Zunächst ging es heute um die Obduktion von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Ein Sachverständiger beschrieb die schwere Zerstörung der Schädel durch Schüsse, an denen beide starben. Danach sagten zwei Polizisten aus, wie sie nach einem Hinweis das Wohnmobil in Eisenach-Stregda fanden und als sie ihm näher kamen drei Schüsse hörten, woraufhin sie in Deckung gingen. Kurz darauf fing das Wohnmobil an zu brennen. Als letzter Zeuge wurde erneut ein Waffensachverständige zur Identifizierung der Ceska-Pistole gehört.
Zeug_innen und Sachverständige
- Dr. Reinhard Heiderstädt (Sachverständiger, Obduktionen von Mundlos und von Böhnhardt)
- Frank Me. (Polizeibeamter, Eisenach, fand mit einem Kollegen am 4.11.11 das Wohnmobil)
- Uwe Se. (Polizeibeamter, Eisenach, fand mit einem Kollegen am 4.11.11 das Wohnmobil)
- Ruprecht Nennstiel (Waffensachverständiger, BKA)
Der Verhandlungstag beginnt um 9.45 Uhr. Als erstes wird der Sachverständige Dr. Heiderstädt zu den Obduktionen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gehört. Heiderstädt sagt, er beginne mit Böhnhardt, denn dessen Leichnam sei auch als erstes seziert worden. Sie hätten am 5.11.2011 die Sektionen geplant. Zunächst seien die Leichen in die radiologische Klinik gebracht worden, um dort in einem CT-Scanner eine Ganzkörperaufnahme beider Leichen zu machen. Das habe den Vorteil, dass alle Daten, die aufgenommen wurden, später wieder abgerufen werden können, und 2D- oder 3D-Bilder oder Rekonstruktionen angefertigt werden können. Bei Schussverletzungen, die hier in Betracht gekommen seien, würden sich radiologische Aufnahmen anbieten, etwa weil Projektile manchmal bei der Sektion sehr schwer zu finden seien bzw. um herauszufinden, ob überhaupt Projektile aufzufinden sind. Außerdem gehe es neben den Schussverletzungen um andere Verletzungen, so genannte schussfremde Verletzungen. Selbstverständlich hätten sie auch gleich live Bilder sehen und feststellen können, dass sehr schwere Schädelverletzungen vorliegen.
Danach seien die Leichen in ihr Institut gelangt. Er habe mit der Leiche Böhnhardt begonnen, der sei zu dem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen und sei deswegen bei ihm unter „Leiche 1“ gelaufen. Beide Leichen seien bekleidet gewesen. Böhnhardt habe sportliche Kleidung an gehabt, die habe insgesamt starke Veränderungen mit Ablagerung von Brandbestandteilen, fleckförmigen Verbrennungen und Auflagerungen von geschmolzenem Material, das er als geschmolzenes Plastik deute, aufgewiesen. Die Kleidung sei vorsichtig ausgezogen und der Kripo übergeben worden zur weiteren Bearbeitung. Nach dem Entkleiden habe die Leiche oberflächliche Verbrennungen vorwiegend an der rechten Körperrückseite gezeigt und am linken Arm Brandblasen, die sich abgelöst haben. Aber die Verbrennungen seien insgesamt oberflächlich gewesen.
Es habe eine erhebliche Deformierung des gesamten Kopfes mit großen Gewebsaufreißungen und Einfallen des Schädeldachs gegeben und Merkmale einer typischen Einschussverletzung an der linken Schläfenseite unweit des Ohrs. Um die herum seien auch Schmauchspuren gefunden worden, so dass sie den Hinweis für die Einschussstelle gehabt hätten. Dann habe es Hauttrocknungen gegeben, die sie nicht hätten zuordnen können, möglicherweise durch entweichendes Gas aus der Waffe. Eine typische, klassische Stanzmarke habe also nicht vorgelegen, aber die Beschmauchung sei für sie der Hinweis gewesen. Gegenüber an der rechten Kopfseite sei eine große, strahlenförmige Aufreißung des Kopfes gewesen, das sei für sie der Ausschuss, so dass der Schuss schräg von links nach rechts oben verlaufen sei. Die Präparation des Kopfes habe dann gezeigt, dass die knöchernen Strukturen vollständig zerstört waren. Mithilfe des CT-Scans sehe man links zerstörte Strukturen mit einem Zentrum. Aber die seien bei der Präparation zerfallen. Dem gegenüber hätten sich zahlreiche weitere radiäre knöcherne Verletzungen oder Knochenbrüche gefunden, die mit dem Eintritt des Geschosses in den Knochen zu erklären seien, im Schädeldach, der Basis und dem Gesichtsschädel. Die würden imponieren wie eine Explosion von innen. Die könne man erklären durch das Geschoss, das durchs Gehirn tritt. Es entstehe eine hydrodynamische Welle. Je nach aufgebauter Energie, Masse und Geschwindigkeit könne diese Energie bis zu den knöchernen Strukturen gelangen: „Wir haben so eine Art hydrodynamische Explosion.“ In der Literatur werde das „Krönleinschuss“ genannt. Das erkläre auch, warum lediglich noch 100 [phon.] Gramm Gehirn vorhanden gewesen sei. Das sei herausgeschleudert worden, auf der Kleidung seien herausgesprengte Hirnanteile gefunden worden. Dies erkläre eine sofortige Handlungsunfähigkeit. Damit seien Ein- und Ausschuss geklärt.
Aufgrund des Einschussdurchmessers müsse es sich um ein größeres Kaliber gehandelt haben, eine Langwaffe mit einem entsprechenden Projektil. In dem Zusammenhang wolle er ergänzen, dass es eine große Aufreißung im Stirnbereich gegeben habe, die sich durch die hydrodynamische Explosion durch das Geschoss erklären lasse. Außerdem seien noch Tätowierungen gefunden worden, einmal am rechten Oberarm ein Soldat mit Stahlhelm und Ornamenten. Alles was sie getan hätten bei der Sektion sei vom LKA fotografiert worden, die Spurengruppe sei bei der gesamten Sektion dabei gewesen. Eine weitere Tätowierung sei am rechten Oberschenkel gewesen: Ornamente mit zwei Gesichtern. Es sei für DNA-Bestimmung und toxikologische Untersuchungen Material entnommen worden. Es seien kein Alkohol im Blut und auch keine chemischen Substanzen oder Drogen gefunden worden.
Wichtig sei, dass sie die Schulterhöhe bis zur Mittelfingerspitze gemessen hätte. Es habe ja Selbsttötung im Raum gestanden. Es gehe darum, ob er entsprechend hätte abdrücken können. Das sei 81,5 cm rechts und 83,5 cm links gewesen. Heiderstädt nennt außerdem die Längen von der Achselhöhle bis zur Daumenspitze: 69,5 bzw. 65,5 cm. Böhnhardts Körpergröße sei 183 cm gewesen, das Gewicht 79,6 kg. Festzustellen gewesen seien außerdem kleine Schürfungen am vorderen Schienbein, die müssten aber nicht vom selben Tag sein, und ganz winzige bräunliche Hauteintrocknungen unterhalb des linken Knies, aber die könnten auch ein paar Stunden oder länger her sein.
Götzl fragt, was die Todesursache sei, ob es eine zentrale Lähmung gewesen sei. Heiderstädt bejaht und sagt, es habe sich um eine Kopfdurchschussverletzung mit Handlungsunfähigkeit und sofortigem Tod gehandelt. Zur Kleidung befragt, sagt Heiderstädt, Böhnhardt habe ein Paar Turnschuhe „Adidas“ mit blauen Querstreifen getragen, ein paar schwarze Herrensocken, eine lange Sporthose, mit einem Papiertaschentuch in der Tasche, einen Herrenslip, eine graublaue Kapuzenjacke, eine Armbanduhr mit schwarzem Plastikarmband, ein T-Shirt mit Aufschrift „Tom Tailor“. Das sei alles eingepackt worden. Götzl sagt, Heiderstädt habe von Handlungsunfähigkeit gesprochen und fragt, ob noch Einatmung möglich sei in dieser Situation und es irgendwelche Befunde im Blick auf Einatmung gebe. Sie hätten keine Spuren von Rauchgaseinatmung und keine Rußbestandteile in den Atemwegen gefunden, so Heiderstädt, so dass sie keinen Hinweis hätten, dass da noch eingeatmet wurde. Götzl fragt, ob es denn noch möglich wäre. Heiderstädt verneint das, dann hätte Böhnhardt vor dem Tode einatmen müssen. Götzl sagt, es gehe ihm um die Funktionsmöglichkeiten bei zentraler Lähmung. Heiderstädt sagt, es gebe keine Atmung mehr.
Dann sagt er, die Leiche sei noch nicht identifiziert gewesen, deswegen hätten sie den Zahnstatus erhoben. Bei Mundlos hätten sie das nicht gemacht, denn da sei eine Identifizierung nicht mehr notwendig gewesen. Bei der zweiten Leiche sei ihm der Name Mundlos gesagt worden. Auch hier habe die Kleidung Brandbeschädigungen aufgewiesen, sei schichtweise ausgezogen, zügig eingetütet und der Kripo übergeben worden. Es habe sich ein athletischer Körperbau gezeigt mit einer Größe von 178 cm und einem Gewicht von 73,1 kg. Es seien Brandbeschädigungen in geringerer Form, einmal in der linken Knieregion links, am Handrücken links und am linken Unterschenkel innenseitig festzustellen gewesen. Außerdem spricht Heiderstädt von ein paar wenigen, sehr zarten Kratzern in der Rücken-Lendenregion.
Hier sei auffällig, so Heiderstädt weiter, eine noch massivere Zerstörung des Kopfes. Bei der äußeren Besichtigung hätten sie keine typische Einschussverletzung gefunden, das mache immer zunächst mal nervös. Bei der Öffnung des Mundes hätten sie aber Schmauchspuren in der Mundhöhle gefunden und beim harten Gaumen eine völlige Zerstörung der knöchernen Strukturen und Weichteile. Der Einschuss sei also die Mundhöhle, nach oben gerichtet. Das sei in der Rechtsmedizin nicht so selten. Entsprechend gebe es eine sehr starke Zerstörung des Kopfes, der in sich zusammengefallen gewesen sei, das Schädeldach sei noch sehr viel stärker zerstört als bei Böhnhardt. Es sei so gut wie kein Knochen mehr intakt gewesen. Es gebe eine große Aufreißung an der Kopfoberseite, auch hier sei das Gehirn zum größten Teil aus dem Kopf herausgeschleudert worden, hier seien es noch 500 Gramm Resthirn. Wie bei Böhnhardt sei die Erklärung auch hier der „Krönleinschuss“.
