Protokoll 50. Verhandlungstag – 24. Oktober 2013

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Der 50. Verhandlungstag war der letzte Tag vor einer Woche Herbstpause im Verfahren. Zunächst ging es um die Obduktion und die Rekonstruktion des Mordes an İsmail Yaşar, der mit fünf Schüssen in Nürnberg hingerichtet wurde. Später drehte sich der Tag um das Bekennervideo und die darin verwendeten Zeitungsartikel und Videosequenzen. Am Nachmittag sollte ein Waffensachverständiger des BKAs zu den Mordwaffen aussagen. Aufgrund einer fehlerhaften Ladung konnte er nur zu einem Teil des Morde etwas sagen, er wird erneut geladen werden.

Zeug_innen und Sachverständige:

  • Prof. Dr. Stephan Seidl (Obduktion İsmail Yaşar)
  • Martin Gessinger (Tatrekonstruktion Mord an İsmail Yaşar)
  • Jane Se. (Polizeibeamtin, Notrufe zum Brand in Zwickau)
  • Torsten St. (LKA Hamburg, Ermittlungen zum Fall Taşköprü, Videosequenzen)
  • Robert Sche. (BKA Berlin, Auswertung von Dateien von einer Festplatte aus der Frühlingsstraße)
  • Thomas Bl. (BKA Wiesbaden, Auswertung eines Zettels aus der Frühlingsstraße)
  • Sachverständiger Leopold Pfoser (Waffensachverständiger BKA)

Zum ersten Mal seit Beginn des Prozesses ist die Ehefrau des Angeklagten Ralf Wohlleben, Jacqueline Wohlleben, anwesend. Sie darf als „Beistand“ unten im Saal neben ihrem Mann Platz nehmen. Auf der Besuchertribüne sitzen eine Frau und zwei Männer, die regelmäßig Blickkontakt mit den Wohllebens und Verteidigerin suchen. Der Verhandlungstag beginnt um 9.49 Uhr. Anwesend ist ein Nebenkläger der Familie Turgut.

Erster Sachverständiger ist Prof. Seidl, Rechtsmediziner aus Erlangen, der am 9. Juni 2005 die Obduktion des in Nürnberg ermordeten İsmail Yaşar vorgenommen hat. Seidl nennt fünf Schussverletzungen. Er beschreibt einen Schädeldurchschuss und zwei Rumpfsteckschüsse, einer in der vorderen Achsellinie und ein weiterer außerhalb der Brusthöhle. Die nächste Schussverletzung ist ein Rumpfdurchschuss. Die fünfte Schussverletzung ist ein Streifschuss an der rechten Wange. Verstorben sei Yaşar infolge Verblutens auf nicht natürliche Weise. Anhaltspunkte für natürliche Ursachen oder Erkrankungen hätten sich nicht ergeben. Zur Reihenfolge der Schüsse könne er wenig beitragen. Aufgrund der starken Ablenkung eines Projektils sei davon auszugehen, dass das rechte Schlüsselbein da noch intakt gewesen sein müsse. Auf Frage von Götzl sagt Seidl, Yaşar habe möglicherweise noch im „einstelligen Minutenbereich“  weiter leben können. Es seien bei der Obduktion 265 Euro in der Hosentasche Yaşars gefunden worden und weitere 2,42 Euro in Münzen, so Seidl weiter.

Es folgt der Sachverständige Gessinger, der früher beim LKA München gearbeitet hat, und die Tatrekonstruktion beim Mord an Yaşar durchgeführt hat. Er habe Kleidungsstücke sowie Hautpräparate untersucht, so Gessinger. Es seien außerdem Tatortuntersuchungen durchgeführt worden und er habe ab er an der Obduktion des Opfers teilgenommen. Gessinger beginnt mit den ballistischen Spuren im Imbissstand. Es sei ein von einem Projektil verursachter Defekt an Sichtschutzlamellen an der Tür seien, gefunden worden, außerdem an der Eingangstür zum Küchenbereich eine Durchsetzung des Türmaterials . Das Projektil habe nicht aufgefunden werden können. Diese beiden Beschädigungen ermöglichten eine Schussbahnrekonstruktion, so Gessinger. Der Zeuge geht an den Richtertisch zur Inaugenscheinnahme von Bildern aus seinem Bericht. Auf einem Bild sieht man den Innenbereich des Imbisses vom Kunden- in Richtung des Küchenbereichs fotografiert. Die Schussbahn ist mit Pfeilen gekennzeichnet. Sie verlaufe über den Thekenaufbau, so Gessinger. Es seien zwei Projektile aufgefunden worden, die aus Fahndungsgründen unmittelbar ans BKA weitergeleitet worden seien. Die Hautpräparate seinen hinsichtlich Spuren, die eine Schussentfernungsbestimmung ermöglichen, untersucht worden. Es habe keine flächige Beschmauchung und auch keinen Abstreifring [siehe Protokoll zum 28. Verhandlungstag] gegeben. Es sind Bilder von der Obduktion Yaşars zu sehen. Nebenklagevertreter RA Lucas interveniert und sagt, man habe sich aus Rücksicht auf die Nebenkläger_innen darauf verständigt, dass solche Bilder nicht öffentlich gezeigt werden. Götzl sagt zu Gessinger, für die weiteren Erörterungen seien die Bilder ja nicht vonnöten. Gessinger führt weiter aus, es habe einen Brustdurchschuss und zwei Bruststeckschüsse gegeben. Die Bilder werden nicht mehr gezeigt. Gessinger sagt, dass er eine flächige Beschmauchung, wie sie das klassische Merkmal für einen Nahschuss darstelle, nicht habe finden können. Auch bei den Schussverletzungen habe es keine Anzeichen dafür gegeben, dass eine Verletzung mit aufgesetzter oder aufgepresster Waffe erfolgte. Dann hätten sie Überlegungen zu „abnormen Befunden“ angestellt, da keine Abstreifringe hätten festgestellt werden können. Es hätten sich auch am Tatort keine Spuren gefunden, dass das Geschoss irgendetwas anderes durchdrungen hat.

