An diesem Verhandlungstag ging es ausschließlich um Vernehmungen des Zeugen Anton Peter Germann durch die Schweizer Polizei in den Jahren 2007, 2008 und 2009, also vor der Selbstenttarnung des NSU. In den Vernehmungen hatte Germann noch abgestritten, mit einem auf ihn lautenden Waffenerwerbsschein bei der Firma Schläfli & Zbinden Ceska 83-Waffen besorgt zu haben. Dies räumte Germann erst bei Vernehmungen im Jahr 2012 ein.
Zeugen:
- Christian Ma. (Schweizer Polizist, Vernehmungen von Anton Peter Germann 2007 und 2008, Ceska)
- Patrick Ry. (Schweizer Polizist, Vernehmung von Anton Peter Germann 2009, Ceska)
Der Verhandlungstag beginnt um 9.51 Uhr. Anwesend ist als Nebenkläger heute der Bruder des am 25. Februar 2004 in Rostock ermordeten Mehmet Turgut. Erster Zeuge ist der Schweizer Polizist Ma. aus Steffisburg bei Thun, der Anton Peter Germann auf Ersuchen des BKA am 16.8.2007 und am 8.7.2008 vernommen hat. Auf Frage sagt Ma., es sei der Auftrag über Bern gekommen, Germann „zwecks Beschaffung von zwei oder drei Waffen einzuvernehmen“. Am 16.8.2007 sei Germann sei im Büro erschienen und er habe Germann auf die rechtlichen Vorschriften aufmerksam gemacht über die Einvernahme. Zur Frage nach der Protokollierung sagt Ma., er habe jede Frage gleich geschrieben und die Antwort auch gleich geschrieben.
Richter Götzl fragt nach dem Inhalt der Vernehmung. Ma. antwortet, das sei sei ziemlich lange her, genaue Details könne er leider nicht mehr sagen: „Das was geschrieben ist, entsprach damals den gemachten Aussagen.“ Götzl sagt, er wolle trotzdem zum Inhalt kommen, und fragt, um welche Punkte es ging. Es sei darum gegangen, so Ma., dass Germann einen Erwerbsschein für zwei Waffen beantragt und erhalten habe. Wie der Weg dann gewesen sei, dazu habe Germann nichts sagen können oder wollen. Germann habe auch erwähnt, dass er schwere Krankheiten erlitten habe und er sich dadurch nicht an alles erinnern könne. Es sei sein Eindruck gewesen, dass das ein bisschen vorgeschoben war. Auf die Frage, aufgrund welcher Umstände diese Eindruck entstanden ist, sagt Ma., er habe bei der Einvernahme manchmal das Gefühl gehabt, dass bei manchen Fragen ein gewisses Achselzucken feststellbar gewesen sei bei Germann. Zu diesen Waffenerwerbsscheinen habe Germann, soweit er sich erinnere, gesagt, dass sie irgendwie verlustig gegangen seien, wie und wo und wann habe Germann nicht sagen können oder wollen. Zu der Frage, ob er Waffen erworben hat, habe Germann soweit er (Ma.) wisse, er gesagt, „ich habe keine Waffen selber gekauft“. Götzl fragt, welche Informationen Ma. zu dem Vorgang hatte. Bern habe erklärt, so Ma., dass mit diesem Erwerbsschein Waffen erworben worden seien, aber Details seien ihm nicht mehr bekannt. Das sei 1996 oder 1997 gewesen.
Götzl fragt nach weiteren Erinnerungen an das Verhalten Germanns. Nach der ersten und der zweiten Einvernahme habe er Germann außerhalb des Protokolls gefragt, so Ma., ob er nun die Wahrheit gesagt habe. Da habe Germann auch nur mit so einem Achselzucken geantwortet, gesagt habe er nichts. Auf Frage sagt Ma., Germann sei damals in Steffisburg wohnhaft gewesen. Von Germann sei ihm sonst nichts bekannt gewesen. Götzl sagt, Ma. habe von Auskunftsperson, aber auch von Beschuldigten gesprochen in Bezug auf den Status von Germann. Ma. sagt, das sei damals nach dem alten Strafverfahren gewesen, er habe das falsch ausgedrückt. Sie hätten Germann nicht als Beschuldigten vernommen, sondern als „Auskunftsperson“. Götzl hält aus dem Protokoll vor, dass es um eine „Widerhandlung“ gegen das Waffengesetz im Jahre 1996 gehe. Dann stehe da noch die Bemerkung, dass Germann im Jahr 1996 ein oder zwei Waffenerwerbsscheine beantragt und erhalten habe, auf Gesuch des BKA Wiesbaden werde Germann nun zum Waffenerwerb befragt. Diese Informationen zum Jahr habe er vom Berner Waffenbüro bekommen, so Ma. Götzl sagt, nach den Daten von Germann stehe da, dass Germann über seine Rechte gemäß StrV belehrt worden sei und fragt, um welche Belehrung es gehe. Dass die Aussage, wenn er eine macht, der Wahrheit entsprechen muss, oder er die Aussage verweigern kann, so Ma. Götzl hält die Frage vor, ob Germann sich soweit gesund fühle, dass er antworten kann. Wenn das so geschrieben stehe, sei es so gewesen, sagt Ma. Germann habe gesagt, er fühle sich imstande.
Götzl wendet sich an Zschäpes Verteidiger RA Stahl, es gebe hier nichts zu lachen. Stahl erwidert, der Zeuge habe gesagt, dass er sich nicht erinnern kann, und Götzl frage dann weiter. Götzl wendet sich wieder dem Zeugen zu und hält den Satz vor, dass sich Germann trotz schwerer Erkrankungen fähig fühle, Antworten zu geben. Wenn es geschrieben sei, dann sei es so gewesen, sagt Ma. dazu. Auf die Frage, ob es richtig ist, dass Germann im Jahr 1996 ein oder zwei Waffenerwerbsscheine erhalten hat, habe Germann, soweit er wisse, gesagt, dass er zwei erhalten hat. Vorhalt: Soweit sich Germann noch erinnere, habe er wahrscheinlich zwei Scheine beantragt und auch erhalten, er habe sich bei der Gemeindepolizei Steffisburg erkundigt, den genauen Ablauf könne er nicht mehr sagen, schlussendlich habe er wahrscheinlich zwei erhalten. Ma. bestätigt den Vorhalt. Götzl fragt, was Germann auf die Frage, wo er gegebenenfalls die Waffen erworben hätte, geantwortet habe. Da habe Germann einige Waffengeschäfte genannt, aber er könne es nicht mehr sagen, so Ma.
Vorhalt: Germann wolle anfügen, dass er infolge von Arbeitsplatzverlust keine Waffen gekauft habe; er sei außerdem an Krebs erkrankt [Götzl zählt verschieden Krebserkrankungen auf]; er sei geheilt worden, es gehe ihm den Umständen entsprechend gut. Wenn es so da stehe, dann habe Germann es so gesagt, antwortet Ma. Vorhalt: Sein Gedächtnis habe aufgrund der Behandlung stark gelitten, deswegen könne er nicht mehr sagen wann, mit Sicherheit könne er aber noch sagen, dass er keine Waffen gekauft habe. Ma. sagt, auch das dürfte so stimmen. Götzl fragt, ob Germann das Protokoll nochmal durchgelesen hat. Ma. sagt, bevor es unterschrieben werde, werde es immer durchgelesen. Vorhalt: Gemäß den Abklärungen von Alexander B. von der Verwaltungspolizei Bern habe Germann von der Firma Schläfli & Zbinden (47. Verhandlungstag) zwei Waffen erhalten. Darauf hin habe Germann, so der Vorhalt weiter, gesagt, er kenne Waffengeschäfte in Thun, Erlenbach [phon.] und Wichtrach [phon.], die Firma Schläfli & Zbinden in Bern kenne er nicht, es sei für ihn nicht logisch, dass er Waffen in einem Geschäft kaufe, das er nicht kenne. Vorhalt: Er verneine ausdrücklich, mit dem Waffengeschäft Schläfli & Zbinden jemals Kontakt gehabt zu haben. Zu den Vorhalten sagt Ma., auch das dürfe so stimmen. Götzl hält die Frage vor, wie es sich denn damit verhält, dass mit Germanns Waffenerwerbsscheinen zwei Waffen gekauft worden sind. Er könne heute nicht mehr sagen, was Germann dazu gesagt hat, so Ma. auf Frage. Vorhalt: Germann könne nur vermuten, dass diese Erwerbsscheine verloren gegangen seien, er könne es sich aber fast nicht erklären, wie sie abhanden gekommen sein können. Götzl: „Sie nicken?“ Ma.: „Auch das muss stimmen, wenn das da so steht.“ Götzl sagt, dann habe Ma. Germann laut Protokoll vorgehalten, dass der Käufer sich habe ausweisen müssen, demnach müsse davon ausgegangen werden, dass der Käufer die Waffen auf Germanns Namen gekauft hat. Vorhalt der Antwort von Germann: „Aus meiner Sicht muss das klar so gewesen sein.“ Auch dazu sagt Ma., das dürfe so stimmen. RA Stahl sagt, angesichts der bisherigen Befragung und der Vorhalte, mit denen sich Götzl erkennbar zufrieden gebe, beanstande er die weitere Befragung und weitere Vorhalte. Das sei kein Vorhalt, sondern die Verlesung des Protokolls. Es folgt eine juristische Debatte um den Vorhalt im Strafprozess, an der sich neben Stahl und Götzl auch Wohllebens Verteidiger Klemke, Bundesanwalt Diemer und Emingers Verteidiger Kaiser beteiligen. Stahl verlangt einen Beschluss.