Auch hier hätten sie keine Rauchgas- oder Rußeinatmung. Und auch hier hätten sie die Armlänge gemessen, die sei rechts von Schulterhöhe bis Spitze Mittelfinger 86 cm, bis zum Zeigefinger 84,9 cm, von Achselhöhle bis zum Daumen 64,5 cm und links 86 cm, 85 cm und 70 cm. Sie hätten keine Tätowierungen gefunden, aber eine 5 cm lange Narbe am rechten Oberschenkel. Irgendwann im Nachhinein habe es Anfragen über Tätowierungen gegeben, ob da nicht doch einen Tätowierung sei. Deswegen hätten sie sich entschlossen, einige Wochen später beide Leichen nochmal anzuschauen. Sie hätten keine weiteren Tätowierungen gefunden und keine weiteren Verletzungen. Man könne sich durch die Scannung auch jetzt immer noch Regionen anschauen. Er denke, so Heiderstädt, dass es gerechtfertigt war, noch im November diese Präparationen vorzunehmen, um ganz sicher zu sein und das eben komplett zu haben. Heiderstädt sagt, es habe auch nach den chemisch-toxikologischen Untersuchungen keinen Beleg für eine Rauchgaseinatmung gegeben, es sei kein CO gefunden worden, damit gebe es keinen Beleg für eine Rauchgasvergiftung.
Auf Frage sagt er, Todesursache sei ein Kopfdurchschuss mit völliger Zerstörung des Gehirns, sofortigem Tod und Handlungsunfähigkeit gewesen. Auf Nachfrage, dass im Sektionsprotokoll sich neben der Körpergröße 178 cm an einer Stelle auch 183 cm finde, sagt Heiderstädt 178 cm sei Mundlos, 183 cm Böhnhardt, das sei wohl ein Übertragungsfehler, der beim Diktat entstanden sei, 178 cm sei die richtige Zahl. Götzl fragt zur Kleidung und Heiderstädt sagt, Mundlos habe eine Cargo-Stoffhose mit schwarzem Ledergürtel und silberfarbener Schnalle getragen. In den Taschen sei eine nicht angebrochene Packung Immodium-Tabletten gefunden worden, ein Zellstofftaschentuch, ein Cent-Stück und eine Packung Papiertaschentücher. Außerdem habe Mundlos Turnschuhe „Nike“ getragen, schwarze Socken, eine schwarze Unterhose, eine gestreifte Pulloverjacke mit Reißverschluss. Heiderstädt spricht von Gewebsanhaftungen, Hirnanteilen und nennt zuletzt ein olivfarbenes T-Shirt. Auffällig sei bei beiden der muskulöse Körperbau.
NK-Vertreter RA Hoffmann fragt, ob Heiderstädt persönlich Erfahrungen mit der Untersuchung von Ruß in der Lunge und Untersuchungen auf Rauchvergiftungen habe, was Heiderstädt bejaht, Brandleichen seien bei ihnen nicht selten. Hoffmann sagt, er versuche das mit seinem laienhaften Wissen so genau wie möglich zu formulieren, und fragt, ab welcher Intensität von Rauch in einem Raum man denn überhaupt Rückstände finden würde, ob man das schon finde, wenn jemand neben einem Brand gestanden hat oder er sehr stark Ruß ausgesetzt gewesen sein müsse beim Einatmen. Heiderstädt sagt, es müsse Ruß in der Atemluft vorhanden sein, der komme in die Atemwege und bleibe zumindest in diesem Zeitraum liegen. Nun könne ja Rauchgas ohne Ruß vorhanden sein. Den Ruß würde man erkennen, so Heiderstädt, und wiederfinden. Aber Ruß sei nicht gefunden worden. Das CO, der wichtigste Bestandteil des Rauchgases, könne eingeatmet werden, und solange Leben da ist, auch wieder abgeatmet werden. Er könne, so Heiderstädt, nicht ausschließen, dass Rauchgas und CO eingeatmet und wieder abgeatmet wurde. Erst zum Zeitpunkt des Todes würde die Konzentration dann so bleiben. Das schließe eine kurzfristige CO-Einatmung nicht aus.
Auf Frage von Zschäpes Verteidiger RA Stahl sagt Heiderstädt, zu Schmauchspuren an den Händen habe er keine Feststellungen getroffen, das hätten sie dem LKA überlassen, die Ergebnisse müssten vorliegen. NK-Vertreter RA Stolle sagt, Heiderstädt habe gesagt, er habe die Leiche Böhnhardt erst als „Leiche 1“ bezeichnet, Mundlos sei aber schon identifiziert gewesen. Stolle fragt, durch wen und wann. Heiderstädt sagt, am 5.11. morgens, unmittelbar vor der Sektion, da seien ihnen von der Polizei die Daten übergeben worden von Mundlos. Was alles zur Identifizierung durchgeführt wurde, könne er nicht sagen. Stolle fragt: „Sie wissen auch nicht, wie das gelaufen ist?“ Heiderstädt sagt, er habe nur die Information gehabt. Götzl fragt, ob es wie immer gelaufen sei, dass sie die Leichen bekommen würden mit den Informationen. Heiderstädt bejaht das und bestätigt, dass er die Informationen über die Identität für die Obduktion nicht benötige.
Nach einer Pause geht es um 10.50 Uhr. Der nächste Zeuge ist bereits im Saal, doch zuvor beantragt RA Hoffmann, den Kapuzenpullover des Angeklagten André E. zu beschlagnahmen, da sei ein Vermummter mit Sturmgewehr abgebildet. [E. trägt unter der schwarzen Lederweste, die er fast immer trägt, einen schwarzen Kapuzenpullover mit weißen Aufdrucken der finnischen NS-Black-Metal-Band „Satanic Warmaster“, auf dem vorne eine vermummte Person mit einem Sturmgewehr und einer Maschinenpistole zu sehen ist.] Hoffmann sagt, die symbolische Darstellung eines Bewaffneten lasse Rückschlüsse auf die innere Einstellung des Angeklagten zu, sei ein Statement für den bewaffneten Kampf und eine Sympathieerklärung für die Morde hier. Das sei auch für die Beweiserhebung relevant. Götzl schickt den Zeugen aus dem Saal. RA Kaiser, Verteidiger von E., erwidert, er glaube nicht, dass die Art und Weise einer Bekleidung Rückschlüsse über die Einstellung zulasse, hier würden ja auch nicht alle weiße Krawatten tragen. Es sei vielleicht Geschmackssache. Götzl fordert E. auf, kurz aufzustehen und den Pullover zu zeigen. E. weigert sich, dann sagt Götzl, ihn interessiere es natürlich schon. Bundesanwalt Diemer fragt, welche Beweisbedeutung das für dieses Verfahren habe. RA Kaiser bittet um eine Pause. Hoffmann sagt, dann müsse sichergestellt sein, dass der Pullover nicht wegkommt. Zur Beweisbedeutung könne er auch sagen, dass man hier einen schweigenden Angeklagten habe, es gehe um die innere Einstellung, die Motivation, das sei beweiserheblich.
Um 11.07 Uhr geht es weiter und Kaiser sagt, er habe mit E. gesprochen. Der Pullover komme aus der „so genannten Metal-Szene“, die zeichne sich wie andere Musikszenen, wie die Rap-Szene durch Überzeichnung und Übertreibung aus. Außerdem habe E. den Pullover, schon häufiger angehabt im Verfahren und niemand habe Anstoß genommen. Die Beschlagnahme könne wohl nicht dazu führen, den Sachverhalt zu klären. Und ob das Tragen des Pullovers die Einstellung des Angeklagten zeigt, bleibe Interpretationssache. Götzl sagt, es gehe ja zunächst darum, was darauf zu sehen ist. RA Hoffmann sagt, er habe den Pullover auch nur kurz sehen können, aber eine kurze Internetrecherche habe ergeben, dass da noch „Black Metal Kommando“ und „Gas Chamber“ stehe, so sei es zumindest in einem Internetshop, der die Dinger verkaufe. Dann steht André E. auf und zeigt dem Gericht den Aufdruck des Pullovers. Auf Frage Götzls sagt Hoffmann, er halte den Antrag aufrecht. Götzl sagt, er nehme an, zum Zwecke der Inaugenscheinnahme, das hätten sie ja gerade getan. RA Hoffmann sagt, er denke, es müsse auch beschlagnahmt werden, es sei ein Beweismittel im Prozess. Erst auf Intervention des NK-Vertreters RA Daimagüler zeigt E. den Aufdruck auch in Richtung der Nebenklage. RA Hoffmann sagt, die Band habe Lieder, die mit „Sieg Heil“ beginnen würden, das sei ein doppeltes Bekenntnis. Diemer sagt, er sehe keinen Grund, das Kleidungsstück zu beschlagnahmen, über eine Ungebühr, dass E. hier provozierend auftritt, könne man nachdenken. Die Sätze, die Hoffmann anführe, würden ja nicht drunter stehen. NK-Vertreter RA Schön schließt sich dem Antrag Hoffmanns an. Auch RA Lucas schließt sich an und sagt, hier würden Signale gesetzt und jeder Insider erkenne, für was das Shirt steht. Als Verteidiger achte er schon darauf, was sein Mandant anzieht. Wenn das so weit gehe, dass solche Shirts ebenfalls mit „Gaskammer“ erhältlich seien, dann werde das bewusst angezogen. RA Kolloge sagt, es komme gelegentlich vor, dass Urteile aufgehoben werden und nochmal verhandelt werden, aus dem Grund müssten alle Beweismittel beschlagnahmt und aufgehoben werden. RA Bliwier schließt sich an und sagt, er könne nicht feststellen, ob das Zeigen des Symbols mit den Waffen nicht einen Straftatbestand erfüllt. Diese Prüfung könne hier im Moment nicht in der gebotenen Weise durchgeführt werden. Daher müsse beschlagnahmt werden. RA Daimagüler und RA Tikbas schließen sich an. Zschäpes Verteidiger RA Stahl sagt, man müsse berücksichtigen, dass E. bisher immer diese Lederweste getragen habe, so dass er, Stahl, nicht habe erkennen könne, was sich auf diesem Bild befindet. Wohllebens Verteidiger RA Klemke tritt dem Antrag entgegen, er sehe nicht, dass das Sweatshirt als Beweismittel in Betracht kommt, könne nicht mal mal ansatzweise erkennen, ob es einen Straftatbestand darstellt: „Über Geschmack lässt sich streiten, dazu möchte ich mich nicht äußern.“ Es folgt eine Unterbrechung, in der André E. von einem Polizeibeamten mit Fotoapparat nach draußen gebeten wird. Um 11.46 Uhr geht es weiter und Götzl verkündet, das Shirt sei fotografisch gesichert, er nehme an, dass sich damit der Antrag erledigt hat.