Eine mögliche Erklärung sei, dass dieses durchschossene Material vom Schützen wieder mitgenommen wurde. Das passe zum völligen Fehlen von Hülsen, da sei die Überlegung, dass eine über die Waffe gestülpte Tüte oder ähnliches als Hülsenfang verwendet wurde. Es seien dann Versuche durchgeführt worden, bei denen in einer Tüte mehrere Schüsse abgegeben worden seien. Sämtliche Hülsen seien in der Tüte aufgefangen worden. Aus dem Material seien im Mündungsbereich sehr markante Teile abgetrennt worden. Der in Frage kommende Schützenstandort lasse sich auf den südlichen Kundenbereich des Imbisses einschränken, zwischen dem Opfer und dem Schützen habe sich dann der Thekenaufbau befunden. Die Waffe dürfte, so Gessinger, aus Schulterhöhe abgefeuert worden sein. Zu unterstellen sei aus den Befunden der folgende Ablauf: Schuss 1 sei der Streifschuss an der rechten Wange. Als denkbare Variante für den zweiten Schuss könne man den Kopfdurchschuss unterstellen, wobei das Projektil nach dem Austritt nur noch geringe Energie aufweise, was zur Beschädigung am Kontaktgriller passen würde. Denkbar sei eine Körperhaltung des Opfers nach links gebückt, wie bei einer schutzsuchenden Bewegung. Dann kämen die drei parallel verlaufenden Schüsse in der Brustregion. Es sei anzunehmen, dass Yaşar sich zum Zeitpunkt der Treffer in einer liegenden Position befunden haben dürfte. Für alle Schussabgaben bedürfe es keiner großen Änderung des Schützenstandortes, so Gessinger. Nebenklagevertreter RA Langer fragt, ob man Rückschlüsse auf die Körpergröße ziehen könne, was Gessinger verneint. Plastikteile seien nicht gefunden worden, so Gessinger, wobei es auch möglich sei, etwa einen Rucksack als Hülsenfang zu nutzen. Es sei auch möglich, dass man den Lauf der Waffe durch ein vorher eingebrachtes Loch in der Tüte heraus schauen lassen könne, so Gessinger auf Frage von Langer. Dann sei die Waffe aber als Waffe erkennbar. Man könne nicht ausschließen, dass der Schütze die Hand über die Theke gebeugt habe, dafür sei eine Standortänderung nicht erforderlich. Wie die Waffe genau gehalten wurde, lasse sich nicht sagen, ebenso lasse sich nicht sagen, ob der Schütze Rechts- oder Linkshänder gewesen sei. RA Pausch, Verteidiger von Carsten S., möchte wissen, ob ein Schalldämpfer Auswirkungen auf einen Abstreifring habe. Normalerweise habe das Projektil keinen Kontakt mit dem Schalldämpfer, so Gessinger, er habe aber keine Untersuchungen dazu durchgeführt.