Nach einer Unterbrechung verkündet Götzl um 10.43 Uhr den Beschluss, dass der Vorhalt zulässig ist. Der Zeuge habe sich auf Vorhalte an Äußerungen erinnern können. Es sei abzuklären, ob er sich nach Vorhalt an weitere Details erinnern kann. RA Stahl entgegnet, man müsse zwischen Vorhalt und Verlesung einen Unterschied sehen, sonst könne man das Verlesungsverbot umgehen. Darauf sagt Götzl, hier sitze aber nicht die verhörte Person als solche, nicht Germann, bei § 253 gehe es darum, dass nur nur nach den Fragen die Verlesung des Protokolls als solches möglich wäre. RA Kaiser sagt, es gebe Grenzen der Vorhalte, wenn der Zeuge über keinerlei Gedächtnis mehr verfüge. Und die Antworten von Ma. seien immer gewesen: „wenn es da so steht, wird es so gewesen sein“.
Götzl fährt mit der Befragung fort. Götzl hält nochmal die Stelle vor, dass sich der Käufer der Waffen sich habe ausweisen müssen. Dazu habe Ma. gesagt, dass das so stimmen dürfe. Ma. sagt, er könne nicht mehr jedes einzelne Detail erinnern. Götzl fragt zur Äußerung Ma.s: „Das dürfte so stimmen.“ Ma. sagt, wenn es so geschrieben stehe, dann sei das damals so gewesen. Ma. bejaht, nach jeder Frage und Antwort sei gleich geschrieben worden. Auf die Frage, ob bei dieser Vernehmung die Protokollierung wortwörtlich erfolgt ist, sagt Ma., dass die wortwörtlich sein sollte. Jede Antwort werde vorgelesen und erst wenn der Zeuge einverstanden sei, gehe es zur nächsten Frage. Götzl hält die Frage vor: „Haben Sie noch weitere Aussagen zu machen?“ Ma. sagt, Germann habe noch weitere Angaben gemacht, aber an Details könne er sich nicht mehr erinnern. Es sei um den Erwerbsschein und den Waffenerwerb selber gegangen. Vorhalt: „Ich muss nochmal klar erwähnen, dass ich keine Waffen gekauft habe.“ Ma.: „Das stimmt, ja.“ Götzl: „Haben Sie da noch eine Erinnerung?“ Ma.: „Dass er das gesagt hat, das weiß ich noch.“ Vorhalt: Germann gehe davon aus, dass er die Waffenerwerbsscheine verloren habe oder die ihm gestohlen worden seien. Das wisse er noch mit dem „gestohlen“, dass Germann das gesagt hat, so Ma. Vorhalt: Wegen der schweren Erkrankungen habe er, Germann, doch Gedächtnislücken. Ma.: „Das kann stimmen.“ Vorhalt: Hätte er, Germann, den Verlust bemerkt, hätte er die nötigen Schritte in die Wege geleitet und sie sperren lassen. Es könne sein, dass Germann das gesagt hat, so Ma., aber zu diesem Detail könne er nichts mehr sagen. Vorhalt: Germann sei überzeugt gewesen, dass sich die Scheine noch in ihren Unterlagen befinden müssen. An diese Angaben könne er sich nicht mehr erinnern, so Ma. Vorhalt: Er, Germann, nehme jedoch zur Kenntnis, dass anscheinend mit seinen Waffenerwerbsscheinen Waffen gekauft worden sind. Auf Frage sagt Ma., der Befragte hat Gelegenheit, das Protokoll durchzulesen, Änderungen zu verlangen. Ob von Germann Änderungen vorgenommen wurden, könne er nicht mehr sagen, es würde aber normalerweise Niederschlag im Protokoll finden. Götzl sagt, da stehe „Selbst gelesen und bestätigt – Anton Peter Germann“ und es folge eine Unterschrift. Ma.: „Das ist der normale Ablauf, ja.“ Auf Frage, ob er noch etwas zu dieser Vernehmung zu berichten habe, erzählt Ma. nochmal von dem Achselzucken Germanns auf die Frage, ob er die Wahrheit gesagt hat. Götzl: „Haben Sie nachgefragt, was das bedeutet, wenn er mit den Achseln zuckt?“ Ma.: „Ja, ich habe nachgefragt, er hat aber nichts gesagt.“
Dann fragt Götzl zur Vernehmung am 8.7.2008. Die habe nach normalem Ablauf stattgefunden, so Ma., Germann sei eingeladen worden und in seinem Büro sei die Einvernahme erfolgt. Es sei noch einmal um die gleiche Angelegenheit gegangen, Kauf der Waffen. Und Germann habe mehr oder weniger seine Aussagen vom ersten Protokoll bestätigt. Es seien keine neuen Erkenntnisse von Germanns Seite zu erfahren gewesen. Auf Frage, wie es zu dieser weiteren Vernehmung gekommen sei, sagt Ma., es habe wieder ein Auftrag vorgelegen, eine Befragung durchzuführen zum Erwerb der Waffen mit den Waffenerwerbsscheinen. Der Status von Germann sei nach seinem Wissen der gleiche gewesen wie bei der ersten Einvernahme, so Ma. auf Frage. Germann habe mehr oder weniger die Aussagen der ersten Einvernahme wiedergegeben oder bestätigt, dass er sich nicht erklären könne, wer oder wie die Waffen erworben haben könnte. Wie lang diese Befragung gedauert hat, wisse er nicht mehr vor, sie dürfe kürzer gewesen sein als die erste, so Ma. auf Frage. Bei der ersten vom 16. 8.2007 wisse er es nicht mehr genau, vielleicht eine Stunde oder anderthalb. Vorhalt: Beginn 9 Uhr, Ende 10.15 Uhr. Ma.: „Das stimmt.“ Götzl fragt, ob noch Detailfragen gestellt wurden. Ma. sagt, er habe nochmal auf auf die Schwere der Sache hingewiesen. Aber Germann sei bei seinen Antworten wie bei der ersten Einvernahme geblieben. Götzl fragt, ob Germann mit irgendwelchen Ermittlungsergebnissen konfrontiert wurde. Das könne er nicht mehr sagen, so Ma. Zu Germanns Verfassung sagt Ma., dass dieser anfänglich etwas erstaunt gewesen sei, dass er nochmal erscheinen muss. Aber dann hätten sich seine Emotionen gelegt und die Vernehmung sei wieder in normalem Rahmen erfolgt. Götzl fragt, ob von einer Belohnung die Rede war. Ma. bejaht das. Er habe Germann aufzeigen wollen, dass es sich um einen schwere Tat handelt, und ihn dazu bewegen wollen, doch konkrete Angaben zu machen. Die Höhe sei, glaube er, 300.000 Euro gewesen. Von wem die ausgelobt wurde, könne er nicht mehr sagen.
Auf die Frage, ob Germann nochmal etwas zum Verbleib der Waffenerwerbsscheine gesagt habe, sagt Ma., dass Germann auf die erste Einvernahme hingewiesen und gemeint habe, dass er keine weiteren Details zu geben habe. Götzl fragt, ob denn Ma. bei dieser Vernehmung etwas gesagt hat, was mit den Scheinen geschehen sein soll. Ma. sagt, das wisse er nicht mehr. Vorhalt: Wie schon in der Befragung vom 16.8.2008 festgehalten, seien mit zwei Waffenerwerbsscheinen unter Germanns Namen zwei Waffen verkauft worden. Ma.: „Das dürfte so erfolgt sein.“ Götzl: „Dürfte?“ Ma.: „Wenn das so da steht, dann ist das so erfolgt.“ Die Protokollierung sei erfolgt wie bei der ersten Vernehmung, so Ma. auf Frage. Vorhalt: Germann verbleibe bei den bisherigen Aussagen; er habe auch keine weiteren Aussagen zu machen, nachdem ihm die Höhe der Belohnung vorgehalten worden ist; klar müsse er betonen, dass ihm die Waffenerwerbsscheine abhanden gekommen seien. Ma. bestätigt das, so habe er das in Erinnerung. Auch dieses Protokoll habe sich Germann durchgelesen, bevor er es unterschrieben habe. Götzl: „Habe ich sie richtig verstanden, er wäre anfangs erstaunt gewesen, dass er nochmal vernommen werden sollte?“ Den Eindruck habe er gehabt, so Ma., und Germann habe ein bisschen Emotionen gezeigt, sein ein bisschen erbost gewesen, dass er noch einmal erscheinen muss. Die Vorladung sei, soweit er sich erinnere, schriftlich erfolgt, der Satz „auf persönliche Einladung des Schreibenden“ im Protokoll könne telefonisch oder schriftlich sein.