Dann folgt die Einvernahme von Frank Me., 51, Polizeibeamter bei der PI Eisenach. Me. berichtet, sie hätten den Auftrag bekommen, im Rahmen der Fahndungsmaßnahmen nach diesem Wohnmobil zu suchen und hätten es in der „Ortslage Stregda“ gefunden. Als sie darauf zugegangen seien, seien Schüsse gefallen, wovon sie vom LKA wüssten, dass der erste in ihre Richtung gegangen sei. Sie hätten Deckung genommen und nach dem letzten Schuss habe das Wohnmobil angefangen zu brennen. Weiter hätten sie eigentlich keine Beobachtungen gemacht, weder um das Wohnmobil noch auf der Anfahrt dazu. Auf Frage sagt Me., die Örtlichkeit sei ein Neubaugebiet mit größtenteils zwei- bis dreigeschossigen Häusern. Das Fahrzeug sei am rechten Fahrbahnrand abgeparkt gewesen, rechts neben dem Fahrzeug sei eine Grube, vor dem Fahrzeug ein anderes Fahrzeug abgeparkt gewesen. Sie seien „An der Leite“ herunter gekommen und das Fahrzeug habe „Am Schafrain“ gestanden. Sie hätten ihr eigenes Fahrzeug etwas oberhalb von „Am Schafrain“ am rechten Fahrbahnrand abgeparkt. Sie seien ja aus Richtung Madelungen gekommen, so Me. Dann seien sie schräg links rüber gelaufen in den Schafrain. Mit „wir“ sei auch noch der Kollege Se. gemeint, so Me. auf Frage.
Götzl fragt, was weiter passiert sei. Me. sagt, sie hätten die Meldung an die Einsatzzentrale gegeben und den Auftrag bekommen, das Fahrzeug abzuprüfen. Dann seien drei Schüsse gefallen, sie seien in Deckung gegangen, das Fahrzeug habe dann gebrannt und sie hätten die Feuerwehr alarmiert. Die Kripo habe dann die weiteren Maßnahmen übernommen. Götzl fragt, wie sie auf das Wohnmobil aufmerksam geworden seien. Me. sagt, zwei Kollegen hätten einen Rentner festgestellt, der gesehen habe, wie zwei Personen mit Fahrrädern in das Wohnmobil eingestiegen seien. Das Kennzeichen sei nicht in der Fahndung gewesen, auch der Halter sei unauffällig gewesen. Auf Frage sagt Me., genauer kenne er das Kennzeichen nicht mehr, es sei ein weißes Wohnmobil gewesen. Die Frage, ob er das vollständige Kennzeichen hatte, bejaht Me. Auf Frage, welchen Weg er zunächst genommen habe, sagt Me., wenn man von Madelungen komme, gebe es zwei Wege in das Neubaugebiet, sie seien „An der Leite“ runter. Auf dem Weg nach unten hätten sie auf der linken Seite das Wohnmobil gesehen, das Kennzeichen abgelesen, und das sei das gewesen, was der Zeuge genannt hat. Sie seien nicht direkt in den Schafrain rein gefahren, sie hätten schräg versetzt vor dem Fahrzeug gestanden und das sehen können. Dann hätten sie zurückgesetzt und eingeparkt.
Er bejaht, dass das „An der Leite“ gewesen sei und sie dann nach links gegangen seien. Sie seien Richtung Wohnmobil gegangen, und zwar schräg versetzt, er hinter Se. Da sei dann ein Schuss gefallen, sie hätten die Waffen gezogen und seien bei zwei PKW genau gegenüber vom Wohnmobil in Deckung gegangen. Dann seien zwei Schüsse gefallen und das Wohnmobil habe begonnen zu brennen. Auf die Frage, wo sich sein Kollege befunden hat als der Schuss gefallen ist, sagt Me., er habe sich schräg zur A-Säule beim Wohnmobil befunden, zwei, drei Meter weg, vielleicht auch vier.
Götzl sagt, Me. habe davon gesprochen, es sei ein Schuss gefallen, und fragt, ob Me. das Geräusch habe zuordnen können. Sie hätten es als Schuss identifiziert, so Me., der sei aus dem Inneren des Wohnmobils gekommen. Nach dem ersten Schuss seien sie in Deckung gegangen, dann seien die anderen zwei gefallen und das Wohnmobil habe angefangen zu brennen, und sie hätten eine Mitteilung an die Einsatzzentrale gegeben. Götzl fragt, wieviel Zeit nach dem ersten Geräusch vergangen sei. Das sei schwierig, so Me.: „Sekunden, kurze Zeitabstände, ich weiß nicht.“ Götzl fragt, wieviele Geräusche es gewesen seien. Me.: „Drei, definitiv drei.“ Götzl möchte wissen, wieviel Zeit zwischen dem zweiten und dritten Geräusch vergangen seien. Me. sagt, er habe es mit Zeiten nicht so, es sei kurz hintereinander gewesen, nicht lang, ein paar Sekunden. Götzl fragt Me., was er damit meine, wenn er sage, dass das Wohnmobil angefangen habe zu brennen. Me. sagt, er wisse nicht, ob er das als Stichflamme bezeichnen wolle, es sei gewesen, als ob etwas umgefallen wäre. Sie hätten nur die Flammen gesehen. Im linken Bereich sei ein Fenster gewesen – mittig, wenn er das recht in Erinnerung habe – dadurch hätten sie die Flammen gesehen. Es habe stark angefangen zu brennen, es sei starke Rauchentwicklung in dem Fahrzeug gewesen, und dann sei ja auch schon die Feuerwehr da gewesen. Bis dahin seien zehn Minuten oder so vergangen, so Me. auf Frage. Götzl sagt, das sei ja doch ein lange Zeit.
Götzl fragt, wie lang es nach dem dritten Geräusch gedauert habe, bis sie den Brand feststellten. Me. antwortet, entweder habe das mit dem letzten Schussgeräusch angefangen zu brennen oder kurz vorher, da sei ein zeitlicher Zusammenhang, würde er sagen. Er verneint, irgendwelche Personen gesehen zu haben. Auf der gegenüberliegenden Seite sei eine ältere Dame mit Hund gegangen und es sei der Halter des Fahrzeugs vorne gekommen, der habe das immer wegfahren wollen, das hätten sie verhindern müssen. Götzl: „Und am oder im Fahrzeug?“ Me.: „Nichts.“ Götzl fragt, was sie nach der Brandentwicklung unternommen haben, ob sie die Feuerwehr verständigt habe. Das gehe über die Einsatzzentrale, so Me, sie seien in Deckung geblieben. Die Kripo habe dann unmittelbar den Tatort übernommen, die sei fast gleichzeitig mit der Feuerwehr gekommen. Wer zuerst da war, sei schwierig zu sagen, er meine, die Kripo sei ein bisschen eher da gewesen. An Informationen hätten sie der Kripo gegeben, dass geschossen wurde, dass es brennt, mehr hätten sie ja nicht gehabt, sie hätten ihren Bericht geschrieben und das sei es dann gewesen.
Götzl möchte wissen, ob eine Differenzierung zwischen den Schussgeräuschen möglich ist. Das erste, so Me., habe sich etwas heller angehört, wolle er mal so sagen. Götzl fragt, ob es am Fahrzeug sonst irgendwelche Beobachtungen gegeben habe, Beschädigungen am Fahrzeug. Me.: „Nicht, dass ich mich erinnern könnte.“ Die Frage, ob er bemerkt habe, ob auch tatsächlich ein Schuss nach außen getreten ist, verneint Me., sein Kollege habe, glaube er, nach dem dritten ein Teil vom Dach wegfliegen gesehen, aber das habe er nicht persönlich gesehen. Auf Frage nach der Uhrzeit sagt Me., er glaube, dass es gegen 11 Uhr gewesen sei.
Götzl hält aus dem Vermerk von Me. vom 4.11.11 vor, dass im Rahmen des ersten Angriffs bekannt geworden sei, dass die Täter mit einem Wohnmobil mit dem Kennzeichenfragment V geflüchtet seien. Me. sagt, irgendwie sei dann das Kennzeichen bekannt geworden. Götzl sagt, sie hätten es ja abgelesen. Darauf sagt Me., wenn im Vermerk „Teilfragment“ stehe, dann hätten sie wahrscheinlich auch nur das gehabt. Götzl hält weiter vor, dass gegen 11.50 Uhr das Neubaugebiet Eisenach OT Stregda abgesucht worden sei, dazu seien sie die Straße An der Leite in Richtung Am Bach gefahren. Me. sagt, die Zeiten seien korrekt, wenn sie da stehen. Um 11.55 Uhr, so der Vorhalt weiter, sei ein weißes Wohnmobil Am Schafrain, Ecke An der Leite, festgestellt worden. Götzl sagt Me. habe gesagt, auf der rechten Seite. Me. bejaht das,es sei normale Fahrtrichtung gewesen, mit der Front in Richtung An der Leite. Götzl hält vor, dass zur Feststellung des Kennzeichens der Funkwagen nach vorn gesetzt worden sei, das Kennzeichen V-MK [Rest unverständlich] sei weitergegeben worden. Das sei dann abgeprüft worden, so Me., es sei aber nichts gewesen. Me. verneint, dass er da irgendwie rein sehen konnte, hinter Fahrer- und Beifahrersitz sei ein Vorhang zugezogen gewesen.
Auf die Frage, ob sonstige Geräusche oder Bewegungen wahrgenommen habe, sagt Me., Se. habe gemeint, er hätte gesehen, wie sich der Vorhang bewegte, er selbst habe nichts festgestellt. Götzl: „Und Geräusche?“ Me.: „Nein.“ Weiter heiße es im Vermerk, so Götzl, dass sie um 12.05 Uhr Geräusche aus dem inneren Bereich des Wohnmobils wahrgenommen hätten, unmittelbar danach sei ein Schuss gefallen und kurz danach ein zweiter. Götzl fragt, ob sich Me. erinnere. Me.: „Tut mir leid.“ Me. bejaht, dass sie in der Situation schon Informationen weitergegeben hätten an ihre Dienststelle, sie hätten durchgegeben über Funk, dass eben ein Schuss gefallen ist. Götzl hält weiter vor, dass nach dem Absetzen des Funkspruchs eine dritte Schussabgabe erfolgt sei, Se. habe beobachten können, dass Teile der Isolierung des Daches wegflogen, um 12.07 Uhr sei Rauch und Feuer wahrgenommen worden, ebenfalls sei Rauch aus dem Dach des Wohnmobils ausgetreten sein. Das müsse das Schussloch gewesen sein, so Me., denn es sei ja ein Loch drin gewesen. Götzl sagt, es gehe ihm einfach um Me.s Beobachtungen. Me. bestätigt, dass Se. etwas dazu gesagt habe, dass Teile der Isolierung weg geflogen sind. Götzl fragt, ob zu einem späteren Zeitpunkt oder in der Situation. Se. habe es gesagt, als sie in der Deckung gelegen hätten. Da seien sie einen Meter auseinander gewesen, unmittelbar nebeneinander.