Es folgt die Zeugin Se., Polizeibeamtin aus Chemnitz, die einen Vermerk zu den Notrufen zum Brand in der Zwickauer Frühlingsstraße am 4. November 2011 verfasst hat. Se. berichtet, sie und ein Kollege hätten die Notrufe von der Polizei und der Feuerwehr in Zwickau angefordert und angehört, mit den Verkehrsdaten der Funkzelle verglichen und den Vermerk gefertigt. Als Anrufer_innen habe sie nur Herrn und Frau H. erkannt, unmittelbare Nachbar_innen der Frühlingsstraße 26, weil sie die später vernommen habe. Die ersten Anrufe seien gegen 15.08 Uhr eingegangen. Bei der Polizei habe es fünf Anrufe gegeben und bei der Feuerwehr sechs. Götzl geht per Vorhalt die einzelnen Anrufe mit Namen der Anrufer_innen und Uhrzeiten durch. Bei einem Anruf im „Führungs- und Lagezentrum“ um 15.08.08 Uhr stehe da „keine Übermittlung“, so Götzl. Se. sagt, das sei eine Datei gewesen, es habe aber keine Tonaufzeichnung und keine Nummernübermittlung gegeben. Auf Frage von Götzl sagt Se., sie habe bei der Vorführung in Karlsruhe auch einmal mit gesprochen und kenne daher deren Stimme. Die Stimmlage und den Dialekt könne sie heute nicht mehr beschreiben, aber damals sei sie sich sicher gewesen, dass die eine Anruferin, die um 15.13 Uhr angerufen habe, relativ spät, auf jeden Fall nicht Zschäpe gewesen sei. Oberstaatsanwalt Weingarten fragt noch einmal nach dem Anruf ohne Übermittlung. Se. sagt, dass hier versucht worden sei, anzurufen, allerdings sei keine Nummer übertragen worden und es sei auch kein Gespräch zustande gekommen. Weingarten fragt, ob es bei der Auswertung der Funkzellen einen Anruf gegeben habe, der korrespondieren könnte. Se. sagt, sie hätten die Daten durchgeschaut, wenn sie keine Notiz im Vermerk gemacht habe, dann sei ihnen nichts aufgefallen. Dann fragt RA Stahl, Verteidiger von Zschäpe, ob in Bezug auf den nicht übermittelten Anruf Ermittlungen bei der Feuerwehr durchgeführt worden seien, um zu klären, ob ein entsprechender Anruf angenommen wurde. Se. verneint das. RAin Schneiders fragt, ob es da ein technisches Problem gegeben habe. Der Beamte habe gesagt, das könne vorkommen, so Se. Manchmal gebe es sogar einen Anruf mit Tonaufzeichnung ohne Rufnummernübermittlung. RA Stahl fragt, ob die Uhrzeit überhaupt übermittelt worden sei, als Fehler oder als Anruf, der nicht aufgezeichnet wurde. Se. sagt, dieser Anruf ohne Ton und ohne Nummer müsse auf der ihnen zugesendeten CD sein. Stahl sagt, er verstehe es also richtig, dass es um 15.08 Uhr einen solchen Anruf gegeben hat, sie dem aber nicht nachgegangen seien. Se. sagt, es habe keine Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen gegeben. RA Reinecke möchte wissen, ob es denkbar sei, dass da jemand etwas gesagt habe, was aber nicht aufgezeichnet wurde. Das sei ausgeschlossen, so Se., sie habe im Führungs- und Lagezentrum Chemnitz ein Praktikum gemacht und wenn gesprochen werde, dann werde das auch aufgezeichnet Auf Frage von RAin Schneiders sagt Se., sie wisse, dass ein so etwas vorkommen könne aus ihrer Zeit im Führungs- und Lagezentrum.

Nach der Vernehmung regt RA Stahl an, dass angesichts des Umstands, dass es sich beim Eintrag um 15.08.08 Uhr definitiv um einen Anruf gehandelt haben müsse, zu klären, wer zum Tatzeitpunkt Dienst gehabt habe und ob da noch ermittelt werden könne, um was für einen Anruf es sich gehandelt habe. Es bestehe ja die Möglichkeit, dass es ebenfalls eine Brandmeldung war für die Frühlingsstraße. Nebenklagevertreter RA Matt regt an, für die technischen Fragen der Zuverlässigkeit der Uhrzeiten, einen Experten zu hören. Götzl möchte von Matt wissen, welche Relevanz habe. Matt sagt, für ihn habe es Relevanz, weil es Fragen gab zu den Uhrzeiten

Götzl: „Wissen will man im Leben viel. Deswegen frage ich sie, welche Relevanz sehen sie.“ Götzl sagt, es gehe dabei mehr um die den Anrufer als um die Uhrzeit. RA Stahl sagt ohne Mikrofonverstärkung: „Oder die Anruferin.“

Es folgt der Zeuge St. vom LKA Hamburg. Bei seiner Aussage geht es zunächst um Bilder in NSU-Videos vom Mord an Süleyman Taşköprü. Er habe Vermerke zu zwei DVDs geschrieben, so  St. Bei Spur 720 zu DVD 1 werde ein Bild von Taşköprü gezeigt, der am linken Handgelenk noch seine Uhr trage. Auf den Tatortbildern der Polizei sei deutlich, dass er keine Armbanduhr mehr trägt, diese sei am Boden liegend teilweise abgerissen aufgefunden worden. Es sei ihnen kein Bild bekannt, das Taşköprü mit dieser Armbanduhr am Handgelenk zeige. So könne man annehmen, dass es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein Bild sei von den Herstellern des Videos und dann auch von den Tätern nach der Tatausführung. Denn das Zeitfenster, dass eine andere Person ins Geschäft habe gehen können, als der Vater Taşköprüs im Nachbargeschäft den Notruf angesetzt habe, sei sehr kurz. Bei Spur 806 zu DVD 2 finde sich das gleiche Bild, zusätzlich seien Zeitungsartikel in die gezeigten Bilder hineingelegt worden seien. Die Artikel stammten aus der „Hamburger Morgenpost“ und dem „Hamburger Abendblatt“. Er habe noch weitergehende Ermittlungen durchgeführt, weil ein Text nicht mit einem ihm vorliegenden Artikel der „Morgenpost“ übereingestimmt habe. Es gebe bei der Zeitung eine „Schubversionen und Nichtschubversionen“. Die Artikel aus der DVD müsse aus der Nachtausgabe stammen oder aus einer anderen Nichtschubausgabe der Morgenpost. Die Nachtausgabe werde ab 20.15 Uhr vertrieben, in der Regel nur an den Hamburger Bahnhöfen. Nebenklagevertreterin RAin Pinar fragt hierzu nach. St. bestätigt, dass die Nachtausgabe nur in Hamburg habe gekauft werden können, eine weitere Nichtschubversion sei aber auch in einer Region bis zur Höhe des Harzes zu kaufen gewesen. Die Nachtausgabe sei aber auch eine Nichtschubversion. Pinar fragt St. nach einem weiteren Zeugen, dem von der Staatsanwaltschaft Hamburg Vertraulichkeit zugesichert worden sei, sie wolle gerne wissen, ob die Vertraulichkeit noch bestehe und ob das jemand aus der Szene sei. St. sagt, dazu dürfe er keine Angaben machen. Pinar sagt, die Staatsanwältin, die die Vertraulichkeit zugesichert habe, sei ihrer Erinnerung nach vom Dezernat Staatsschutz. St. sagt, er könne sich nicht erinnern. Pinar fragt, wann St. mit der entsprechenden Spur beschäftigt gewesen sei. Den genauen Zeitraum könne er nicht mehr sagen, so St., es sei eine „sehr komplexe“ Spur gewesen. Pinar hält vor, es sei von „türkischer Kiezszene“ die Rede. Das sage ihm jetzt so nichts, antwortet St. Das sei wohl 2007 bis 2009 gewesen, sagt Pinar, und will wissen, ob damals schon bekannt gewesen sei, dass mit der Tatwaffe andere Morde geschehen sind. Das sei mit Sicherheit so gewesen, ob er das dem Zeugen vorgehalten habe, könne er heute nicht mehr sagen, so St. Das sei zu lange her und die Spur zu komplex gewesen.