Dann fragt RA Stahl, ob Ma. Kenntnis hat, auf welchem Weg die Schweizer Behörden informiert worden sind. Ma. verneint das, er habe den Auftrag von der Verwaltungspolizei Bern erhalten, vom Waffenbüro, wie er erfolgt sei, entziehe sich seiner Kenntnis. Stahl fragt, ob Ma. um die Hintergründe wisse. Er habe erst im Nachhinein Kenntnis erhalten, um was es eigentlich gegangen ist, so Ma. Ihm sei nur bekannt gewesen, dass mit den Waffen schwere Straftaten verübt wurden. Das sei ihm vor der ersten Einvernahme bekannt gewesen, den genauen Zeitpunkt könne er nicht mehr sagen. Dass das Gesuch aus der BRD kam, sei ihm bekannt gewesen, auf welchem Weg wisse er aber nicht. Stahl sagt, im Protokoll vom 8.7.2008 stehe bspw. die Bemerkung, dass Germann im Jahr 1996 ein oder zwei Scheine erhalten habe, auf Ersuchen des BKA sei er am16.8.2007 erstmals befragt worden. Stahl fragt, wie der Satz dahin kommt. Bei der zweiten Befragung sei ihm das bekannt gewesen, bei der ersten hätten ihm diese Details gefehlt, so Ma. Stahl erwidert, im Protokoll von 2007 stehe aber der gleiche Satz, dass Germann auf Gesuchen des BKA befragt wird. Das sei von Bern zu ihm gekommen, so Ma., dass von Deutschland her der Erwerb von Waffen abgeklärt werden solle. „Waffengesetz Widerhandlung“ sei ein Begriff aus dem Schweizer Gesetz, so Ma. auf Frage.
Stahl fragt zum Status von Germann. Ma. spricht von Unterschieden zwischen Beschuldigtem und Auskunftsperson. Das sei zwischenzeitlich geändert worden. Er habe sich falsch ausgedrückt, nach neuem Recht sei das der Status als “Auskunftsperson”. Stahl fragt, was die Belehrung, was die Pflichten und Rechte der Auskunftsperson sind bei der Befragung. Nach neuem Gesetz habe die Auskunftsperson ein Aussageverweigerungsrecht, aber wenn er eine Aussage mache, müsse sie der Wahrheit entsprechen, dürfe niemanden zu Unrecht beschuldigen, antwortet Ma. Nach damaligem Gesetz könne er den genauen Wortlaut nicht mehr sagen. Stahl sagt, ihn interessiere, ob die Auskunftsperson damals grundsätzlich immer habe schweigen können oder Angaben habe machen müssen. Ma. spricht wieder vom neuen Recht, aber Stahl sagt, ihn interessiere das alte Recht, 2007, ob es der Auskunftsperson freigestellt ist, zu kommen. Es könne eine Einladung sein, so Ma., oder eine Vorladung. Einer Vorladung müsse Folge geleistet werden, aber er brauche keine Aussagen zu machen. Stahl sagt, der Zeuge in der Schweiz nach altem Recht müsse also keine Angaben machen, wenn er nicht wolle. Ma.: „Die Auskunftsperson.“ Germann habe damals kein Schweizer Gesetz verletzt und deswegen habe er ihn nicht als Beschuldigten einvernehmen dürfen. Stahl: „Dazu komme ich jetzt.“ Er nehme an, so Stahl. dass Mord und Tötungsdelikte sowie Beihilfehandlungen auch in der Schweiz strafbar sind. Ma. bestätigt das. Stahl sagt, es gehe um den Kenntnisstand von Ma. am 16.8.2007, wo von einem Ersuchen des BKA die Rede sei. Er fragt, ob Ma., wenn ihm klar gewesen sei, dass mit diesen Waffen in der BRD Menschen getötet worden sind, damals darüber nachgedacht habe, ob die Weitergabe dieser Waffen möglicherweise die Beihilfe zu einem Tötungsdelikt sein kann. Nachgedacht sicher, so Ma., aber sein Wissensstand sei damals nicht so weit gewesen, dass mehrere Menschen getötet worden sind. Und der Weiterverkauf von Waffen sei damals nach Auskunft des Waffenbüros nicht strafbar gewesen in der Schweiz. Im Protokoll stehe aber „BKA„, so Stahl, und das ermittle nicht wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten. Den Zeitpunkt, wann er wusste, dass die Waffen Gegenstand von Tötungsdelikten waren, wisse er, so leid es ihm tue, einfach nicht mehr, sagt Ma. auf Frage. Unterlagen habe er keine gehabt, aber mit der Zeit habe er schon erfahren, um was es geht. Stahl fragt, ob Ma. seine polizeiliche Ausbildung gebiete, wenn er Kenntnis darüber habe, dass jemand möglicherweise eine Waffe zu einem Tötungsdelikt geliefert hat, diesen als Beschuldigten zu belehren. Sobald ein Tötungsdelikt in Kenntnis sei, gehe das dann an die nächsthöhere Stelle weiter, so Ma., an die Fahndung. Das sei dann später auch erfolgt. Stahl: „Das geht ein bisschen an meiner Frage vorbei.“ Stahl stellt seine Frage anders. Ma. spricht davon, dass er Personen als Beschuldigte einvernehmen dürfe, aber sobald ein Tötungsdelikt vorliege, gehe es zur höheren Stelle. Stahl fragt, ob Ma. Artikel 6 der Menschenrechtskommission kenne. Ma. sagt, er habe sich damit noch nicht befassen müssen.
Als nächstes fragt Zschäpes Verteidiger Heer. Er möchte wissen, ob sich Ma. im Rahmen der ersten, vor der zweiten oder bei der zweiten Vernehmung Gedanken zur Aussagetüchtigkeit des Germann gemacht hat. Er habe das Gefühl gehabt, dass Germann ausweichend Auskunft gegeben habe. Heer fragt, ob Ma. die medizinischen Behandlungen, die Germann angesprochen habe, thematisiert habe. Er habe Germann gefragt, ob er gesundheitlich in der Lage ist, Aussagen zu machen. Germann habe das bejaht, und deswegen sei er davon ausgegangen, dass Germann in der Lage ist. Erkundigungen über eine etwaige Medikation von Germann habe er nicht eingeholt. Heer fragt, ob Ma. sich Gedanken gemacht hat, ob die medizinischen Behandlungen Germanns, Anästhesieverfahren oder Narkosen, ihn in seiner Aussagetüchtigkeit beeinträchtigt haben könnten. Ma. sagt, er sei kein Arzt, er habe den Eindruck gehabt, dass Germann klare Aussagen gemacht hat. Er habe nicht den Eindruck gehabt, dass Germann eingeschränkt war. Eine Befragung zu den Anästhesieverfahren, Narkosen und Auswirkungen habe er nicht gemacht, Er habe keine Veranlassung dazu gehabt. Atteste habe er sich nicht geben lassen. Er verneint, die von Germann angesprochenen Gedächtnislücken thematisiert zu haben. Heer: „Warum ist das alles unterblieben?“ Ma. sagt, er habe keine Veranlassung dazu gehabt, er habe den Eindruck gehabt, dass Germann vollständig in der Lage gewesen sei, die gestellten Fragen zu beantworten.
RA Klemke fragt nach den rechtlichen Voraussetzungen für Germann, Waffen weiterzuverkaufen. Zum damaligen Zeitpunkt habe man eine Waffe weiterverkaufen können, ohne selber einen Waffenerwerbsschein auf privater Basis zu besitzen, so Ma. Das gehe heute nicht mehr. Gemäß Auskunft von Herrn B. sei das damals so gewesen. Ob da Einschränkungen gewesen seien, könne er nicht sagen. Klemke fragt, was im Protokoll vom 16.8.2007 „EL Fall“ bedeutet. Das heiße „Einsatzleiter Fall“, so Ma. und bezeichne den Sachbearbeiter. Er verneint, dass B. bei der Vernehmung anwesend war. Im Protokoll stehe, dass Germann vorgehalten worden sei, dass dieser gemäß den Abklärungen von Alexander B. von der Firma Schläfli & Zbinden zwei Waffen erhalten habe. Klemke fragt, was für Abklärungen B.s Ma. bekannt waren. B. habe ihm mitgeteilt, dass jemand zwei Waffen per Post gekauft hat, so Ma. Klemke: „Hat Herr B. gesagt, wie er zu diesen Erkenntnissen gekommen ist?“ Das könne er nicht mehr sagen, so Ma. Klemke fragt, ob Ma. außer zu B. noch zu anderen Ermittlungsbeamten Kontakt wegen der „angeblichen Übersendung dieser Waffen“ hatte. B. sei ihm noch geläufig, so Ma., ob andere Personen könne er nicht mehr sagen. Klemke fragt, ob Ma. zum Zeitpunkt der Vernehmung Unterlagen vorlagen, aus denen diese Vorwürfe hervorgingen oder belegt wurden. Soweit er wisse, so Ma., sei ein Auftrag zur Vernehmung Germanns wegen Erwerbsscheinen und Waffen gekommen, Details könne er nicht mehr sagen.