Der Kollege, mit dem damals telefonischen Kontakt hatte, müsse Ho. gewesen sein, der am Funk gesessen habe. Zur Frage, wie es zur Feststellung der Zeiten gekommen sei, sagt Me., er werde auf die Uhr geschaut haben, teilweise werde auch in der Einsatzzentrale aufgeschrieben, wann die Meldungen reinkommen. Götzl sagt, es gehe darum, in welchem Zusammenhang welche zeitliche Feststellung von Me. getroffen wurde. Me. sagt, von der Zentrale würden die Zeiten mitgeschrieben bei den Meldungen und da werde er die Zeiten wahrscheinlich von denen bekommen haben. Dann hält Götzl aus Me.s Zeugenvernehmung vom 8.11.11 vor, dass Me. auf die Frage, ob er wahrgenommen habe, dass Dachmaterial heraus spritzte, gesagt habe, er selber nicht, er sei sofort in Deckung gegangen, hier habe er das nächste Knallgeräusch vernommen. Der erste und der zweite Schuss seien, so der Vorhalt weiter, ganz kurz hintereinander gekommen, ca. 1, maximal 2 Sekunden. Me. sagt, das könne auch ein bisschen länger, ein „paar Sekündchen“ mehr gewesen sein, sie seien so aufgeregt gewesen. Götzl hält die Aussage vor, dass Me. nach dem Absetzen des Funkspruchs einen dritten Knall vernommen habe. Me.: „Genau.“ Götzl hält vor, dass Me. auf die Frage, wann der dritte Schuss gekommen sei, gesagt habe, das habe ungefähr 3 bis 5 Sekunden gedauert. Dazu sagt Me. heute, es habe auf jeden Fall etwas länger gedauert als zwischen den ersten beiden. Götzl verliest, es habe den Knall und dann eine Art Verpuffung gegeben, anders könne Me. das nicht beschreiben, und dann seien auch schon die Flammen aus dem Dach senkrecht empor geschlagen, so dass eine regelrechte Stichflamme zu sehen gewesen sei. Das werde dann durch das Schussloch gekommen sein, erwidert Me. Er könne das heute „beim besten Willen“ nicht mehr genauer zeitlich einordnen, so Me. auf Frage.
Dann wird eine Skizze in Augenschein genommen, Me. bestätigt, dass er sie erstellt hat. Anhand der Skizze erläutert Me., wie er und Se. von oben gekommen, das Fahrzeug kurz abgestellt, das Kennzeichen abgelesen, dann zurückgesetzt und rüber gegangen seien. Ein eingezeichnetes Gebäude sei „An der Leite 8“, ein Mehrfamilienhaus, er glaube, zweietagig und mit zwei Eingängen. Außerdem seien da diese Grube und im vorderen Bereich zwei Parkplätze, wo das Fahrzeug gestanden habe, und der Müllcontainerplatz, wo sie in Deckung gegangen seien. Auf Frage zeigt Me., wo er und sein Kollege sich beim ersten Schuss aufgehalten hätten, es sei in Höhe der A-Säule, schräg versetzt gewesen, der Kollege sei ein bisschen versetzt vor ihm gewesen. Auf die Frage, wo er beim zweiten Schuss war, sagt Me., entweder seien sie schon auf Höhe des Fahrzeug gewesen oder auf dem Weg dahin. Beim dritten seien sie definitiv schon in Deckung gewesen, so Me. Im Protokoll stehe, so Götzl, als sie auf den Wohnwagen zugegangen seien, hätten sie einen lauten Knall gehört und er, Me., habe das gleich als Schuss wahrgenommen, aufgrund dieses Knallgeräusches sei er dann sofort in Deckung gegangen bei einem PKW, der an einem Haus An der Leite abgeparkt war. Er verstehe das so, sagt Götzl, dass Me. in Deckung gegangen sei vor dem zweiten Schuss. Me. sagt, zwischen dem zweiten und dritten Schuss seien sie dann auf jeden Fall in Deckung gewesen.
Götzl zitiert den Vermerk eines Kriminalbeamten Burkhard M. Erst auf Vorhalt, dass Me. und Se. gegen 9 Uhr die Dienststelle in Erfurt aufgesucht hätten und getrennt voneinander befragt worden seien, erinnert sich Me. an die Vernehmung. Da heiße es, sagt Götzl, dass Me. angegeben habe, beim ersten Knallgeräusch auf Höhe Fahrerhaus gewesen zu sein. Me. antwortet, er sei, wie gesagt, schräg zur A-Säule hin gelaufen. Weiter hält Götzl vor, dass Me. angegeben habe, er sei hinter dem PKW und Se. hinter dem Papiercontainer gewesen, das Geräusch sei vier [phon.] Sekunden nach dem ersten Geräusch gekommen, mit gezogenen Dienstwaffen habe die Funkwagenbesatzung Deckung gesucht und nach zehn bis 15 Sekunden ein weiteres Knallgeräusch wahrgenommen. Me.: „Wie gesagt, bei der Zeit möchte ich mich wirklich nicht festlegen.“ Zum Brand heiße es, so Götzl, wenige Sekunden nach dem letzten Knallgeräusch sei Qualm aus dem Wohnmobil aufgestiegen, Me. habe festgestellt dass der Vorhang nach zwei Minuten Feuer gefangen hat. Das bejaht Me. Götzl hält weiter vor, kurz darauf seien weitere Flammen im Inneren auszumachen gewesen.
Dann wird eine Luftaufnahme des Standortes des Wohnmobils mit den beiden Straßen Am Schafrain und An der Leite gezeigt. Me. sagt, er erinnere sich nicht an eine solche Aufnahme, nur an eine Grafik, die der Kollege Me. vorgelegt habe. Aber die eingezeichnete Linie sei ungefähr der Weg, den sie gelaufen seien. Das sei ein bisschen grob eingezeichnet. Zu den Kreuzen, die auf der Linie zu sehen sind, sagt Me., das links sei da, wo sie in Deckung gewesen seien, und er nehme an, dass das erste Kreuz den ersten oder zweiten Schuss markiert. Götzl: „Ja, entspricht das Ihrer Erinnerung?“ Me. sagt, da könne der zweite Schuss gefallen sein, er sei sich, wie gesagt, nicht sicher, „aber wir müssten auf dem Weg gewesen sein“. Götzl hält aus dem Vermerk vor, dass mit beiden Beamten eine Linie in das Luftbild gezeichnet worden sei und die Kreuze die Stellen markieren würden, wo Knallgeräusche wahrgenommen wurden. Me. sagt, er könne sich nicht erinnern. Auf die Frage, ob er noch wisse, wer als erstes das Wohnmobil betreten hat, sagt Me., er meine, die Feuerwehr, aber genau könne er es nicht mehr sagen. Götzl hält vor, dass Me. laut diesem Vermerk auf die Frage, ob sich alle Schüsse gleich anhörten, gesagt habe, er habe keinen Unterschied feststellen können. Me. erwidert, der erste sei ein bisschen heller gewesen, aber das sei schwierig.
Dann hält Götzl aus einem weiteren Vermerk eines anderen Beamten über ein Gespräch mit Me. vor. An das zugrundeliegende Telefonat kann sich Me. zunächst ebenfalls nicht erinnern, sagt dann jedoch: „Doch, kann möglich sein, genau.“ Götzl verliest, dass Me. laut Vermerk zur Frage, wie er und Se. herangetreten sind, gesagt habe, dass er leicht versetzt nach rechts einen halben Meter hinter Se. zum Wohnmobil gegangen sei, das erste Knallgeräusch habe er wahrgenommen, als er sich 45 Grad zur A-Säule, parallel zum Wohnmobil bewegt habe. Götzl: „Haben Sie das so formuliert?“ Me.: „Das kann möglich sein.“ Götzl hält die damalige Frage vor, welche Farbe der Sichtschutz im Wohnmobil gehabt habe, und ob er Bewegungen wahrgenommen habe. Me. sagt heute, das müsse etwas Graues gewesen sein, eine Decke oder sowas, und er persönlich habe keinen Bewegungen wahrgenommen. Götzl hält aus dem Vermerk vor, dass Me. angegeben habe, er könne zur Farbe und zu Bewegungen hinter dem Sichtschutz nichts sagen. Me.: „Richtig.“
Dann fragt Bundesanwalt Diemer, ob Me. vor Ort während seiner Wahrnehmungen eine Person in das Fahrzeug hineingehen gesehen habe. Das verneint Me., er habe keinerlei Personenbewegungen gesehen, bis auf die ältere Dame mit Hund und den Herrn, der in sein Fahrzeug wollte. Auf Frage von RA Heer sagt Me., er und sein Kollege Ha. hätten an dem Tag gleichrangig die Funktion als Dienstschichtleiter gehabt, er selbst draußen und Ha. am Funkgerät. Er sei bis zum Eintreffen der Kripo und der Feuerwehr vor Ort gewesen, vielleicht eine Stunde. Heer sagt, Me. solle die Löscharbeiten schildern. So genau habe er da nicht zugeschaut, er meine, es sei ein Löschfahrzeug gewesen, die hätten den ersten Angriff gemacht. Heer fragt, wo Me. da gestanden habe. Me. sagt, sie hätten an ihrem Fahrzeug gestanden, hinten versetzt An der Leite. Auf die Löscharbeiten habe er nicht so groß geachtet. Für sei sei der Einsatz im Prinzip beendet gewesen, der Behördenleiter sei eingetroffen und habe die Führung vor Ort übernommen. Heer fragt, was Me. denn gemacht habe, eine Stunde lang. Er habe an der Seite gestanden, so Me. Ab und zu habe er hin geschaut, sagt Me. auf Nachfrage, was er gesehen habe, könne er nicht mehr sagen, auch nicht, wo das Löschfahrzeug stand. Heer sagt, er glaube nicht, dass Me. nichts wahrgenommen habe, und fragt, was Me. beobachtet habe. Er habe beobachtet, so Me., dass die Feuerwehr das Wohnmobil gelöscht hat und dann die Kripo an das Fahrzeug herangetreten ist. Heer sagt, das sei ihm zu allgemein, Me. müsse sich anstrengen. Da seien sie auf der gegenüberliegenden Seite gewesen, daher habe er nicht gesehen, wie die Löscharbeiten angefangen haben, sagt Me.