Es folgt der Zeuge Sche., BKA-Beamter aus Berlin. Sche. berichtet, seine Aufgabe sei gewesen, die finale Version des Bekennervideos und zwei Vorgängerversionen mit Videos abzugleichen, die im Brandschutt der Frühlingsstraße gefunden wurden. Er beschreibt die Übereinstimmungen: Im ersten Video sei der erste Mord und der Anschlag in der Kölner Probsteigasse dargestellt, im zweiten die ersten vier Morde und der Anschlag in der Probsteigasse. Hier habe ein Zeitungsartikel den vierten Mord thematisiert, er sei aber dem Datum des zweiten Mordes (13. Juni 2001) zugeordnet. In der finalen Version seien dann alle neun Morde thematisiert. Götzl hält die Überschriften der Zeitungsartikel aus den ersten beiden Video-Versionen und dem Bekennervideo vor. Dann unterbricht er die Vernehmung für die Mittagspause.

Um 13.09 Uhr geht es weiter mit Fragen zu anderen Ermittlungen, die Sche. durchgeführt hat. Sche. berichtet, am 7. November 2011 sei die DVD zum ersten mal öffentlich geworden. Die DVD sei an die PDS in Halle geschickt worden. Insgesamt 15 dieser DVDs seien versendet worden. Weiter hat man noch im Wohnmobil drei USB-Sticks mit den Bekennervideos gefunden und lose DVDs, wo Bekennervideos und Vorversionen drauf gewesen seien. Im Brandschutt der Frühlingsstraße seien 36 adressierte Umschläge an Medien und türkische Einrichtungen gefunden worden. Überall seien DVDs drin gewesen, auf 25 habe man noch die Daten sichern können, es habe sich ebenfalls um das Bekennervideo gehandelt. Eingegangen sei das Video unter anderem beim Sender Phoenix, beim Türkischen Generalkonsulat, bei türkischen Kulturvereinen und den Nürnberger Nachrichten. Götzl hält weitere Adressaten vor, die Television Zwickau GmbH, die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Springer, ein Deutsch-Türkischer Kulturverein. Er meine sich erinnern zu können, dass im Wohnmobil 22 DVDs gefunden worden seien, so Sche. Götzl korrigiert, dass im Vermerk von sechs DVDs die Rede sei. Das bestätigt Sche., dann seien die losen DVDs auch im Brandschutt gefunden worden. Götzl hält Adressaten der adressierten Umschläge vor und nennt N24, die Botschaft der Türkei in Berlin, die ARD.ZDF Medienakademie. Sche. sagt, seiner Erinnerung nach sei auch ein kommunistischer Verein dabei gewesen. Frankiert seien die Umschläge alle mit der Sonderbriefmarke zu 1.100 Jahren Limburg an der Lahn, die erstmalig am 2. Januar 2010 in Umlauf gekommen sei. Frankiert worden sie also frühestens ab diesem Zeitpunkt, die Marke sei noch erhältlich. Götzl sagt, Sche. habe Ermittlungen zur Arbeitsständen der Erstellung des Videos gemacht. Sche. sagt, in der Frühlingsstraße sei eine Festplatte gefunden mit 320 Gigabyte, auf der sich neben der finalen Version viele kleine Ausschnitte gefunden hätten, die, wie Originalausschnitte von „Paulchen Panther“, Mitschnitte aus Fernsehsendungen und ein Video einer  Überwachungskamera aus Köln, die in ihrer Gesamtheit zur Endversion geführt hätten [siehe zu einzelnen Dateien auch das Protokoll zum 42. Verhandlungstag]. Götzl sagt, Sche. habe beispielhaft Ordner aufgeführt und fragt nach einem Ordner namens „Polizeipistole“. Darin sei eine Polizeipistole abgebildet, wie sie baugleich von der in Heilbronn erschossenen Polizistin verwendet wurde, und außerdem seien Panoramabilder von Heilbronn und dem erweiterten Tatort mit aufgeführt, so Sche. Götzl fragt nach weiteren Ordnern und dann nach der Datei „Paul läuft mit Plakat“. In der Sequenz laufe Paulchen Panther mit Plakaten zu einer Staffelei mit Plakaten, wo alle 9 Morde aufgezeigt würden, erläutert Sche. Götzl hält vor, im Vermerk sei von Dateien die Rede namens „ali 1“ bis „ali 9“. „Ali 1 sei der Mord an Şimşek, weiter gehe es dann chronologisch bis zum neunten Mord. Götzl fragt zu Dateien mit Namen wie „ali 2“ und „ali miltär“. Das seien Ausschnitte aus „Paulchen Panther“ mit Läden, wo die Originalnamen der Läden der Mordopfer auf dem Schild gestanden hätten. Das sei eine wesentlich aggressivere Version als das Bekennervideo, in der finalen Version hätte dann nur noch die Funktion „Türkische Schneiderei“ da gestanden. Götzl fragt nach einem Vermerk zu den 14 umrahmten Feldern, die in der zweiten Version zu sehen seien. Das jeweilige Datum der Morde sei jeweils in einem der 14 Felder vermerkt, so Sche. Im „Rechtsbereich“ gebe es  ja die bekannten „14 words“ [Erläuterung]. Es sei aber nicht bekannt, ob geplant gewesen sei, 14 Morde zu begehe. Das eingeblendete Schlusszitat „Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder keine Frage“ impliziere, Sche., dass es noch nicht beendet sei. Zur Musik befragt sagt Sche., in den Vorgängerversionen sei noch nicht die Musik aus dem Comic verwendet worden, sondern die Stücke „Kraft für Deutschland“ und „Am Puls der Zeit“ der rechtsextremen Band : „Die ersten beiden Versionen hatten nichts mit der vermeintlich verharmlosenden Comicversion zu tun.“ Sänger der Band sei ein gewisser gewesen, der als Anwalt in einer Kanzlei in Stuttgart tätig gewesen sei. Dort sei Frau Schneiders, die Verteidigerin von Ralf Wohlleben, seine Kollegin gewesen. Götzl fragt zum NSU-Logo. Das sei bereits in den Vorgängerversionen von 2001 zu sehen, so Sche. Der Name der Organisation sei damals schon bekannt gewesen und sei so auch verwendet. worden.

