sagt er außerdem, dass er Akteneinsicht genommen und sich mit Fundstellen beschäftigt habe, die ihn betroffen hätten. In seinem Statement sagt er, er sei beim LfV Mecklenburg-Vorpommern ein halbes Jahr im Bereich Linksextremismus tätig gewesen, dann habe er einen anderen Bereich bearbeitet. Er sei kein gelernter Nachrichtendienstler, er habe Politikwissenschaften studiert. Er sei eingestellt worden, um Parteiprogramme und Magazine zu lesen, das sei klassische Auswertung gewesen. Er könne sich gut erinnern, das habe er gerne gemacht. Er habe keine Detailerinnerungen mehr, er sei bei der Einladung ein bisschen verwundert gewesen. Eine Verbindung zum BfV sei bei ihm nicht vorhanden gewesen. Er wisse aus seiner Tätigkeit absolut nichts, was er beitragen könne.

Auf Frage der Vorsitzenden sagt der Zeuge, er sei nach 2011 nie nach seinen Erkenntnissen gefragt worden. Gefragt nach Rechtsanwalt Hans Günter Eisenecker sagt „VS 20“, dieser habe eine tragende Rolle gespielt, Details habe er höchstens nachgelesen, aber er habe konkret nichts im Gedächtnis. Er sei nicht im Bereich NPD eingesetzt gewesen.

Noetzel fragt nach den Magazinen, die der Zeuge ausgewertet hat. Der Zeuge antwortet, das sei beispielsweise die Junge Freiheit gewesen, die sei damals ein Verdachtsfall gewesen. „Das hab ich durchaus gern gemacht.“ Es sei aber auch um den intellektuellen Rechtsextremismus gegangen. Fanzines habe er nicht gelesen, so der Zeuge auf Nachfrage, er habe eher offene Quellen ausgewertet. Noetzel sagt, es gebe zwei Vermerke mit seinem Kürzel. Am 20. November 2000 sei es um die unterschiedliche Einordnung von Skinheads, „sonstiger gewaltbereiter Rechtsextremismus“ und Neonazis und den Kriterien dafür gegangen. Der Zeuge sagt, dabei sei es um Ideologie gegangen , bei Neonazis, „da steckte Ideologie dahinter“. Dann habe es eine Zeit gegeben, in der sich das vermischt habe zwischen Neonazis und Skinheads. Die Ausarbeitung habe darauf abgehoben, festzustellen, was da ist, um zu sehen, ob sich das vermische.

Oehlrich sagt, am Bericht seien Anmerkungen, diesem Problem sei nur breit und gesamtgesellschaftlich zu begegnen, abgesehen von Repression. Rechte Ideologien und Gewalt hängen zusammen. Der Zeuge sagt, wenn es eine handschriftliche Anmerkung sei, dann sei sie nicht von ihm, sondern von einem Vorgesetzten. Man habe etwas vorgelegt, das sei nach oben gegeben worden und dann seien daran Anmerkungen gemacht worden.