Heer fragt, was Me.s erste Beobachtung in Zusammenhang mit der Feuerwehr war, was Me. die zehn Minuten gemacht habe bis die eintraf, was er beobachtet habe. Der Einsatzleiter der Feuerwehr, so Me., habe mit der Kripo gesprochen, dann seien sie an den Wohnwagen herangetreten und hätten begonnen zu löschen. Wie, könne er nicht sagen. Heer: „Dann fangen wir von vorne an, wie haben Sie das Eintreffen der Feuerwehr bemerkt?“ Die seien mit dem Fahrzeug angekommen, ob mit Signal und Blaulicht könne er nicht mehr sagen. Heer fragt, wie viele das gewesen seien, worauf Me. sagt, das könne er nicht genau sagen, weil er nicht drauf geachtet habe. Heer wiederholt, Me. müsse sich etwas anstrengen. Die Löscharbeiten seien relativ schnell beendet gewesen, sagt Me., die hätten fünf bis zehn Minuten gedauert, wenn überhaupt. Sie hätten an der Seite am Funkwagen gestanden und sich unterhalten, worüber könne er nicht mehr beantworten. Heer: „Ich frage sie nochmal: Wenn Sie von Löscharbeiten sprechen, folgt daraus, dass Sie etwas wahrgenommen haben. Was?“ Er habe nur gesehen, dass die angefangen haben mit den Löscharbeiten, sagt Me. Heer fragt, ob mit Schaum oder Wasser, ob an dem Wohnmobil etwas gemacht wurde, um einen Zugang zu haben. Es sei wohl die Eingangtür zum Wohnwagen aufgebrochen worden, so Me., das sei auf der von ihm abgewandten Seite gewesen. Heer: „Auf der Fahrerseite?“ Me.: „Nein, auf der Beifahrerseite ist die Tür gewesen.“ Heer fragt, ob die Feuerwehr dort den ersten Angriff gemacht habe. Me. sagt, er habe am Fenster einen Brand wahrgenommen, aber die Tür habe auf der gegenüberliegenden Seite gelegen, die für sie nicht einsehbar gewesen sei. Er wisse nicht mehr, ob es ein Trupp oder mehrere waren, so Me. auf Frage.
Die Verteidigung Zschäpe berät sich lange untereinander. Dann fragt Heer, ob er richtig in Erinnerung habe, dass Me. gesagt habe, er habe sich an sein Fahrzeug gestellt, was Me. bestätigt. Er verneint, dass das Fahrzeug bewegt wurde. Heer sagt, wenn Me. sage, rechte Seite, dann hätte er es sehen müssen. Me. sagt, das sei abgewandt, da sei die Eingangstür. Heer erwidert, Me. habe gesagt, die Feuerwehr habe den ersten Angriff auf der rechten Seite gemacht. Me. erwidert, sie hätten das nicht gesehen. Heer sagt, das könne nicht sein. Me. widerspricht: „Sicherlich.“ Götzl sagt, es handele sich vielleicht um ein Missverständnis. Heer sagt, Me. solle nochmal genau seinen Standpunkt darlegen. Bei Eintreffen der Feuerwehr seien sie noch in der Deckung gewesen, so Me., auf der abgewandten Seite der Eingangstür. Wie lang könne er nicht sagen. Er bejaht, sich zum Dienstfahrzeug hin bewegt zu haben. Dort hätten sie gewartet, ob sie gebraucht werden. Er habe unmittelbar am Fahrzeug gestanden. Heer fragt, ob Me. neben seinem Kollegen stand oder ob der auf der anderen Seite des Fahrzeugs stand. Me.: „Ich kann es nicht mehr sagen.“ RA Stahl sagt, er wolle Me. gar nicht angreifen, aber Me. müsse ein „inneres Bild“ haben und Heer habe nur wissen wollen, was Me. da sehe. Me. sagt, er könne sich nur erinnern, dass er die Seite, wo die Tür war, nicht gesehen habe. Stahl: „Und Sie standen in der Nähe des Dienstfahrzeugs?“ Me. antwortet, da hätten noch weitere gestanden, er wisse nicht, ob das seines oder das von Kollegen war.
Zu den Löscharbeiten müsse irgendein Bild vor ihm sein, Feuerwehrmänner mit Schlauch oder Löscher, so Stahl zu Me. Me. sagt, sie hätten sich da nicht darum gekümmert, weil sie mit der Kripo geredet hätten, die hätten ja auch was von ihnen wissen wollen. Es sei auch sein Vorgesetzter eingetroffen, der Inspektionsleiter, er denke nicht, dass er da so genau auf die Löscharbeiten geachtet habe. Stahl: „Sie haben halt irgendwie mitbekommen dass die Feuerwehr gearbeitet hat und Details haben Sie nicht gesehen.“ Me.: „Nein.“ Auf Frage RA Heers sagt Me. Einsatzleiter vor Ort sei sein Inspektionsleiter gewesen. Götzl sagt in Richtung Heers, das sei Erstzugriff, dann komme die Kripo: „Ich bitte Sie, das sind Sachen, die weiß jeder.“ Heer erwidert, er lasse sich doch nicht vorführen. Auf Frage sagt Me., der Inspektionsleiter sei Polizeirat Hu., und der Behördenleiter, der Kollege Menzel (52. Verhandlungstag), sei dann auch noch dazu gekommen.
RA Klemke fragt, ob Me. bei Eintreffen der Feuerwehr an oder in der Deckung gewesen sei. Me. sagt, in der Nähe, in dem Bereich. Ganz in der Deckung seien sie nicht mehr gewesen. Der PKW, hinter dem er Deckung gesucht habe, sei ein Kleinwagen gewesen, den Typ könne er nicht mehr sagen, und sie hätten dann in den Bereich der Mülltonnenstandplätze gewechselt. Auf Frage sagt Me. das sei nach dem Ausbruch des Brandes gewesen, eine Minute oder zwei. Hindernisse habe es auf dem Weg zu dem Müllplatz nicht gegeben, PKW und Standplatz hätten unmittelbar beieinander gestanden. Das müsse, so Me. auf Frage, dieselbe Deckung gewesen sein, wo vorher schon sein Kollege war, er habe da rübergewechselt. Er sei, so Me. auf Frage seitwärts nach rechts gelaufen, das Wohnmobil habe er weiter im Blick behalten, das sei ein kurzer Abstand. Er habe sich hinter den PKW gekniet auf der Beifahrerseite an der Motorhaube vorne, denn der sei vorwärts eingeparkt gewesen. Klemke sagt, Me. habe angegeben, die Feuerwehr habe die Eingangstür des Wohnmobils aufgebrochen. Das sei hinterher gesagt worden, so Me. Selbst beobachtet habe er das nicht, bestätigt Me., die Tür sei auf der abgewandten Seite gewesen, die habe er selbst nicht gesehen.
Nach der Mittagspause folgt um 14.05 Uhr die Einvernahme des Zeugen Uwe Se., Polizeibeamter bei der PI Eisenach. Se. berichtet, sie seien eingesetzt gewesen im Rahmen der Fahndung nach einem Banküberfall. Sie hätten nach dem Hinweis eines Zeugen nach einem Wohnmobil mit vogtländischem Kennzeichen Ausschau halten sollen. In der Mittagszeit hätten sie im OT Stregda ein solches festgestellt und an die Zentrale gemeldet. Dort seien Überprüfungsmaßnahmen durchgeführt worden und eine Verleihfirma sei herausgekommen. Sie hätten einen Parkplatz suchen und mal horchen sollen, ob da Personen drin sind, nicht klopfen, nur mal horchen. Als sie sich dem Fahrzeug genähert hätten, sei ein Schuss gefallen, sei seien sofort in Deckung gegangen, dann sei noch ein Schuss gefallen, nach ein paar Sekunden noch einer und dann habe das Fahrzeug angefangen zu brennen. Sie hätten die Feuerwehr angefordert, die dann nach ein paar Minuten eingetroffen sei. Dann sei auch die Kripo eingetroffen und sie seien mehr oder weniger entlassen gewesen. Kurz darauf seien der PI-Leiter und der PD-Leiter eingetroffen.
Götzl fragt, ob Se. zu irgendeinem Zeitpunkt im Bereich des Wohnmobils irgendwelche Personen gesehen habe, im Fahrzeug, um das Fahrzeug herum. Se.: „Nein, gar nicht.“ Auf die Aufforderung, die Örtlichkeit näher zu beschreiben, sagt Se., sie seinen von einer erhöhten Straße runter gefahren und da habe dann das Wohnmobil linker Hand in einer anderen Straße drin gestanden, der Einmündungsbereich sei nur wenige Meter weg gewesen, es habe ein PKW unmittelbar vor und einer hinter dem Wohnmobil gestanden. Sie hätten ein Stück weiterfahren müssen, um Einblick aufs Kennzeichen zu erhalten. Dann seien sie zurück gefahren, um eine Parkmöglichkeit zu finden und dann runter gelaufen zum Wohnmobil. Das sei in Fahrtrichtung hin zu der Straße geparkt gewesen, die sie runter gefahren seien. Götzl fragt, wo Se. und sein Kollege Me. sich beim ersten Geräusch aufgehalten haben. Se. sagt, er sei ein Stückchen vor Me. gewesen. Das sei zwei, zweieinhalb Meter vom Wohnmobil gewesen, „was so nach zweieinhalb Jahren übrig ist“. Beim zweiten Schussgeräusch sei Me. auf Höhe des PKW gewesen und er selbst fast hinter so einem Papiercontainer. Der Container habe „in Marschrichtung“ rechts gestanden, zuerst sei der PKW gewesen und dann der Container. Beim dritten Schuss seien sie hinter der Deckung gewesen. Auf Frage nach Geräuschen aus dem Wohnmobil sagt Se., gesehen habe er nichts, aber da seien Kratzgeräusche gewesen, als ob wer einen Stuhl wegschiebt. Das sei Sekunden vor dem ersten Schuss gewesen.
Zur Brandentwicklung befragt sagt Se., sie hätten gesehen, dass leichter Rauch oben aus dem Dachfenster kommt. Und dann sei drin vor dem Seitenfenster eine Decke gewesen oder ein Vorhang, der sei dann weggebrannt. Als erstes hätten sie den Rauch aus dem Dachfenster wahrgenommen und dann die Decke vor dem Seitenfenster, die weggebrannt sei. Zeitlich sei es nach dem dritten Schuss gewesen, als man das habe sehen können. Zur Frage, wie viel Zeit vergangen sei, sagt Se., das sei mehr oder weniger Sekundensache gewesen. Anhand einer in Augenschein genommenen Skizze, zu der Se. sagt, die stamme von ihm, erläutert der Zeuge den Weg, den er und Me. genommen hätten. Se. sagt, sie hätten schon von oben das Wohnmobil gesehen, hätten aber runter fahren müssen, um das Kennzeichen erkennen zu können. Dann seien sie rückwärts wieder hochgefahren, um das Fahrzeug abstellen zu können. Dann seien sie runter gelaufen und im Bogen zu diesem Wohnmobil. Die Einzeichnungen gegenüber vom Wohnmobils seien der PKW und der Papiercontainer. Das sei so ein großer Container gewesen, nicht nur ein Eimer. Zur Frage, wo er das erste Knallgeräusch wahrgenommen habe, zeigt Se. auf einen Punkt auf der Straße in der Nähe des Wohnmobils. Da seien sie gewesen, Me. nur zwei Schritte hinter ihm, so dass sie gleich in Deckung gehen konnten. Beim zweiten seien sie schon auf Höhe Motorhaube bzw. hinterer Teil des Containers gewesen. Auf Frage, wie weit das entfernt sei, sagt Se., das sei maximal zwei Meter, mehr nicht. Dann zeigt Se. auf Frage, wo sich die Türen des Wohnmobils befunden hätten.