Dann geht es um Videodateien mit Aufnahmen von Gedenkmärschen in Dänemark und Schweden. Es sei möglich, so Sche., dass einer der beiden Getöteten [gemeint Mundlos und Böhnhardt]eventuell direkt in Skandinavien vor Ort gewesen sei und diese Videosequenzen mitgeschnitten habe. Götzl fragt zur Zuverlässigkeit von digitalen Zeitstempeln. Sche. antwortet, die auf dem Rechner eingestellte Zeit habe Einfluss auf das Änderungsdatum. Beim „Drehbuch“ gebe es handschriftliche Notizen der Sequenzen, die dann im Video später verwendet worden seien, die sein dort minutiös aufgeführt. Ein Gutachten habe ergeben, dass es zwei Ersteller gegeben habe, einer sei mit leicht überwiegender Wahrscheinlichkeit Böhnhardt und der andere mit leicht überwiegender Wahrscheinlichkeit Mundlos.

Eine Datei sei eine Version des NSU-Briefes, so Sche. auf Frage Götzls. Da werde Werbung für neue Mitglieder gemacht, der Brief habe mit Spendengelder an „Kameraden“ versendet werden sollen. Tenor sei „Sieg oder Tod“ und „Taten statt Worte“. Der Brief habe auch einen „relativ aggressiven Charakter“. Götzl fragt zum Zeitstempel, im Vermerk stehe „letzter Zugriff 14.01.08 und letzte Änderung 15.03.02“. Sche. sagt, das Datum 2002 lasse den Rückschluss zu, dass die Organisation NSU damals schon festgestanden habe, die Ziele damals schon klar gewesen seien und sich das nicht erst später entwickelt habe. Auf Frage von Nebenklagevertreter RA Langer sagt Sche., der Zusammenhang zwischen den Videoversionen stelle sich über das Schlusszitat von „Paulchen Panther“ her. RA Kuhn fragt, welche Hypothese Sche. daraus abgeleitet habe, dass ein Artikel in einem Video wohl der falschen Tat zugeordnet wurde. Die Hypothese sei, dass die Ersteller das verwechselt haben, einfach einen Fehler gemacht hätten.

RA Narin fragt, ob Sche. ein Andreas Graupner bekannt sei. Das sage ihm nichts, so Sche. Mit welchem Gerät die Aufzeichnung in Schweden vorgenommen wurde, wisse er nicht. Narin sagt, Sche. habe spekuliert, dass einer der Verstorbenen mitgewirkt haben könne und will wissen, ob noch weitere Personen hätten identifiziert werden können. Das verneint Sche, er habe auch keine Ermittlungen angestellt zu Verbindungen zur dänischen und schwedischen Naziszene. RA Heer fragt, ob man eine Datei auf der Festplatte erstellen, die Festplatte ausbauen und die Datei dann an einem  anderem PC bearbeiten könne, worauf Sch. antwortet, das könne er nur aus Laienwissen beantworten. RA Stahl fragt, nach den Fundstellen der Zeitungsartikel in den jeweiligen Zeitungen. Sche. sagt Sche., er wisse, dass Ermittlungen zu Verteilerkreis und evtl. auch Fundstelle gemacht worden seien. Ihm selbst hätten digitalisierte Lichtbilder vorgelegen. RA Klemke, Verteidiger von Wohlleben, fragt, ob Sche. den Briefumschlag an die PDS Halle selbst gesehen habe. Sche. sagt, das könne er nicht mehr sagen.