Klemke sagt, Ma. habe davon gesprochen, dass er „das Gefühl gehabt“, bei manchen Fragen habe Germann mit den Achseln gezuckt: „Wie kann man fühlen, dass jemand mit den Achseln zuckt?“ Das sei vielleicht das falsche Wort, so Ma., es gehe um gewisse Signale, er habe bei Germann den Eindruck gehabt, dass er nicht die Wahrheit sagt. Klemke: „Worauf stützte sich das?“ Germann habe immer etwas gewartet mit der Antwort, so Ma., daraus sei der Eindruck entstanden, dass er wohlüberlegt antwortet. Auf Frage, ob sich das auf die erste oder die zweite Vernehmung bezieht, sagt Ma., bei der zweiten sei Germann etwas erstaunt gewesen und habe erklärt, keine weiteren Aussagen mehr machen zu können. Klemke fragt, wann denn die Vorgänge, zu denen Ma. Herrn Germann befragt habe, waren. ob das in der Woche davor war. Es sei um 1996 gegangen, so Ma. Klemke: „Also elf Jahre her.“ Ma.: „Ja.“ Klemke fragt, ob Ma. die längeren Pausen zwischen Frage und Antwort auch mit den 11 Jahren in Verbindung gebracht hat. Das könne einen Einfluss gehabt haben, so Ma., aber er habe den Eindruck gehabt, dass Germann sehr überlegt geantwortet hat. Klemke fragt nach objektiven Umständen und Ma. spricht vom Achselzucken. Klemke sagt, das habe Ma. doch nur gefühlt. NK-Vertreter RA Scharmer beanstandet den Vorhalt und sagt, er habe mitgeschrieben: „Es war ein Achselzucken festzustellen.“ Klemke sagt, der Zeuge habe den Vorhalt bestätigt, die Beanstandung komme zu spät. OStA Weingarten sagt, er habe mitgeschrieben, es sei „ein gewisses Achselzucken wahrnehmbar“ gewesen. Klemke hält die Frage aufrecht und verlangt einen Gerichtsbeschluss.
Nach einer Pause bis 11.59 Uhr sagt Götzl, Ma. habe auf seine Frage, wieso der Eindruck bestanden habe, gesagt, er habe bei der Vernehmung das Gefühl gehabt, dass manchmal ein gewisses Achselzucken festzustellen war. Das sei von Klemke verkürzt worden. Klemke habe dann nach den objektiven Anhaltspunkten gefragt. Insofern sei der Vorhalt zulässig. Bei der Nachfrage habe Klemke von „nur gefühlt“ gesprochen. Scharmer sagt, um diese Nachfrage sei es ihm gegangen. Ma. sagt, er habe gesagt, dass „gefühlt“ das falsche Wort sei, denn er habe ein leichtes Achselzucken festgestellt. Klemke sagt, eben habe Ma. von einem „gewissen“ Achselzucken gesprochen, jetzt von einem „leichten“. Es sei ein leichtes gewesen, so Ma. Wie oft es gewesen sei, wisse er nicht mehr. Klemke fragt, bei welchen Fragen das gewesen sei. Soweit er sich erinnern könne, so Ma., auf konkretere Fragen bzgl. der Waffenerwerbsscheine und des Waffenverkaufs. Klemke fragt, ob Ma. Germann belehrt habe, bevor er ihn nach der Vernehmung gefragt habe, ob er vorher die Wahrheit gesagt habe. Germann sei vor der Vernehmung belehrt worden, so Ma. Klemke sagt, das habe er nicht gefragt und wiederholt die Frage, ob Ma. Germann da nochmal belehrt hat, dass er sich nicht selbst belasten muss. In diesem Moment habe er Germann das nicht gesagt, so Ma., es sei keine Einvernahme gewesen, er habe das nicht nochmal machen müssen. Klemke: „Wieso, Sie sagten doch die Vernehmung war bereits abgeschlossen?“ Ma. verneint, dass das für ihn eine neue Vernehmung war. Soweit er sich erinnern könne, habe er keinen Vermerk über dies Gespräch gefertigt, sagt Ma. auf Frage. Ma. bestätigt, dass es bis auf dieses Achselzucken auf die Frage nach der Vernehmung keine Äußerung gegeben habe. Klemke fragt, warum Ma. das Achselzucken dahingehend interpretiert hat, dass Germann die Unwahrheit gesagt hat. Er denke, es sei eine Überraschung über die Frage gewesen, so Ma. Klemke sagt, dann verstehe er nicht, warum Ma. in der Vernehmung beim Achselzucken auf die Unwahrheit geschlossen habe. Das könne er nicht mehr sagen, so Ma.
Klemke sagt, Ma. habe eben angegeben, dass das Protokoll wortwörtlich sein solle, und fragt, ob es denn Ausnahmen gegeben habe, dass er mal Fragen nicht wörtlich protokolliere. Ma. verneint das, die Fragen würden gestellt und protokolliert, die Antwort werde gegeben und aufgeschrieben und vorgelesen. Und erst nach dem Vorlesen der Antwort werde die nächste Frag gestellt. Klemke fragt, ob die Frage erst gestellt und dann protokolliert oder aufgeschrieben und dann vorgelesen wird. Ma. sagt, die Frage werde zuerst schriftlich fixiert und dann gestellt. Auf Frage sagt Ma., Germann habe die Möglichkeit gehabt, das Protokoll durchzulesen und habe das gemacht. Wie lang Germann gebraucht hat, wisse er nicht mehr. Klemke möchte wissen, ob es Nachfragen gegeben hat. Die wären es am Schluss vermerkt, so Ma. Darauf erwidert Klemke, Ma. habe eben davon gesprochen, dass „Änderungswünsche normalerweise“ protokolliert würden. Klemke fragt in der Folge, ob auch Nachfragen protokolliert würden und wenn ja, warum. Der Zeuge versteht Klemkes Fragen offenbar nicht. Ma. beginnt einen Satz, aber Klemke unterbricht, er verstehe Ma. nicht, das liege wohl am Dialekt, er, Klemke, sei nur des Hochdeutschen mächtig. Nun beschwert sich Götzl bei Klemke. Auf Aufforderung von Götzl, zu definieren was mit „Nachfragen“ gemeint sei, sagt Klemke, es gehe ihm Verständnisfragen. NK-Vertreterin Lunnebach beanstandet die Befragung, wenn Klemke mit dem Zeugen weiter die ganz allgemeine Befragung zum Schweizer Strafrecht plane. Klemke erwidert, die Frage knüpfe an eine Aussage des Zeugen an. Klemke fragt, welchen Grund es gebe, dass Nachfragen eines Zeugen protokolliert werden. Das entspreche einer Änderung und werde aufgeführt, antwortet Ma.
Dann fragt Carsten Schultzes Verteidiger RA Pausch, ob Germann in irgendeiner Weise auf die Belohnung von 300.000 reagiert hat. Seiner Meinung nach habe Germann nicht groß drauf reagiert, aber er könne es nicht mehr sagen, so Ma. Zschäpes Verteidigerin RAin Sturm sagt, sie habe eine Nachfrage zu dem Umstand des Achselzuckens und der Frage an Germann, ob er denn die Wahrheit gesagt habe. Sie hält vor, dass Germann angegeben habe, er bleibe bei den damals gemachten Aussagen, dass er hiermit klar die Wahrheit sage. Sturm: „Fällt Ihnen dazu etwas ein?“ Dazu falle ihm kein Detail ein, so Ma. Hier stehe explizit, dass Germann angeben habe, die Wahrheit zu sagen auf Ma.s Frage, ob er die Wahrheit gesagt hat. Sturm fragt, ob Ma. eine Erinnerung kommt, ob sich Germann nach der Vernehmung außer mit einem Achselzucken noch anders geäußert hat zu der Frage, ob er die Wahrheit gesagt hat. Dazu könne er nichts mehr sagen, so Ma., soweit ihm bekannt sei, habe es weitere Vernehmungen gegeben. Sturm sagt, es gehe ihr um Ma.s Vernehmungen. Ma. sagt, er habe die Frage nicht verstanden. Sturm sagt, hier sie protokolliert worden. „Ich sage die Wahrheit.“ Sie fragt, ob Ma. noch in Erinnerung, dass sich der Zeuge außer einem Achselzucken noch anders geäußert hat. Da sei ihm nichts mehr bekannt, so Ma., das wisse er nicht mehr. Sturm sagt, sie habe Ma. so verstanden, dass er Germann nach beiden Befragungen jeweils im Anschluss gefragt habe, ob er die Wahrheit gesagt hat. Das dürfe so zutreffen, so Ma., das sei so. Sturm hält aus der zweiten Vernehmung vor, dass Germann gesagt habe, er sage hiermit klar die Wahrheit. Sie fragt, welche Veranlassung Ma. denn hatte, im Anschluss an diese Befragung die Auskunftsperson zu fragen, ob er die Wahrheit gesagt hat. Ma. spricht vom leichten Achselzucken und dem manchmal sehr überlegten Antworten. Er habe das Gefühl gehabt, dass Germann nicht die Wahrheit gesagt hat. Klemke sagt, Ma. habe eben wieder ein Gefühl beschrieben und fragt, ob Ma. mal versucht habe, dieses Gefühl anhand objektiver Punkte zu überprüfen. Ma. sagt, er habe das wieder zurückgegeben und dann erfahren, dass weitere Ermittlungen in dieser Sache getätigt werden. Klemke sagt, er meine nur die mögliche Bewertung des Wahrheitsgehaltes, von späteren Ermittlungen habe Ma. ja damals noch nichts wissen können. Ma.: „Ich hatte keine weitere Veranlassung, seine Aussagen zu überprüfen.“ Klemke sagt, laut Ma. sei nach damaligem Schweizer Recht ein etwaiger Erwerb und Weiterverkauf nicht illegal gewesen. Ma. bestätigt das. Klemke fragt, ob Ma. zu dem Zeitpunkt des etwaigen Achselzuckens sich mal eine Motivlage überlegt habe, warum Germann die Unwahrheit gesagt haben könnte. Ma. sagt, er könne nicht sagen, ob Germann bewusst war, um welche schweren Taten es geht. Klemke fragt, ob er richtig verstanden habe, dass Germann keine Anhaltspunkte über möglicherweise mit den Waffen begangene Taten gehabt habe. Ma.: „Das ist richtig, ja.“ Die Einvernahme endet um 12.25 Uhr.