Götzl fragt, ob Se, in das Fahrzeug schauen konnte. Se. sagt, nur Fahrer- und Beifahrerplätze, nach hinten sei der Vorhang zugezogen gewesen, sie hätten nicht rein sehen können. Auf Frage sagt Se., die Kripo sein an sich eher da gewesen als die Feuerwehr, die hätten aber noch ein bisschen oberhalb gestanden und seien fast zeitgleich vor Ort gewesen. Die Feuerwehr sei dann vorgefahren und habe gelöscht. Sie hätten sich dann mehr oder weniger zurückgezogen. Vorne an der Straße An der Leite hätten sie sich aufgehalten, kurz die Absperrung übernommen, dass da keiner durch fährt. Er verneint, von den Löscharbeiten etwas mitbekommen zu haben. Auf Frage, wer das Wohnmobil nach Eintreffen von Kripo und Feuerwehr als erstes betreten hat, sagt Se., dass sie das nicht hätten sehen können, die hätten in einer Traube drumherum gestanden, ob da jemand drin war, hätten sie nicht nicht sagen können. Götzl fragt, ob, als Se. die Geräusche gehört habe, etwas aus dem Fahrzeug ausgetreten sei. Se. sagt, der dritte Schuss, da seien im hinteren Bereich vom Wohnmobil Dachteile und Isolierung mit rausgeflogen.
Götzl bittet Se. einzuschätzen, wie langes das gedauert hat, zwischen Ankunft und dem Zeitpunkt, als Se. Brandentwicklungen wahrgenommen habe. Das seien nur wenige Minuten gewesen, so Se., genau sagen könne er das jetzt nicht mehr. Götzl hält aus dem von Me. unterschriebenen Vermerk vor, dass gegen 11.50 Uhr das Neubaugebiet Eisenach OT Stregda abgesucht worden sei, um 11.55 Uhr sei ein weißes Wohnmobil festgestellt worden. Se. sagt, es sei um die Mittagszeit gewesen, das komme ja hin. Um 12.05 Uhr, so der Vorhalt weiter, hätten sie Geräusche aus dem Inneren des Wohnmobils wahrgenommen, unmittelbar danach sei ein Schuss gefallen und kurz danach ein zweiter. Weiter hält Götzl vor, durch Se. sei gegen 12.07 Uhr beobachtet worden, dass Teile des Daches wegflogen, danach hätten sie Rauch und Feuer im Innenraum wahrgenommen. Se.: „Wie gesagt, nach wenigen Minuten.“ Götzl fragt, wie es zu den zeitlichen Einordnungen gekommen ist. Se. sagt, vom Schichtleiter werde mitgeschrieben, was durchgegeben wird, da seien Zeitangaben drin und da könne man das direkt entnehmen.
Götzl fragt zum zeitlichen Abstand zwischen den Schussgeräuschen. Vom ersten Schuss zum zweiten sei das kürzer als vom zweiten zum dritten gewesen, so Se., aber nicht im Minuten-, sondern Sekundenbereich. Zwischen fünf und zehn Sekunden, aber das sei eine vage Schätzung. Götzl hält aus einer Vernehmung von Se. vor, dass Se. dort zur Frage, in welchem zeitlichen Abstand die Schussgeräusche erfolgt seien, gesagt habe, er habe noch gar nicht richtig Deckung genommen, maximal drei [phon.] bis fünf Sekunden, da sei das zweite erfolgt. Se. bestätigt das. Nachdem sie Deckung bezogen und die Waffen gezogen hätten, hält Götzl weiter vor, sei es zum drittem Schuss gekommen, nach ca. 10-15 Sekunden. Se. sagt, das sei jetzt schwer zu sagen, nach wie vielen Sekunden. Vorhalt: Beim dritten Schuss habe er auf dem Dach im hinteren Teil die Deckenverkleidung nach oben wegfliegen sehen; er würde sagen, dass das dem dritten Schuss geschuldet gewesen sei; Me. habe ihm zugerufen, jetzt komme Qualm zum Dach raus. Se. bestätigt den Vorhalt. Auf Frage sagt Se., Flammen habe er gesehen, als der Vorhang weg war, und dann habe sich das mit Flammen erstmal in Grenzen gehalten.
An eine Befragung durch einen Kollegen vom LKA erinnere er sich, so Se. auf Frage, dass ihm ein Luftbild vorgelegt wurde, erinnere er vage, er glaube, dass der Kollege den Weg rekonstruiert haben wollte. Es wird ein Luftbild in Augenschein genommen, auf dem eine Linie und Kreuze eingezeichnet sind. Se. sagt, das sei der Weg zum Wohnmobil, das dann das Wohnmobil und hier das Mehrfamilienhaus, wo die Container gestanden hätten. Zu den eingezeichneten Kreuzen befragt sagt Se., auf der Höhe müssten der PKW und der Container gestanden haben. Götzl hält aus dem Vermerk vor, dass die Stellen, an denen ein Knallgeräusch wahrgenommen wurde, entsprechend mit Kreuz markiert worden seien. Dann müsse hier vorne noch eines sein, so Se., und zeigt auf eine Stelle im Bild. Götzl fragt, ob die Markierungen in der Aufnahme nicht Se.s Erinnerung entsprechen würde. Se.: „Nein, nicht ganz.“ Götzl verliest, dass Se. beim ersten Geräusch fast auf Höhe des Seitenfensters des Wohnbereichs gewesen sei. Se. sagt, das Seitenfenster sei unmittelbar zu der Deckung gerichtet gewesen. Beim ersten Knallgeräusch sei er im spitzen Winkel auf Richtung der A-Säule gewesen. Und der zweite sei bei der Deckung gewesen, ein Schritt habe hier gefehlt. Götzl hält vor, wenige Sekunden nach dem letzten Knallgeräusch sei Qualm aus dem Wohnmobil aufgestiegen, und dass Se. laut Vermerk berichtet habe von einer Stichflamme drei Sekunden nach dem letzten Schuss. Das könne nur die Flamme gewesen sein, die diesen Vorhang weggebrannt habe an dem Fenster, was nicht wirklich einen Stichflamme sei, so Se. Den Vermerk habe ja jemand verfasst, als sie nicht dabei waren. Götzl fragt, ob bei den Geräuschen ein Unterschied war. Se. sagt, ihm sei es so vorgekommen, als wenn das beim ersten Schuss eine andere Waffe war. Auf Nachfrage sagt Se. es sei eine andere Tonlage gewesen.
Auf Frage von RA Heer sagt Se., sie seien mit einem Mercedes Vito unterwegs gewesen. Bis die Kollegen gekommen seien, habe er kurz die Straße, die sie runter gekommen seien, abgesperrt, so Se. auf Frage, zwanzig Minuten, eine halbe Stunde lang. Heer sagt, eben habe Se. von „kurz“ gesprochen. Se. sagt, das sei ja keine lange Zeit. Heer sagt, eben habe Se. angegeben, nichts von den Löscharbeiten mitbekommen zu haben, und fragt, ob Se. nach den Absperrmaßnahmen doch mal in Richtung Wohnmobil geblickt habe. Se. sagt, er habe mal seinen Chef gefragt, ob sie sich nach „drinnen“ begeben können, und da habe der sie entlassen. Se. sagt auf Frage, es sei ein Löschwagen da gewesen, ob ein weiterer wisse er nicht, er könne auch nicht sagen, wie viele Einsatzkräfte der Feuerwehr da waren, sie seien ja da hinten auf der anderen Straße gewesen. Heer sagt, Se. habe eben bekundet, dass eine Decke oder ein Vorhang am Seitenfenster weg brannte, der Kollege Me. habe über einen Vorhang hinter Fahrersitz und Beifahrersitz bekundet. Da sei ebenfalls ein Vorhang gewesen, den am Seitenfenster habe Me. nicht einsehen können, da habe er selbst eine andere Sicht gehabt.
RAin Sturm, Verteidigerin von Zschäpe, sagt, der Kollege habe eine alte Dame mit Hund gesehen. Die habe er auch gesehen, so Se. Das sei im Prinzip zwischen dem letzten Schuss und dem Eintreffen der Feuerwehr gewesen. Er bestätigt, nach dem dritten Schuss noch in der Deckung geblieben zu sein, mindestens bis die Feuerwehr eingetroffen war. Da gebe es ja Gasflaschen drin, die explodieren könnten. Sturm: „Und die Dame mit Hund haben Sie aus der Deckung heraus gesehen?“ Se.: „Nicht nur gesehen, die habe ich da weggeschickt.“ Wohllebens Verteidigerin RAin Schneiders möchte dem Zeugen etwas vorlegen, was zuerst herausgesucht werden muss. Die Sitzung wird bis 14.48 Uhr unterbrochen. Dann wird ein Bild von dem Mehrfamilienhaus gezeigt. Se. sagt, das müsse später aufgenommen worden sein. Es folgen Bilder aus einer anderen Perspektive. Schneiders fragt, ob Se. vor der Hausecke oder dahinter war. Vor der Hausecke noch im Prinzip, so Se., die Tonne habe weiter rechts gestanden, und die anderen PKW hätten überhaupt nicht da gestanden, bloß die Tonne und der PKW, er meine, ein Opel Corsa. Die Frage, ob es ein Ereignis gegeben habe, was seinen Blick woanders hin gelenkt habe, bejaht Se., schwerpunktmäßig als die Frau mit Hund kam. Er bejaht, dass ein Mann da gewesen sei, einer der aus dem Haus kam und sein Auto wegfahren wollte, was vor dem Wohnmobil stand. Schneiders sagt, sie habe noch ein weiteres Bild gefunden und nennt die Fundstelle. Götzl unterbricht erneut, um 14.58 Uhr geht es weiter. Dann wird ein Bild gezeigt, auf dem Feuerwehrleute an der Türe zum Wohnbereich des Wohnmobils zu sehen sind und ein Polizeibeamter, wohl Se. selbst. Auf die Frage, ob er da jemanden erkenne, sagt Se.: „Ja, meine Person.“ Auf Frage sagt Se., hinter dem Papiercontainer habe er gehockt, ganz normal in der Hocke, dass man nicht oben drüber guckt. Er habe an beiden Seiten der Tonne vorbei geschaut. Schneiders sagt, der Kollege habe geschildert, dass er auch zu Se. herübergekommen sei. Se. bejaht das, das sei kurzzeitig gewesen, und dann seien sie unterhalb an der Betonwand in Deckung gegangen, hinter dem Heck des Wohnmobils die Straße runter. Da hätten sie Deckung genommen, falls Gasflaschen explodieren.