Soweit er sich erinnere, sei auch dieser Umschlag mit der Sondermarke frankiert gewesen. Klemke fragt nach Auffälligkeiten bei der Adressierung dieser 15 Sendungen. Sche. sagt, gerade bei diesem Umschlag an die PDS in Halle sei eine alte, vierstellige Postleitzahl verwendet worden. Dem Versender habe wohl eine alte Version vorgelegen oder es sei vorher dort schon handschriftlich notiert worden. Auf Nachfrage von Klemke sagt Sche. auch der Name der Partei sei veraltete, die PDS habe sich 2007 in „Die Linke“ umbenannt. Dann will Klemke wissen, ob Sche. selbst auf die Festplatte zugegriffen habe. Die werde von Technikern eingespielt, so Sche., man gehe nicht händisch an die Festplatte. Klemke fragt, woher Sche. die die Information habe, dass das was ihm vorgelegt wurde, auch von der Festplatte stamme. Es sei die gängige Praxis, dass nicht am Originalasservat herum hantiert werde, sondern, dass das gespiegelt werde, so dass man Dateien auch vom Datumsstempel her nicht ändern könne. Von welchem Kollegen er die Information habe, dass das aus der Frühlingsstraße stammt, wisse er nicht mehr, so Sche. Die gleiche Frage stellt Klemke auch zu den gefunden USB-Sticks. Wieder sagt Sche., dass das gespiegelt worden sei. Klemke will wissen, ob dem Kollegen die originale Version des „Drehbuchs“ vorgelegen habe. Das wisse er nicht, so Sche., er sei auch nicht beim Schriftvergleich zugegen gewesen, das werde in einer anderen Abteilung gemacht. Dann will Klemke wissen, ob auf der Festplatte separate Dateien mit den Musikstücken von „Noie Werte“ gefunden worden seien. Da sei ihm nicht erinnerlich. Die Stücke seien illegal im Verkauf angeboten worden und seien damit verfügbar gewesen. Richter Götzl fragt, ab wann die Postleitzahlen auf fünf Stellen umgestellt worden seien. Sche. sagt, er meine, das sei 1993 gewesen. Auf Frage von Götzl sagt, ob ermittelt worden sei, wo die DVD an die PDS Halle aufgegeben worden sei. Da sei im Paketzentrum Leipzig-Schkeuditz gewesen, eingegangen sei sie am 7. November 2011. Götzl hält vor, sie sei am 6. November abgestempelt.

RA Narin will wissen, ob Sche. bekannt sei, ob unter den Empfängern auch Personen aus dem rechtsextremen Spektrum seien. Soweit er wissen, seien keine darunter, so Sche. Narin hält vor, in den Akten stehe der „Patria-Versand“ in 84434 Kirchberg am 23. November 2011″; der Umschlag sei entsorgt worden und in der Fußnote weiter vorne stehe, es handle sich um eine Einrichtung aus dem rechten Spektrum. Dann entspreche das der Wahrheit, sagt Sche.

RA Prosotowitz fragt, ob man bei der Postleitzahl vielleicht einfach die Null hinzufügen müsse, um auf fünf Stellen zu kommen. Es folgt eine längere Diskussion um den Aufbau der Postleitzahlen. Danach fragt RAin Schneiders Sche., ob er Ermittlungen gemacht habe, inwieweit „das so genannte Apabiz“ an die Bekenner-DVD gekommen sei. Sche. fragt: „Stehen die im Verzeichnis?“ Schneiders sagt, sie habe nichts gefunden. Sche. „Dann nicht“ Von ihm seien keine Ermittlungen getätigt worden, ob da was angekommen sei. RA Stahl fragt in Bezug auf das Schreiben an die PDS Halle, was Sche. mit ‚aufgegeben‘ meine. Sche. sagt, das sei der erste Zeitpunkt, wo das Schreiben nachweisbar festgestellt werden konnte.

Es folgt der Zeuge Bl. vom BKA Wiesbaden. Es geht um die Auswertung eines Abrisses eines Notizzettels mit handschriftlichen Eintragungen. Der Zettel solle so sichergestellt worden sein in der Frühlingsstraße. Er selbst habe eine digitale Kopie zu Auswertungszwecken bekommen, so Bl. Da habe eine Mobilrufnummer und das Wort „Aktion“ gestanden. Er habe die Nummer überprüft und die sei auf den Namen Ramona D. gelautet, es sei aber in den Dateien schon vermerkt gewesen, dass die Nummer vermutlich auch von den Beschuldigten benutzt worden sei. Eine Adresse in Dessau-Roßlau sei in den Dateien schon eingetragen gewesen, Ermittlungen in Hinblick auf den Eintrag „Aktion“ habe er nicht vorgenommen.