Danach sagt RA Stahl, dass angesichts der Schilderungen der beiden Vernehmungen von Germann durch Ma. und des zumindest für ihn nicht klar nachvollziehbaren Infostandes der eidgenössischen Behörden damals habe er Zweifel an der Verwertbarkeit der Vernehmungen. Man müsse davon ausgehen, dass der in Artikel 6 der Menschenrechtskonvention garantierte Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit, möglicherweise sogar bewusst, verletzt worden sei. Dieser Grundsatz sei auch bei Beweiserhebung im Ausland zu beachten und führe nach BGH zumindest in vielen Fällen zu einem Verwertungsverbot. Germann sei höchstwahrscheinlich nicht als Beschuldigter vernommen worden. Zwar habe der BGH auch gesagt, in Einzelfällen spiele das bei Vernehmungen im Ausland keine Rolle. Aber seit dem 38. Band des BGH sei das grundsätzlich nicht mehr verwertbar. Möglicherweise seien hier bewusst Beschuldigtenrechte verletzt worden. Die Verteidigung Zschäpe widerspreche der Verwertung.
Es folgt die Mittagspause bis 13.37 Uhr und danach die Einvernahme des Zeugen Ry., der Germann 2009 und 2012 vernommen hat. Götzl fragt zunächst zur Vernehmung vom 6.11.2009. Der Auftrag sei von Deutschland gekommen, so Ry., er glaube über die StA Nürnberg-Fürth an die StA Solothurn zum Untersuchungsrichter in Thun, und von dort an ihn. Es sei um Ceska-Waffen gegangen. In ihrer Region habe das drei betroffen, die von Germann und einer anderen Person. Es sei um eine Einvernahme und eine Hausdurchsuchung gegangen. Anwesend seien auch Kollegen aus Deutschland gewesen, das sei vom Untersuchungsrichter abgesegnet worden. Germann sei auf die Wache nach Thun einbestellt worden. Zusammenfassend sei Germann dabei geblieben, dass er die Waffen nicht gekauft haben will. Auch als sie gesagt hätten, dass er in den Waffenbüchern aufgeführt ist, sei er dabei geblieben. Zum Verhalten von Germann sagt Ry., er habe das Gefühl gehabt, dass Germann nicht alles sagte. Aber ich hatte nichts Konkretes in den Händen gehabt, um das zu widerlegen. Mit Ausnahme vielleicht des Waffenbuches von Schläfli & Zbinden. Götzl: „Worauf gründete Ihr Gefühl?“ Die Erwerbsscheine habe Germann nicht bestritten. Über die Firma Schläfli & Zbinden habe er (Ry.) nichts Negatives gewusst. Er habe keinen Grund gehabt, anzunehmen, dass die Einträge in den Waffenbüchern nicht so gewesen seien. Götzl fragt, welche Informationen Ry. vorlagen. Aus Nürnberg, dass man vermutet habe, dass es eine Ceska sein könnte, die in die Schweiz geliefert wurde. Er sei nur für die drei Waffen zuständig gewesen, das weitere sei über das Waffenbüro der Bundespolizei geregelt worden. Da sei es um sieben oder acht Waffen gegangen. Zu diesem Zeitpunkt habe er keinen konkreten Hinweis gehabt, dass Germann die Waffen jemals besaß. Die Vermutung habe er gehabt, aber keinen Beweis. Er habe, so Ry. auf Nachfrage, vermutet, dass Germann diese Waffen gekauft hat: „Aber was er damit gemacht hat? Keine Ahnung.“ Es hätten ja mehr Waffen gefehlt. Die seien durch die Firma Luxik in die Schweiz gekommen und zu Schläfli & Zbinden. Und aus diesem Kontingent hätten noch sieben oder acht Waffen gefehlt, trotz der Abklärungen, die getätigt worden seien.
Götzl fragt zum Verlauf der Vernehmung. Wenn er kommt, erkläre man ihm, so Ry., um was es geht, weshalb er da ist, er werde belehrt, die Stellung die er habe, dass Kollegen aus Deutschland anwesend seien. Er sei auch nach der StPO in Deutschland belehrt worden, das sei ihm ausgehändigt worden. Man lasse die Person dann zuerst erklären und versuche dann mit Fragen zum Ziel zu kommen. Zur Protokollierung sagt Ry., sie würden grundsätzlich sinngemäße Aussagen machen, würden aber wortwörtlich, wenn möglich, versuchen. Am Schluss erhalte der Befragte das Protokoll, ob es das ist was er gesagt hat. Wenn das nicht so sei, werde das am Schluss angefügt. In Bezug auf diese Vernehmung sagt Ry., die Fragen und Antworten seien protokolliert, eine Nebenfrage oder Nachfrage würde auch eingefügt. Auf Frage sagt Ry., eigentlich diktiere er das oder der Protokollierende schreibe selbsttätig, aber er habe Blick auf den Bildschirm. Wie es hier im Einzelnen war, könne er nicht mehr sagen, grundsätzlich laufe das jedes Mal so. Auf Frage sagt Ry., Germann sei bei der Vernehmung Auskunftsperson gewesen. Es gebe die „Auskunftsperson“ und die „tatverdächtige Person“. Die „tatverdächtige Person“ sei die ausführende, bei der „Auskunftsperson“ gebe es Wissen, aber es liege nichts konkret Verdächtiges vor gegen sie. Auf Frage, wie die Belehrung nach Schweizer Recht gewesen sei, sagt Ry., das sei eine polizeiliche Vernehmung einer Auskunftsperson gewesen. Germann sei belehrt worden, dass eine Aussage der Wahrheit entsprechen muss, er niemanden falsch beschuldigen darf, dass er aber grundsätzlich keine Aussage machen muss. Die zwei Paragrafen der deutschen StPO habe er ausgedruckt, das sei von Nürnberg so gemacht gewesen, und ihm vorgelegt und die habe er durchgelesen. Es sei etwas mit 50 gewesen, so Ry. auf Frage. Vorhalt: Die befragte Person sei nach Artikel 208 StrV und ebenfalls auf ihre Rechte nach § 53 und 55 StPo belehrt worden.
Auf die Frage nach der Verfassung Germanns damals sagt Ry., dass Germann gesagt habe, dass es ihm gut geht. Germann habe ein Krebsleiden erwähnt und ärztliche Unterlagen übergeben. Götzl fragt, um welche Waffenerwerbsscheine und Waffen es ging. Es sei um die zwei Ceska 83 aus diesem Kontingent gegangen, die Nummern seien im Waffenbuch aufgeführt, so Ry. In der Einvernahme habe Germann, glaube er, gesagt, dass ihm die Scheine gestohlen wurden oder abhanden gekommen sind. Zu den Waffen selbst habe Germann gesagt, dass er diese nie erhalten haben will. Götzl: „Hat er was dazu gesagt, ob er Waffen bestellt hat?“ Ry.: „Bei dieser Einvernahme glaube ich nicht, er will diese nie bestellt haben.“ Götzl fragt, um wie viele Waffenerwerbsscheine bzgl. Germann es ging bei der Befragung. Grundsätzlich um zwei Erwerbsscheine für drei Waffen, so Ry. Ein Erwerbsschein sei für zwei Waffen vorgesehen und entsprechend nummeriert gewesen. Götzl fragt, ob sich Germann zu der angesprochenen dritten Waffe irgendwie verhalten hat. Dazu habe Germann, glaube er, nichts gesagt, so Ry., sonst sei es im Protokoll aufgeführt. Germann habe nicht bestritten, dass er die Erwerbsscheine bezogen hat. Germann habe ausgeführt, dass er diese selbst bezogen, beantragt, und, so glaube er, bar bezahlt hat, sagt Ry. auf Frage. Götzl fragt, ob über den Betrag gesprochen wurde. Ry. sagt, er glaube, das seien ca. 20 Franken das Stück gewesen. Götzl: „War das eine Äußerung von ihm?“ Da sei er sich nicht sicher, antwortet Ry., aber der Betrag sei in den Erwerbsscheine aufgeführt.