Auf Frage aus der NK bejaht Se., dass die Löscharbeiten losgegangen seien, wie sie noch in Deckung gewesen seien. Das sei aber schnell gegangen, so Se., die seien vorgefahren, Schlauch raus, und hätten angefangen zu löschen. Der NK-Vertreter fragt, auf dem Bild, was man gerade gesehen habe, sehe es ja doch so aus, als ob sich Se. kümmere. Das sei, wie sie aus der Deckung gekommen seien, so Se. Auf die Frage, ob die Feuerwehr wusste, dass geschossen worden war, sagt Se., das wisse er nicht, sie hätten rein gemeldet, dass da geschossen wird, und der Schichtleiter habe ja die Feuerwehr informiert. Auf Frage von RA Klemke sagt Se., wegen der Deckung seien vielleicht zwischen sieben und zehn Meter die Straße hoch gelaufen, aber das sei jetzt geschätzt. Klemke will wissen, wann genau sie die Deckung gewechselt und hinter die Betonmauer seien. Das müsse gewesen sein, als das Dach zu brennen begonnen habe, als das ganze „beträchtliche Ausmaße“ angenommen habe. Die Mauer sei nicht besonders hoch, so Se. auf Frage, aber es sie die einzige Möglichkeit gewesen. Sie hätten da mehr oder weniger gekniet, um komplett zu verschwinden, falls da irgendetwas explodiert.
Um 15.02 Uhr folgt die Vernehmung des Waffensachverständigen Nennstiel (zuletzt 89. Verhandlungstag). Götzl sagt, es gehe nochmal um die Thematik, ob Munition, Projektile, Hülsen in den Fällen zwei bis neun aus den sichergestellten Waffen verschossen wurden. D.h. es geht nochmal um den Vergleich der sichergestellten Munition mit Beschussmunition. Nennstiel sagt, er habe eine Power-Point-Präsentation mitgebracht und beginnt anhand der an die Wand geworfenen Präsentation noch einmal die Schritte der Waffenidentifizierung darzulegen. Er sagt, in den vergangenen Gutachten habe er den Nachweis, dass mit dieser Waffe die Taten begangen wurden, besprochen, jetzt fange er früher an: „Die Waffe ist noch nicht da.“ In den neun Fällen zwischen 2000 und 2006 sei Tatmunition verschiedener Straftaten eingesandt und anhand der Systemmerkmale eine Pistole Ceska 83 festgestellt worden. Das sei keine Identifizierung, sondern eine Systembestimmung. In zwei Fällen habe es eine weitere Tatwaffe gegeben, eine Pistole 6,35, bei der sie nicht in der Lage gewesen seien, ein bestimmtes System festzulegen. Schlussendlich seien die Waffen dann im Brandschutt n Zwickau gefunden worden.
Es fange immer mit Munition an, die an den Schusswaffenerkennungsdienst geschickt wird. Das sei immer so, bei allen Schusswaffenstraftaten. Die Regelung sei in Deutschland so, dass die Munition von allen Taten zentral beim BKA ausgewertet wird. Die Ergebnisse würden dann über das zuständige LKA an die ermittelnde Dienststelle gehen. Und die Munitionsteile würden in der Zentralen Munitionssammlung aufbewahrt, so lange bis die Munition einer Pistole zugeordnet werden kann. Zunächst werde die Zahl der am Tatort verwendeten Waffen bestimmt, dann werde versucht, das Munitionsfabrikat zu bestimmen. Dann gehe es um die Schusswaffensystembestimmung, das Fabrikat und das Modell der Waffe. Dann werde ein Vergleich mit eingelagerten Munitionsteilen anderer Straftaten durchgeführt: „Wurde am Ort A dieselbe Waffe verwendet wie am Ort B?“ Weil die Waffe in der Regel nicht vorhanden sei, werde die Munition in der Zentralen Munitionssammlung aufbewahrt und eine Sammlungsnummer vergeben.
Dann geht Nennstiel zu den Systemmerkmalen über. Wenn man in einen Lauf blicke, sehe man die gewundenen Züge und Felder. Daraus abzuleiten seien die sogenannten Systemmerkmale an Waffenläufen: das Kaliber, wie viele Felder und Züge der Lauf hat, ob sie nach rechts oder nach links geneigt sind, die Drallrichtung, die Felderbreite und den Winkel, wie diese Felder und Züge geneigt sind. Bei Hülsen gebe es noch eine ganze Reihe weiterer Systemmerkmale. Beim Verfeuern einer Patrone verblieben noch sehr viele Merkmale auf der Hülse, die erlauben, das Fabrikat und den Typ einer Waffe zu bestimmen. Nennstiel spricht von Spuren des Auswerfers, des Schlagbolzens, Bearbeitungsspuren des Stoßbodens. Man habe Spuren und schließe auf die Waffe.
Nennstiel sagt, er habe in den Akten Angaben der Herstellerfirma der Ceska 83 gefunden. Diese gebe an, zwischen 1983 und 1992 ca. 100.000 Stück der Waffe und von 1992 bis 2000 55.000 bis 60.000 Stück der Waffe hergestellt zu haben. Die Fertigung erfolge in Einzellosen, je nach Bedarf stelle der Hersteller ein gewisses Kontingent her und verkaufe die, bis sie weg sind. Und dann werde ein neues Los produziert. Die Waffen würden dann dann identisch aussehen, aber intern könne es doch Unterschiede geben von einem Los zum anderen. Es gebe Variationen, weil diese 100.000 Stück nicht an einem Stück, sondern in kleinen Portionen produziert werden. Diese Variationen würden sich in den Waffenspuren widerspiegeln. Bei einer Folie zu Systemspuren auf Hülsen der Ceska 83 spricht Nennstiel von Stoßbodenspuren und sagt, man sehe hier das übliche Bild, das eine Ceska 83 hinterlässt. Es gebe aber eine Variante, die sei hier von besonderer Bedeutung: nämlich solche bogenförmigen Spuren, die sich dann auch bei der Tatwaffe gezeigt hätten.
Bei der Tat am 9.9.2000 [Mord an Enver Şimşek] gebe es zwei Waffen. Vom Kaliber 6,35 eine Hülse und zwei Geschosse der Firma Sellier & Bellot, und vom Kaliber 7,65 fünf Hülsen und vier Geschosse, der Firma PMC aus Südkorea. Beim Kaliber 7,65 sei nach Methode der Systembestimmung eine Ceska 83 als Tatwaffe bestimmt worden, beim Kaliber 6,35 habe kein System festgestellt werden können. Dann sei ein Sammlungsvergleich vorgenommen worden und kein Zusammenhang mit vorausgehenden Taten festgestellt worden. Beim zweiten Fall am 13.6.2001 [Mord an Abdurrahim Özüdoğru] sei eine einzige Waffe verwendet worden, es seien zwei Hülsen und zwei Geschosse 7,65 festgestellt worden, wieder Fabrikat PMC, wieder Ceska 83. Und beim Vergleich mit vorhergehenden Straftaten sei eine Spurenübereinstimmung festgestellt worden zu den Hülsen aus dem Fall Şimşek. Beim Vergleich mit der Tatmunitionssammlung würden die Tatzusammenhänge klar, auch ohne dass man die Tatwaffe hat. Nennstiel: „Das ist das Prinzip.“ Wenn man sich mal die ganze Mordserie anschaue, dann gebe es drei Zusammenhänge bei der Waffe 6,35: 9.9.2000 in Nürnberg, 27.6.2001 in Hamburg [Mord an Süleyman Taşköprü], da sei jeweils dieselbe Waffe verwendet worden, und der dritte Zusammenhang sei die Sicherstellung von Munitionsteilen einer Hülse aus dem Brand in Zwickau, die spurenidentisch mit den beiden Taten sei. Wenn man sich auf die Hülsen des Kalibers 7,65 konzentriere gebe es fünf Tatzusammenhänge: Şimşek, Özüdoğru, Rostock [Mord an Mehmet Turgut], Dortmund [Mord an Mehmet Kubaşık] und 24 [phon.] Hülsen aus dieser Tatwaffe im Brandschutt in Zwickau.
Zu einer Folie mit Stoßbodenspuren sagt Nennstiel, das sei ein Beispiel. Auf diese Art und Weise könne man die Zusammenhänge, dass diese Hülsen alle aus derselben Waffe stammen, beweisen. Nun gehe es um die Tatzusammenhänge der Geschosse aus der 7,65 Browning. Das seien eben diese neun Straftaten und ein Fund aus dem Brandschutt Zwickau. Aufgrund der Geschossuntersuchung sei es eindeutig, dass es immer dieselbe Waffe war. Zu einer Folie sagt Nennstiel, als Beispiel sehe man hier wieder eine Rasterelektronenaufnahme. Aufgrund der Verfeuerungsspuren gelinge dieser Nachweis. Dann geht es um die Frage, wie man auf den Schalldämpfer gekommen sei. Die Verwendung eines Mündungsvorsatzes sei offensichtlich gewesen aufgrund der Untersuchung eines Geschosses, das am Tatort in Dortmund sichergestellt wurde. Da habe es eine silberfarbene Anhaftung gegeben. Die sei untersucht worden mit dem Ergebnis, dass es sich um Aluminium handelt. Daraufhin seien retrograd die zurückliegenden Fälle auch nochmal untersucht worden und da habe man, was zunächst nicht aufgefallen sei, bis zum Fall Rostock zurück ebenfalls Alumuniumanhaftungen gefunden, allerdings nicht im Ausmaß vom Fall Dortmund. Das Vorhandensein dieser Anhaftungen sei zufallsbedingt. Die Aluminiumanhaftung sei aber immer an derselben relativen Position auf der Geschossoberfläche. Das bedeute, dass die Anhaftung nicht durch Zielkontakt erklärbar sei. Sie müsse durch einen Mündungsvorsatz entstanden sein. Der üblichste Mündungsvorsatz sei der Schalldämpfer. Und es habe den Hinweis gegeben, dass sich Ceska-Waffensysteme mit Schalldämpfer auf dem Markt befanden. Der Mündungsvorsatz selbst sei allerdings nicht identifizierbar. Und aus dem Fehlen einer Aluminiumanhaftung könne man wiederum nicht auf die Nichtverwendung eines Schalldämpfers schließen.