Nach einer Unterbrechung bis 14.50 Uhr sagt Götzl, die aktuelle Postleitzahl den entsprechenden Bereich in Halle sei 06122, die alte 6122 sei ja nie eine Postleitzahl gewesen, die für Halle früher vergeben war.

Dann folgt der Sachverständige Pfoser, Waffensachverständiger vom BKA. Pfoser sagt, er habe ja ein Blatt an die Verfahrensbeteiligten ausgeteilt und stelle sich das so vor, dass er sich an diesem Blatt entlang hangele. Wenn er zu einem Fall verweise, würde er gerne „Fall 1“ und „Fall 2“ etc. sagen, so erspare man sich Zeit. Pfoser sagt, er habe Ladungen zu fünf Fällen. Er nennt die Mord an Şimşek, Özüdoğru und Taşköprü. Zum vierten Fall in München habe er keine Ladung vorliegen. Geladen sei er aber zu den Morden an Turgut und Yaşar. Dann beginnt Pfoser seine Ausführungen. Er sagt, er habe Asservate und Lichtbilder dabei und beschreibt, welche Kaliber und Munition eingesetzt worden sei. Fall 1: Hülsen und Geschosse Kaliber 6,35 (Hersteller der Munition sei die tschechische Firma Sellier & Bellot) und Kalibers 7,65 (südkoreanische Firma PMC); Fall 2: Kaliber 7,65; Fall 3: Kaliber 6,35 und Kaliber 7,65 derselben Fabrikate wie vorher; Fall 5: Geschosse, eine Hülse und ein Geschossmantelteil Kaliber 7,65; Fall 6: Kaliber 7,65  Bei Fall 5 sei mittlerweile das Fabrikat geändert worden. Beim Fall 4, dem Mord an Kılıç, seien zwei Geschosse der Firma PMC gefunden worden. Beim Mord an Turgut sei ein anderes Fabrikat der Firma Sellier & Bellot zum Einsatz gekommen, ein Vollmantelgeschoss mit Messingmantel. Das sei interessant, weil es ab dort Anhaftungen gebe, die auf einen Schalldämpfer hindeuteten.

Götzl unterbricht Pfoser und sagt, seinem Eindruck nach sei Pfoser für alle Fälle geladen. Pfoser sagt, er sei zu fünf Fällen geladen, das habe ihn auch gewundert. Zum Fall Boulgarides sagt Pfoser, es seien Geschosse des Kalibers 7,65 der Firma Sellier & Bellot gefunden worden. Bei Kubaşık seien vier Geschosse und eine Hülse gefunden worden und beim Fall Yozgat Geschosse des Kalibers 7,65 der Firma Sellier & Bellot.

Pfoser sagt, er habe bei den letzten beiden Gutachten Anhaftungen auf den Geschossen, immer auf demselben „Zugbereich“, gefunden. Bei einem „Zugeindruck“ habe sich eine aluminiumfarbene Anhaftung befunden, die auffällig gewesen sei, weil sie nicht vom Lauf selbst habe kommen können und auch nicht vom Aufprall, weil Spuren die Anhaftung überlagert hätten. Die plausibelste Erklärung sei gewesen, dass eine Waffe mit Schalldämpfer verwendet wurde. Man habe von Anfang an „gruppenspezifische Merkmale“ feststellen können. Aufgrund der Kontaktflächen der Waffen, mit der eine Hülse Kontakt habe, könne man schließen, um welche Art von Waffe es sich handelt. Die eine Waffe sei eine Ceska Modell 83. Bei der anderen Waffe habe es keine Prognose gegeben. Es habe sich um eine manipulierte Waffe handeln könne, eine umgebaute Schreckschusswaffe, das Modell und Fabrikat sei aber nicht zu bestimmen gewesen.

RA Stahl unterbricht und bittet den Sachverständigen, seinen Vortrag „deduktiv“ aufzubauen. Götzl erwidert, er verstehe den Sachverständigen, er habe sich ja auch vorbereitet. RA Heer springt Stahl bei und sagt, auch er verstehe die Ausführungen nicht. Götzl unterbricht Heer, der daraufhin verlangt, nicht unterbrochen zu werden. Heer stellt den Antrag, den Sachverständigen „anzuleiten“, zunächst seine Methodik darzulegen. RA Klemke sagt, er habe ein anderes Problem, der Sachverständige habe von Fotografien gesprochen, die aber in der Akte nicht vorlägen. Pfoser sagt, es sei „auch international“ nicht üblich, solche Darstellungen einzuschicken, man gehe allgemein davon aus, dass die Verfahrensbeteiligten nicht imstande seien, diese Lichtbilder zu interpretieren. Es sei aber möglich, die Bilder zu duplizieren. Götzl sagt, Pfoser könne ihm die Unterlagen in der Pause geben, jetzt solle er mit der Darstellung der Methodik fortfahren. Pfoser sagt, er wolle zunächst noch etwas zum Fall 7 sagen. Dort sei ein Stück Kunststoff mit Schmauchpartikeln gefunden worden. Heer interveniert, er habe einen Antrag gestellt und Götzl lasse den Sachverständigen dennoch weiter seine Ausführungen machen. Götzl unterbricht Heer, der wiederum Götzl unterbricht und sagt, er müsse seine Anträge nicht begründen. Pfoser führt aus, dass das Stück Kunststoff möglicherweise von einer Plastiktüte stamme. Plötzlich spricht Götzl Heer aufgebracht an, dass der sich auf die Verhandlung konzentrieren möge. RA Heer erwidert, er brauche keine Anleitung, wie er zu verteidigen habe. Pfoser sagt, es habe sich die These verfestigt, dass man die Hülsen mit einer Tüte aufgefangen habe.