Auf Frage sagt Ry., dass Germann zur angesprochene Firma Schläfli & Zbinden angegeben habe, dass er diese nicht gekannt haben will, und dass es möglich wäre, dass er die von einem Inserat gekannt habe, aber nicht konkret zur Firma Schläfli. Zum Zweck der Erwerbsscheine habe Germann angegeben, dass es eine Idee gewesen sei, den Schießsport mit seiner Frau zu betreiben, und er die deshalb besorgt habe. Götzl fragt, ob Germann in dem Zusammenhang bestimmte Personen und Institutionen genannt hat. Das bejaht Ry., Germann habe angeblich mit einer Person gesprochen, die sei namentlich aufgeführt in den Akten. Und auch der Schießverein, dem Germann habe beitreten wollen, sei aufgeführt. Er könne den Namen nicht mehr sagen. Götzl: „Ist denn der Bezug des Herrn Germann zu Waffen generell mit ihm erörtert worden?“ Es seien ihnen eigentlich nichts bekannt gewesen, so Ry., dass Germann Waffennarr war. Zu Germanns Aussage könne er es nicht mehr genau sagen. Er wisse noch, dass Germann ein Sturmgewehr hatte, „das übliche, das vom Militärdienst herkommt“. Götzl fragt, ob Thema war, ob Germann schon mal geschossen hat. Das bejaht Ry., Germann habe von einer Militärpistole gesprochen beim Militärdienst, und dass er letztmalig mit dem Sturmgewehr 57 in den Neunzigern geschossen habe. Auf Frage sagt Ry., er wisse nicht mehr, ob mit Germann erörtert wurde, ob der schon mal Waffengeschäfte durchgeführt hat. Götzl fragt, ob andere Waffengeschäfte als Schläfli & Zbinden erwähnt wurden. Germann habe gesagt, so Ry., dass er, wenn er etwas erwerben würde, es dann in einem Waffengeschäft in Thun tun würde und habe sich zu einem Geschäft in einem anderen Ort geäußert, das seien aber mehr Jagdwaffen. Götzl: „Ist denn darüber gesprochen worden, ob er selbst Waffen verkauft hat?“ Ry.: „Die Frage habe ich ihm, glaube ich, nicht konkret gestellt.“
Götzl fragt nach Kontakten ins Ausland. Deutschland, Holland, Griechenland und Türkei seien, glaube er, angesprochen worden, ob er dort Personen kenne. Das einzige sei gewesen, dass Germann Bezug gehabt habe zu Deutschland und Holland, über seiner Frau Verwandtschaft. Götzl fragt, ob Germann mit den Eintragungen bei der Firma Schläfli & Zbinden konfrontiert wurde. Ry. bejaht das, er habe Germann Kopien vorgelegt, die würden dem Bericht beiliegen. Germann habe sich nicht erklären können, wie das geht. Dem Waffenbuch seien Datum des Waffeneingangs, Waffentyp und -nummer, Waffenausgang und Form des Ausgangs, der Versand zu entnehmen gewesen, so Ry. auf Frage. Bzgl. des Versandes sei im Waffenbuch die Adresse von Germann in Steffisburg angegeben gewesen. Götzl fragt, was Germann dazu angegeben hat. Details wisse er nicht mehr, so Ry., aber Germann habe abgestritten, dass er die Waffe erhalten habe. Und dass, wenn er ein Paket erhalten hätte, da nur ein Zettel an der Tür gewesen und das Paket sei im Keller oder so gelegen und der sei nicht immer verschlossen gewesen. Das sei die Aussage, die Germann 2009 gemacht habe. Die Hausdurchsuchung sei damals direkt im Anschluss durchgeführt worden, so Ry. auf Frage, die bevorstehende Durchsuchung sei in der Vernehmung bereits aufgeführt. Ge. sei nicht erfreut gewesen über die Vernehmung und die Durchsuchung, so Ry.
Auf Frage nennt Ry. die Beteiligten der Vernehmung. Außer ihm selbst, der befragt habe, hätten ein Protokollführer und „von Deutschland“ drei Beamte vom BKA teilgenommen, sonst niemand. Er bejaht, dass die Beamten des BKA auch die Möglichkeit erhalten hätten, Fragen zu stellen, dazu habe man das Okay von ihrem Untersuchungsrichter gehabt. Und das hätten die auch gemacht. Götzl fragt, um welche Themen es bei der Befragung durch die BKA-Beamten ging. Zum einen um die Waffe, so Ry., den Bezug von Germann zu Waffen, was der hätte damit machen wollen, welchen Typ er gekauft hätte, wenn er eine Waffe hätte kaufen wollen. Götzl: „Wissen Sie noch, was er dazu gesagt hat?“ Ry. sagt, er glaube, Germann habe eine Waffe genannt, die gut in der Hand liegt bei ihm oder der Frau, da sei er, Ry., sich aber nicht mehr sicher. Götzl fragt nach Ergänzungen Germanns im Hinblick auf die Eintragungen im Waffenbuch. Es sei möglich, so Ry., dass Germann eine Ergänzung angefügt hat, aber das sei dann aufgeführt auf dem Protokoll. Götzl fragt nach Ausweisen, Identitätskarten. Das sei ein Thema gewesen, so Ry. Wegen einer gestohlenen Identitätskarte und einer neu beschafften. Er wisse nicht mehr wann, 2009 oder 2012 bei der Einvernahme, habe Germann erzählt., dass er die wiedergefunden und weiter benutzt habe. Die Waffe habe man bei Schläfli nur gegen Erwerbsschein und Identitätskarte zusammen erwerben können. Ry. bestätigt, dass mit Germann gesprochen wurde, wo der diese Erwerbsscheine aufbewahrt habe. Er sei sich nicht mehr sicher, so Ry., aber Germann habe gesagt, in seinem Auto. Er, Ry., glaube, dass das ein Toyota gewesen sei. Klemke bitte um eine Pause für Wohlleben.
Um 14.41 Uhr geht es weiter. Zur Frage, warum es zu keinem Erwerb von Waffen gekommen sei, habe Germann angegeben, mit finanziellen Problemen gekämpft zu haben. Germann habe Stellenverlust und Krankheit etc. angegeben. Götzl fragt, ob über weitere Familienmitglieder gesprochen wurde. Er sei sich nicht sicher, so Ry., ob das bereits 2009 gewesen sei. Sie hätten über Frau und Kinder gesprochen. Altersmäßig seien die, glaube er, zu jung gewesen. Aber er könne nicht mehr sagen, ob das in dieser Einvernahme aufgeführt ist. Götzl fragt, ob denn über diesen Waffentyp Ceska gesprochen wurde. Es sei konkret um diesen Typ gegangen, so Ry., und er habe Germann sei, glaube er, sogar ein Bild vorgelegt. Germann habe, glaube er, angegeben, die Waffe nicht zu kennen. Götzl fragt, ob Ry. Ergebnisse vorgelegen haben, von wem die Firma Schläfli diese Waffen, um die es ging, bezogen hatte. Das seien Luxik-Waffen gewesen, diese Information habe er gehabt, so Ry. Er wisse nicht mehr, ob Germann mit dieser Lieferfirma konfrontiert wurde, ob er diese kennt. Ein Schalldämpfer sei Thema und auf dem Bild vorhanden gewesen. Götzl: „Was hat Germann dazu gesagt?“ Ry. sagt, er erinnere sich nicht mehr. Wenn Germann etwas dazu gesagt habe, sei das im Protokoll aufgeführt. Dann sagt Ry.: „Doch, er hat erwähnt, dass vor 30 Jahren sein Chef mit einer Waffe mit Schalldämpfer auf Tiere geschossen hat. Das hat er erwähnt.“ Zu dieser Identitätskarte habe Germann gesagt, dass ihm die gestohlen oder abhanden gekommen sein soll. Diesbezüglich habe Ge erwähnt, dass es im Ausland gewesen sei, so Ma. Götzl fragt, was Germann dazu gesagt habe, ob die Karte endgültig verloren gegangen sei. Dazumal sei er, Ry., davon ausgegangen, so Ry., er wisse nicht, ob die später wieder zum Vorschein kam.