Nun wolle er zu der so genannten „Luxik-Serie“ übergehen, so Nennstiel. Die Frage sei gewesen, ob die Aussage „Ceska 83“ noch präzisiert werden könne. Da seien zum einen diese bogenförmigen Stoßbodenspuren ein wichtiger Anhaltspunkt gewesen. Das sei bei der Ceska 83 bekannt, aber doch im geringeren Umfang. Bei den Munitionsteilen in ihrer Sammlung seien weit überwiegend parallele Stoßbodenspuren festgestellt worden. Bogenförmige Spuren seien also eine seltene Feststellung. Außerdem sei eine Variation der Felderbreiten auf dem Geschoss um 0,2 mm festgestellt worden von 1,2 bis 1,4 mm. Das sei außergewöhnlich, denn bei anderen liege diese Varianz bei 0,1 mm. Ein weiteres Indiz sei der Schalldämpfer: der Lauf müsse länger sein, eine Aufschraubmöglichkeit haben. Es hätten keine Anhaltspunkte für eine Veränderung oder eine Bastelarbeit eines Waffenliebhabers vorgelegen. Also seien sie davon ausgegangen, das es sich um eine industriell hergestellte Ceska 83 handeln müsse, mit Schalldämpfermöglichkeit und mit seltenen Stoßbodenspuren. Herr Pfoser (zuletzt 83. Verhandlungstag) habe daraufhin eine große Anzahl an Ceska-Waffen untersucht. U.a. habe es neun Pistolen aus Beständen des MfS [Ministerium für Staatssicherheit, DDR] gegeben, zum Teil mit verlängertem Lauf für Schalldämpferaufnahme, und es habe noch aus der „Luxik-Serie“ 14 Waffen gegeben, die man ihnen besorgt habe, die einen verlängerten Lauf und die Aufnahmemöglichkeit für einen Schalldämpfer hatten.
Es folgt eine grafische Darstellung der Waffennummern, aufsteigend von links nach rechts, wobei links die Nummern der MfS-Waffen stehen. Ganz links die MfS-Waffen hätten einen verlängerten Lauf, so Nennstiel, aber vertikale Stoßbodenspuren, würden also nicht in Betracht kommen. Auch im grünen Feld sehe man nur Waffen mit geraden Stoßbodenspuren, die würden schon vom System her nicht in Betracht kommen. Nennstiel sagt, er konzentriere sich mal hier auf den engeren Bereich. Dort seien die Waffennummern 34620 bis 34650 [phon.], das seien 30 Waffen, sie hätten fünf Musterwaffen ohne Schalldämpfer, aber mit Stoßboden mit Bogenspuren, aber einer Laufweite zwischen 1,25 und 1,35 mm. Die würden nicht in Betracht kommen. Bei den 14 Luxik-Waffen würden alle Merkmale zutreffen, die sie auch bei der Tatwaffe festgestellt hätten. Die seien mit Schalldämpfer, hätten bogenförmige Spuren und Läufe mit 1,2 bis 1,4 mm. Bei den darüber liegenden Waffennummern gebe es wieder vertikale Stoßbodenspuren. Nennstiel: „Langer Rede kurzer Sinn“: Bei den untersuchten Waffen Ceska 83 seien die 14 Luxik-Waffen von dem Waffensystem her der Tatwaffe, am ähnlichsten – nicht nur am ähnlichsten, es würden alle Systemmerkmale mit der Tatwaffe übereinstimmen. Das habe sie zu der Aussage geführt, dass es durchaus sein könne, dass die Waffe eine Waffennummer kleiner als 34680 [phon.] haben könne. Das sei kein Beweis, man habe ja nicht ganze Produktionskette, aber es sei ein guter Indikator gewesen, der sich später ja auch bewahrheitet habe.
Es habe also eine gute Idee über die Waffennummer gegeben, obwohl die Tatwaffe noch gar nicht bekannt war. Zu einer Folie sagt Nennstiel, man sehe ein Bild der Stoßbodenspuren auf einer Hülse. In der Zentralen Tatmunitionssammlung würden 92 Prozent aus der Ceska 83 diese parallelen Spuren tragen und nur 8 Prozent gebogene Spuren. Das sei also die Aussage gewesen: Die Tatwaffe könnte aus dem Luxik-Sortiment stammen und die Waffennummer kleiner als 34680 [phon.] sein. Eine weitere Untersuchung habe sich auf eine mögliche Auffangvorrichtung erstreckt. Denn am ersten Tatort seien fünf Hülsen und vier Geschosse gefunden worden, dann meist keine Hülse mehr oder ab und zu mal eine. Bei den neun Morden unter Verwendung der Ceska 83 seien mindesten 27 Schüsse abgegeben, aber nur neun Hülsen gefunden worden. Das sei kein Zufall, sondern habe System. Weiter sei ein Plastiktütenfragment gefunden worden beim Mord in München am 15.6.2005 [Mord an Theodoros Boulgarides], sie hätten beim Mord in Rostock ein Hülse gefunden, die von einem Geschoss getroffen wurde, und in Dortmund seien stark beschmauchte Hülsen gefunden worden. Und später sei die Ceska in einer Plastiktüte aufgefunden worden. Zu einer Folie sagt Nennstiel, das sei aus Rostock, da habe ein Geschoss die Hülse deformiert, das Projektil dazu sehe man hier, es sei zerlegt, ein Stück des Mantels sei abgerissen. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass der Schuss zufällig die auf dem Boden liegende Hülse trifft. Sehr viel wahrscheinlicher sei es aber, wenn sich die Hülse in derselben Plastiktüte ganz nah an der Laufmündung befindet und beim Schuss durchgewirbelt wird. Zu einer Folie sagt Nennstiel, man sehe hier die Ceska in einer geschmolzenen Plastiktüte. Letztendlich habe man auch die entfernte Waffennummer auf der Ceska 83 wieder sichtbar machen können, es sei die 034678, also eine Waffe aus der Luxik-Serie.
Zuletzt verliest NK-Vertreterin RAin Basay eine Erklärung zur Aussage von Jürgen He. (112. Verhandlungstag). He. habe angeben, dass Böhnhardt vor seinem Untertauchen nicht nur ihm, sondern auch anderen Personen gegenüber von seinen Vernichtungsphantasien gegenüber Migranten gesprochen habe. Die Angeklagten Zschäpe, Wohlleben und Gerlach hätten Böhnhardt sehr viel näher gestanden als He., weshalb es nicht vorstellbar sei, dass diese von der Einstellung Böhnhardts nichts gewusst und sie nicht auch geteilt haben, da sie zusammen mit ihm in der KS Jena und im THS aktiv gewesen seien. He. habe weiter bekundet, dass er nicht nur seine Wohnung zur Lagerung des „Pogromly„-Spiels zur Verfügung gestellt und beim Einbruch in die Wohnung von Zschäpe Schmiere gestanden habe, sondern auch Nachrichten weitergeleitet und Kurierfahrten übernommen habe. Eine Tüten mit CD-Hüllen und Anziehsachen habe er an einen Mann übergeben, der einen türkisfarbenen Opel Corsa oder ein ähnliches Modell gefahren, mit wahrscheinlich Z-Nummernschild gefahren habe,. Die Zahl der Neonazis aus Zwickau oder Chemnitz, die in der fraglichen Zeit einen türkisfarbenen Opel Corsa fuhren, sei wohl nicht so hoch sein, sei aber nie ermittelt worden.
Ende 1998 habe er von Wohlleben einen Beutel bekommen, den er einem ihm unbekannten Mann übergeben hätte. Mit dem Wissen von heute denke er, er könnte vielleicht eine Waffe übergeben haben. Der Zeuge habe in der Hauptverhandlung offensichtlich versucht, den Angeklagten Wohlleben zu schützen. Auf Nachfrage habe He. einräumen müssen, dass es ihm in Anwesenheit von Wohlleben schwer falle, Angaben zu machen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass He. schon 1998 zumindest geahnt habe, dass in dem Päckchen eine Waffe war. Anders sei das komische Gefühl nicht zu verstehen, dass He. nach der Übergabe gehabt habe, aber auch nicht seine anschließende Mitteilung an Wohlleben, er werde keine weiteren Kurierfahrten übernehmen. Wenn sich in dem von dem Zeugen übergebenen Päckchen tatsächlich eine Waffe befunden habe, wäre dies die dritte Waffe, die über Wohlleben an das Trio geliefert worden ist, so Basay. Der Umstand, dass laut He. telefonische Nachrichten an von He. Wohlleben weiter geleitet wurden und dass manche Nachrichten auch persönliche Treffen zwischen dem Trio und Wohlleben betrafen, zeige erneut die zentrale Stellung, die Wohlleben bei der Organisation des Untergrundes für das Trio einnahm.
Außerdem habe He. angegeben, in seiner Militärzeit 1999 vom TLKA befragt worden zu sein. Es sei ihm gesagt worden, dass man von seinen Kurierfahrten wissen und auch die Übergabe in der Felsenkellerstraße beobachtet worden sei. Obwohl der Zeuge daraufhin diese Tätigkeiten den Beamten gegenüber zugab, sei kein Strafverfahren eingeleitet worden. Die Spur von He. hätte also zum Trio geführt. Mit der Begündung, er sei ein möglicher Anrufer bei He. sei eine TKÜ von bei einem Siegfried Sch. geschaltet worden, der in der Altchemnitzer Straße 16 im Nachbarhaus der Wohnung wohnte, die Carsten Ri. für das Trio angemietet hatte. Es läge daher der Verdacht nahe, dass das sächsiche LfV fälschlicherweise Sch. für einen Unterstützer hielt, und Aufenthalt des Trios in der Altchemnitzer Straße 12 kannte.
Der Verhandlungstag endet gegen 15.40 Uhr.
Das Blog „NSU-Nebenklage“:
„Die Nebenklage beantragte (…) die Sicherstellung des Pullovers, weil dieses Motiv in Zusammenhang mit der Teilnahme des Angeklagten am NSU-Prozess eine inhaltliche Stellungnahme darstellt und deutlich macht, dass der Angeklagte Eminger bewaffnete Aktionen verherrlicht. Dass sich Eminger in dieser Art im Prozess präsentiert, zeigt, dass er die Morde des NSU gut heißt und weiterhin Morde als Mittel des politischen Kampfes für richtig und legitim hält. (…) Es wird zu prüfen sein, ob das öffentliche Tragen des Pullovers auch einen Straftatbestand erfüllt. Der Sachverständige (Heiderstädt) (…) stellte neben der genauen Todesursache dar, dass in den Atemwegen und Lungen der beiden Toten keine Rauchpartikel und in der chemisch-toxischen Untersuchung keine Hinweise für das Einatmen von Rauch festgestellt werden konnte. Nach der Erfahrung des Sachverständigen wären solche Spuren dann zu erwarten gewesen, wenn die beiden Toten noch eingeatmet hätten, als das Wohnmobil in Flammen stand. (…) Der Waffensachverständige stellte nochmal klar, wie vor Aufdeckung der NSU-Täterschaft festgestellt wurde, dass bei den Morden dieselbe Pistole Marke Ceska mit Schalldämpfer verwendet wurde.“