Dann beginnt Pfoser seine Ausführungen zur allgemeinen Methodik. Die Asservate würden dem BKA zugeschickt, dann würden sie hinsichtlich Fabrikat, Kaliber und Herkunft beschrieben und auf Gruppenspuren und Individualspuren untersucht. Mit den Individualspuren könne man Rückschlüsse ziehen auf eine einzige Waffe, mit den Gruppenspuren auf die Art einer Waffe. Dann suche man in der zentralen Tatmunitionssammlung, die nur das BKA habe, nach Spurenübereinstimmungen von Munitionsteilen aus Straftaten. Mit Hilfe der Individualspuren könne man sagen, dass die Teile mit ein und derselben Waffe bzw. mit ein und demselben Waffenlauf verfeuert wurden. Bei den neun Taten habe man über Individualspuren einen Zusammenhang nachweisen können. Später, als Waffe sichergestellt worden sei, habe man eine Identifizierung durchführen können, dass keine andere Waffe als Tatwaffe zu den neun Tötungsdelikten in Frage komme. Zur Erläuterung habe er Bildmaterial mitgebracht, so Pfoser, und auch zur Klärung der Plausibilität, um diese Tatzusammenhänge glaubhaft zu machen. Pfoser erläutert das konkrete Vorgehen mithilfe eines größeren Geschosses aus Kunststoff und „Vergleichsmikroskop“RA Kaiser, Verteidiger von André E., er wolle die die Ausführungen nur ungern unterbrechen, aber es bringe wenig, wenn der Sachverständige erläutere, welche Methoden es allgemein gebe. Er erkenne keine Struktur beim Vortrag. Götzl sagt, man könne dem Sachverständigen nicht vorschreiben, was er hier zu sagen habe. Er wolle sich die Zeit nehmen, um zunächst einmal zu erfahren, was Pfoser mitgebracht hat. Sonst müsse man unterbrechen und später fortsetzen. RA Klemke sagt, wenn es bei den Lichtbildern um Bilder zu konkret diesen Fällen gehe, dann beantrage er die Verhandlung zu unterbrechen und den Verfahrensbeteiligten Akteneinsicht zu gewähren. Diese Fotos seien extra für dieses Verfahren gefertigt worden und die Verteidigung habe ein Recht darauf, diese Bilder zu bekommen.  Götzl sagt, er unterbreche jetzt für zehn Minuten. RA Heer sagt etwas ohne Mikrofonverstärkung. Es entwickelt sich eine weitere Auseinandersetzung zwischen Götzl und Heer, in der Heer beantragt, dass man sich die Bilder gemeinsam anschauen solle. Um 16.03 Uhr geht es weiter. Götzl fragt Pfoser, ob die Bilder digitalisiert vorliegen, was der verneint. Götzl sagt, es sei sinnvoll, die Bilder zu allen neun Fällen dem Gericht erstmal digital zukommen zu lassen. Das sei machbar, so Pfoser. Götzl fragt nach den Asservaten, die Pfoser  mitgebracht hat. Pfoser sagt, das seien Geschosse und Hülsen von fünf verschiedenen Tatorten. Die Anhörung des Sachverständigen wird unterbrochen.

Götzl sagt, ein Arzt habe die Zeugin E. [siehe Protokoll zum 45. Verhandlungstag]aufgesucht und werde eine Stellungnahme abgeben. Götzl sagt, es werde schwierig, Frau E. hier in München zu vernehmen. Woran man denken könne, sei eine Videovernehmung. RA Reinecke schlägt vor, die Zeugin je nach Gutachten durch nur einen Richter, einen Verteidiger, einen Vertreter der Bundesanwaltschaft und einen Nebenklagevertreter zu vernehmen. Götzl sagt, eine Videovernehmung habe den Vorteil, dass alle einen Eindruck hätten.

Nebenklagevertreter RA Stolle nimmt Stellung zum gestrigen Beweisantrag der Verteidigung  Wohlleben [siehe Protokoll zum 49. Verhandlungstag]. Es möge sein, dass die Vernehmung des Zeugen erbringen könne, dass Wohlleben nicht schriftlicher Urheber der Zettel sei. Das ändere aber nichts daran, dass er der geistige Urheber dieser Post sein könne. RA Klemke sagt, für ihn gehe diese Erklärung an der Sache vorbei.

Der Verhandlungstag endet um 16.14 Uhr.

Auf dem Blog NSU-Nebenklage heißt es zum Verhandlungstag: „Ein weiterer BKA-Beamter hatte die Zeitungsartikel, die in dem Video verwendet wurden, ausgewertet. Exemplare dieser Artikel wurden auch in der Frühlingsstraße gefunden. Zwar finden sich die Fingerabdrücke Zschäpes nur auf Artikeln, die nicht im Video verwendet wurden – da die Artikel aber zusammen aufbewahrt wurden, ist davon auszugehen, dass Zschäpe auch von diesen Artikeln wusste.“

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