Ry. bejaht, dass sich Germann das Protokoll durchgelesen habe, ein oder zwei Ergänzungen oder Korrekturen habe Germann gemacht, die seien dort auch aufgeführt. Götzl fragt, ob sich Germann zur Vernehmungssituation, zu den anwesenden Personen geäußert hat. Germann habe von einer Übermacht von Polizei gesprochen, so Ry., die anwesend war. Götzl fragt, ob über die früheren Vernehmungen Germanns durch Ma. auch gesprochen wurde. Die seien angesprochen worden, so Ry., er glaube, dass Germann sie grundsätzlich bestätigt hat, sei sich aber nicht mehr ganz sicher. Die am Beginn der Vernehmung übergebenen medizinischen Unterlagen habe er sich nicht groß angeschaut, so Ry., Germann sei es ja grundsätzlich gut gegangen, habe der Einvernahme folgen können, deswegen sei das zu diesem Zeitpunkt nicht so relevant gewesen. Mit den Unterlagen habe Germann „allenfalls“ gewisse Gedächtnislücken erklären wollen, so Ry. auf Frage. Götzl: „Ist das angesprochen worden?“ Ry: „Er hat das erwähnt, ja.“ Götzl: „Gedächtnislücken inwiefern?“ Ry. sagt, alles was mit Waffenerwerbsscheinen und Waffen, zu dieser Zeit gewesen sei. Götzl fragt, ob sich Germann diesbezüglich auf bestimmte Krankheiten bezogen hat. Er glaube, eine Krankheit sei erwähnt, so Ry., aber ob krankheits- oder medikamentenbedingt wisse er jetzt nicht mehr. Es sei allenfalls die Zuckerkrankheit erwähnt worden, er wisse aber nicht ob 2009 oder 2012. Götzl: „Ist von ihm geäußert worden, dass er der Vernehmung nicht folgen könne oder er Beschwerden hätte. Ry.: „Nein.“ Germann habe, glaube er, damals auch im Hinblick auf die Zuckererkrankung keine Beschwerden geäußert. Dann fragt Götzl zu den früheren Vernehmungen durch Ma. Vorhalt: Auf die Frage, ob er sich an diese Vernehmungen erinnere und die gemachten Aussagen bestätigen könne, habe Germann gesagt, er könne sich erinnern und sei damals erstaunt gewesen, dass kein Protokoll erstellt worden sei. Ry. bestätigt den Vorhalt. Ry. sagt, auf Frage, er habe sich die früheren Vernehmungen einmal durchgelesen. Götzl sagt, man habe heute Vormittag hier Ma. vernommen, der geschildert habe, dass Protokolle erstellt wurden, deswegen frage er danach. Götzl fragt, ob darauf in der Vernehmung 2009 näher eingegangen wurde. Da sei, glaube er, nicht näher drauf eingegangen worden, antwortet Ry.
Dann fährt Götzl mit Vorhalten aus der Vernehmung fort. Vorhalt zum Erwerb der Waffenerwerbsscheine: Sie, Germanns, hätten den Sportschützen beitreten wollen; sie hätten dann ein Haus gebaut und er habe in seiner Freizeit anderes zu tun gehabt, und dann seien gesundheitliche Probleme dazu gekommen; er könne sagen, dass er sie erworben habe, aber nicht mehr wann. Ry. bejaht, dass das Germanns Aussagen seien. Vorhalt einer Ergänzung dazu am Ende des Protokolls: Es sei nicht so gewesen, dass der Hausbau der Grund dafür war, dass sie nicht dem Schießverein beigetreten seien, sondern absehbare finanzielle Probleme und seine Krebserkrankung. Ry. bejaht, dass er sich an die Aussage erinnere. Vorhalt: Er, Germann, habe mit den Scheinen keine Waffen gekauft, wisse aber nicht, wo sich diese Scheine heute befinden, er besitze sie nicht mehr; der Rest seien Vermutungen und Hypothesen. Götzl: „Hat er erläutert, was er damit meint?“ Ry. sagt, das stehe in Zusammenhang mit der Lieferung, dass sie nur davon ausgingen, dass die an ihn gegangen seien, das seien laut Germann alles nur Vermutungen, sie hätten keine konkreten Beweise. Vorhalt der Frage an Germann: Aus Geschäftsunterlagen der Firma Schläfli gehe hervor, dass Germann am 11.4.1996 zwei Ceskas gekauft habe, wie Germann sich diese Einträge erklären könne. Vorhalt der Antwort: Er, Germann, habe keine Erklärung dazu, weil er keine Waffen bestellt habe. Ry. bestätigt den Vorhalt. Vorhalt: Er, Germann, habe einen oder zwei Waffenscheine bestellt oder erhalten und diese seither nicht mehr gesehen. Ry.: „Das ist möglich, genauso wie mit der Identitätskarte, ja.“ Götzl fragt, worauf sich Ry.s „möglich“ bezieht. Wenn es so geschrieben stehe, antwortet Ry., habe Germann das so gesagt. Götzl hält die Frage vor, wie sich Germann erklären könne, dass ein Gesuch für eine dritte Waffe vorliege. Als Antwort heiße es im Protokoll, so Götzl weiter, dass sich Germann daran nicht erinnern könne, Ry.: „Ja.“ Götzl fragt, was das bedeute, ob sich Ry. an die Vernehmungssituation erinnere. Ry.: „Grundsätzlich schon, aber nicht an jedes Detail.“ Aber was da stehe, das sei so sinngemäß eins zu eins von ihm gesagt, durchgelesen und unterschrieben worden. Götzl fragt, ob zur Aussage, dass mit dem Hauskauf finanzielle Probleme dazu gekommen seien, am Ende eine Ergänzung oder Korrektur erfolgt sei. Es sei möglich, so Ry., dass Germann korrigiert habe, dass es keine finanziellen, sondern lediglich Liquiditätsprobleme gewesen seien. Vorhalt: Nicht der Hausbau 1993/ 94, sondern sein Stellenverlust und die Krebserkrankung seien an seinen finanziellen Problemen Schuld gewesen. Ry. bejaht den Vorhalt.
Götzl fragt nochmal zur Kenntnis der Firma Schläfli & Zbinden. Germann habe gesagt, dass er die Firma nicht kennt, so Ry., dann, dass er sie vom Hören kennt, und in Zusammenhang mit Inseraten sei das auch noch zur Sprache gekommen. Vorhalt: Er, Germann, habe nie Kontakt zu der Firma gehabt, er wisse, dass die in Niederwangen [phon.] sei, weil ihm die Polizei das schon gesagt habe. Ry.: „Ja, das war so seine Aussage.“ Götzl sagt, eben habe er gefragt, ob bzgl. Schießsport von bestimmten Personen die Rede gewesen ist: Ma. sagt, von einem Mann von Steffisburg sei die Rede gewesen. Götzl hält vor, dass Germann einen Rudolf L. genannt habe; es sei um ein gemeinschaftliches Schießen gegangen; es habe dann aber Probleme mit den Sicherheitsvorschriften gegeben, der Anlass habe deswegen nicht stattgefunden. Ry. bestätigt den Vorhalt. Götzl fragt, ob das Einsteigen in den Schießsport nach Germanns Aussagen eine Rolle gespielt hat für den Erwerb von Waffen. Ry. bejaht, dass Germanns Angaben zu Folge, auch dessen Frau mit dem Schießsport habe beginnen wollen angeblich. Götzl sagt, man habe schon über Waffen, die Germann besessen habe, gesprochen, und hält vor: Ein Sturmgewehr 57, erstmals 1994 geschossen, weiter ein Karabiner 11 und eine Kaninchenpistole und eine Fauvert [phon.], also eine Zimmerpistole, weitere Waffen besitze Germann nicht. Ry. bejaht den Vorhalt.
Götzl: „Hat er angegeben, ob er Mitglied in Schützenvereinen war?“ Zum Beitritt bei dem einen sei es nicht gekommen, so Ry., aber in der Schweiz sei jeder angemeldet, zumindest auf dem Papier. Vorhalt: Germann sei Mitglied gewesen, um das obligatorische Programm zu schießen. Ry.: „Ja.“ Dann stehe hier die Frage, ob Germann Munition des Herstellers PMC kennt, so Götzl. Das sei eine Anfrage seitens Deutschlands aus den Ermittlungen gewesen, sagt Ry., Germann habe gesagt, dass er diese nicht kenne, sondern nur die normale Ordonnanzmunition. Dann stehe hier die Frage, so Götzl, ob Germann jemals selber Waffen verkauft hat, und die Antwort Nein. Eben habe Ry. gesagt, er habe die Frage nicht gestellt. Ry. sagt, er wisse, wie gesagt, nicht mehr jede Frage. Götzl sagt, deswegen lese er es Ry. ja vor. Dann fragt er, ob in dieser Vernehmung die Frage einer Belohnung angesprochen wurde. Ry. sagt, das sei explizit seitens Deutschland gefordert, dass man das fragt. Und die 300.000 Euro, die seien Germann schon zuvor bekannt gewesen. Götzl hält die Frage vor, wie sich Germann erkläre, dass sein Name in dem Waffenbuch der Firma Schläfli & Zbinden aufgeführt ist. Vorhalt der Antwort: Er, Germann, könne sich gut erinnern, dass er die Waffenerwerbsscheine erworben habe, das nächste Mal, dass er davon gehört habe, sei gewesen, als Ma. ihn darauf angesprochen habe. Ry. bestätigt den Vorhalt. Götzl sagt, dann stehe im Protokoll der Vorhalt, dass im Waffenbuch Germanns Adresse als Lieferadresse aufgeführt sei, folglich die Waffe an Germanns Adresse geliefert worden sein müsse. Vorhalt der Antwort: Das sei so; manchmal sei nur ein Zettel an der Tür, „Paket ist im Hobbyraum“, dieser sei offen zugängig. Auch das bestätigt Ry. Auf Frage, ob Einbruch Thema der Vernehmung war, sagt Ry., es stehe sowas drin, dass Germann keine Spuren gesehen hätte. Vorhalt: Spuren habe er, Germann, nicht gesehen, deswegen wisse er nichts von einem Einbruch, es sei aber möglich, da sie das Haus erst seit kurzem abschließen würden. Die Antwort auf die Frage, ob Germann jemanden kennen würde, der eine Ceska -Pistole besitzt, habe er nicht mehr in Erinnerung, so Ry. Vorhalt: „Nein.“
Götzl fragt nach Motorradfahren. Im Zusammenhang mit Hobbys habe Germann gesagt, dass er in Bern in einem Chopperclub sei. Vorhalt: Seit 1984 fahre er, Germann, schwere Maschinen, sei auch als Motorradjournalist tätig gewesen, er sei seit 20 Jahren im Chopper Club in Bern. Götzl verliest, dass Germann auf die Frage, ob er etwas anzufügen habe, gesagt habe, dass er froh wäre, wenn das die letzte Befragung in der Sache wäre, er sei überrascht gewesen über das anwesende Gremium, das Kräfteverhältnis wirke erdrückend und nicht so freundlich. Götzl fragt, ob es da um das Kräfteverhältnis der Polizei gehe, von dem Ry. gesprochen habe. Ry.: „Genau.“ Zur Sicherstellung von Gegenständen habe er Germann nicht direkt gefragt, so Ry. auf Frage, das würden sie selbst entscheiden, aber Germann habe sein Einverständnis gegeben, dass sie die Sachen nach Deutschland weitergeben können. Vorhalt: Auf die Frage, welche Waffe er mit den Erwerbsscheinen habe kaufen wollen, habe Germann gesagt, dass es darauf angekommen wäre, welche Waffe in die Hand seiner Frau und von ihm gepasst hätte, der Typ sei noch nicht bekannt gewesen. Ry. bestätigt den Vorhalt. Götzl hält die Frage vor, ob, wenn jemand mit Germanns Erwerbsscheinen die Waffen kauft, es ein Problem sei, die an Germanns Adresse wieder zu „behändigen“. „Behändigen“ bedeute wohl „übernehmen“, sagt Götzl. Darauf sagt Ry., die Antwort wisse er nicht mehr, aber die Frage habe er gestellt, dass das unwahrscheinlich klingt. Vorhalt der Antwort: „Das ist für mich auch ein Rätsel.“ Götzl hält die Frage vor, ob Germann weiß, warum die Waffen an seine Adresse gesandt wurden. Dann hält er Germanns Antwort vor, dass die Adresse stehe auch im Telefonbuch: „Wer sagt denn, dass die Adresse auf dem Paket mit der Adresse im Waffenbuch übereinstimmt.“ Götzl fragt, ob Germann das so angegeben hat, Ry. bejaht das. Vorhalt: Im Jahr 1999 sei der Wechsel von der alten auf die neue Identitätskarte gewesen, er (Germann) habe nicht mehr gewusst, wo die alte Karte war. Dann fragt Götzl, ob Ry. wisse, was Germann zur Abholung der Waffenerwerbsscheine gesagt hat. Ry.: „Ich glaube, bar bezahlt und selbst abgeholt.“ Vorhalt: „Das weiß ich nicht mehr.“ Das sei möglich, so Ry, er könne sich nicht genau erinnern. Aber wenn das dort stehe und unterschrieben sei, dann sei das damals die Antwort gewesen. Die Frage, ob mit Germann über die Personen gesprochen wurde, die für die Firma Schläfli & Zbinden arbeiten, bejaht Ry., aber er glaube, dass Germann niemanden persönlich gekannt habe. Das sei eine Frage eines deutschen KHK, so Götzl und Germann habe geantwortet, es könne sein, dass er jemanden aus der Firma persönlich kennt, er sei täglich unterwegs, habe in seiner Tätigkeit viele Firmen besucht, auch vom Fußballverein oder Motorradfahren. Ry.: „Ja, das ist seine Antwort, das stimmt.“ Götzl fragt Wohlleben, ob der eine Pause benötige und unterbricht dann die Sitzung bis 15.57 Uhr.
Götzl hält eine Ergänzung am Ende des Protokolls vorhalten. Dazu hält er zunächst die betreffende Stelle aus dem Protokoll vor. Es geht um die Aussage, dass der Hobbyraum frei zugänglich sei etc. Germann habe dazu ergänzt, hält Götzl vor, dass die Aussage ‚das ist so‘ nicht stimme, er habe nämlich kein Paket mit einer Waffenlieferung erhalten. Ry. bejaht den Vorhalt. Zur Aufbewahrung der Scheine habe Germann laut Protokoll angegeben, dass es zwei Möglichkeiten gegeben habe, Wagen oder Haus, hält Götzl vor. Das bejaht Ry. Dann stehe hier eine Frage eines weiteren KHK vom BKA, ob Germann das Vorhaben, eine Waffe für seine Frau und sich zu kaufen, total aufgegeben habe. Das habe Germann, glaube er, bejaht, antwortet Ry. Vorhalt der Antwort: Es habe finanzielle Probleme gegeben, später sei dann die Krebserkrankung dazu gekommen, somit sei es vom Tisch gewesen. Ry.: „Stimmt.“ Götzl hält die Frage eines KHK vom BKA vor, ob Germann Kinder habe, welche sich fürs Schießen interessierten. Ry.: „Ein Sohn und eine Tochter.“ Hier sei nur von einem Sohn die Rede, so Götzl: Ein Sohn habe Kleinkaliberwaffen geschossen. Das stimme so, sagt Ry., die Tochter sei dann 2012 ein Thema gewesen. Der Vorhalt weiter: Mittlerweile habe der Sohn damit aufgehört, er (Germann), könne mit Bestimmtheit ausschließen, dass der Sohn etwas mit dem Waffenkauf zu tun hat.. Ry. bestätigt den Vorhalt. Ry. bestätigt, dass einer der BKAler gefragt habe, ob Germann mit seiner Frau konkrete Waffen besichtigt habe, aber die Antwort könne er nicht mehr hundertprozentig sagen: „Ich glaube, es kam nicht mehr dazu.“ Vorhalt: Sie seien schon beraten worden, er sei aber nie in einem Waffengeschäft gewesen, sie seien von Fachleuten aus Schützenvereinen beraten worden. Ry.: „Ja, das stimmt.“
Vorhalt: „Sagt Ihnen die Firma Luxik etwas? – Nein.“ Ry. bejaht den Vorhalt. Götzl sagt, hier stehe, dass der Vorfall, bei dem der Chef von Germann mit einer Waffe mit Schalldämpfer auf Ratten geschossen haben soll, in den 60er Jahren gewesen sei. Ry.: „Ja, stimmt.“ Ry. bejaht die Frage, ob Germann gefragt worden sei, ob er Waffen und Munitions-Inserate verkauft habe. Germann habe angegeben, dass er auch Inserate für Waffengeschäfte aufgenommen habe. Vorhalt der Antwort: „Ja sicher, auch in Zusammenhang mit der Jagd.“ Auf Frage sagt Ry., er glaube, dass Germann gesagt habe, er habe den Verlust der Identitätskarte bei der Gemeinde gemeldet. Vorhalt: Er, Germann, habe das bei der Gemeinde-Einwohnerkontrolle [phon.] gemeldet, bei der Polizei sei er nicht gewesen; irgendwann habe er zwei ID gehabt, wann könne er nicht mehr sagen. Ry.: „Die wäre wieder aufgefunden worden.“ Dann geht Götzl zu den Ergänzungen und Korrekturen über und hält vor: Germann wolle ergänzt haben, dass er bereits viermal befragt worden sei, zweimal schriftlich und zweimal mündlich. Ry.: „Stimmt, ja, das waren seine Angaben.“ Götzl sagt, man spreche jetzt von der Vernehmung 2009, und fragt, welches die vierte Vernehmung sei. Ry. sagt, er nehme an, dass Germann die Einladung als Einvernahme ansehe. Die zwei mündlichen Vernehmungen seien die Vernehmungen von Ma. Und das sei jetzt die dritte gewesen. Ry. sagt, Germann habe das durchgelesen und es werde jede Seite von ihm unterschrieben. Götzl unterbricht die Vernehmung Ry.s.
Der Verhandlungstag endet um 16.12 Uhr.
Das Blog NSU-Nebenklage: „Die Verteidigungen Zschäpe und Wohlleben versuchten wortreich, vermeintliche Widersprüche in den Angaben des ersten Beamten aufzuzeigen, und widersprachen der Verwertung seiner Angaben zu den ersten Vernehmungen des Bekannten Müllers. Besonders verständlich ist dieses Vorgehen nicht: Gründe für ein Verwertungsverbot sind nicht wirklich erkennbar, vor allem aber würde ein solches der Verteidigung auch gar nichts nützen – denn seine Rolle beim Kauf der Waffe hatte der Beschuldigte ohnehin erst in einer späteren Vernehmung zugegeben.“