NSU-Watch begrüßt die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Komplex Nationalsozialistischer Untergrund in Mecklenburg-Vorpommern am 26.04.2018. „Das zeigt, dass es auch sechseinhalb Jahre nach Bekanntwerden des NSU nicht zu spät ist, den Weg der parlamentarischen Aufklärung zu gehen. Damit bleibt Hamburg das letzte Bundesland, in dem der NSU mordete, das sich dieser Aufklärungsbemühung verweigert,“ sagt Caro Keller von NSU-Watch. Die Initiative fordert, dass Hamburg nachzieht und einen Untersuchungsausschuss einsetzt. Der Prozess in München und die anderen Untersuchungsausschüsse konnten die Hamburger Fragen nicht klären. Jetzt ist die Hansestadt selbst am Zug.
Im November 2011 sicherte der damalige Hamburger Innensenator Michael Neumann (SPD) den Angehörigen von Süleyman Taşköprü „lückenlose Aufklärung“ zu. „Diesem Hamburger Aufklärungs-Versprechen wurde bis heute in keiner Weise nachgekommen,“ beklagt Caro Keller. Nach wenigen Sitzungen des Innenausschusses, einer knapp 90-Seitigen Erklärung und einer Straßenumbenennung erklärte die Hansestadt die Beschäftigung mit dem NSU für beendet.
Der Versuch der Linksfraktion, 2015 einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, wurde abgeschmettert. Die anderen Fraktionen zeigten sich betroffen, hielten aber alle Fragen für vorerst beantwortet. „Wenn aber alle Fragen angeblich beantwortet sind, warum wissen wir dann nicht, wer dem NSU Süleyman Taşköprü als mögliches Opfer benannt hat? Wir glauben nicht an ein „isoliertes Trio“ NSU, wir wollen wissen, welche Neonazis dem NSU in Hamburg geholfen haben,“ so Keller. Die Hamburger Neonaziszene rund um die heute noch aktiven Christian Worch und Thomas Wulff pflegten beste Kontakte in das Umfeld des NSU. Diese Verbindungen sind nicht im Ansatz aufgearbeitet worden.
„Wenn es um parlamentarische Aufklärung geht, kann nur ein Untersuchungsausschuss mit Akteneinsicht den richtigen Fragen und den Antworten näher kommen. Auf unüberprüfbare Behauptungen durch das Landesamt für Verfassungsschutz und die Hamburger Polizei ist kein Verlass,“ so Keller weiter. Die Hamburger Ermittlungsgruppe ging 2006 in der bundesweiten Ermittlungsgruppe ‚BAO Bosporus‘ massiv gegen den Vorschlag vor, in Richtung eines rechten Motivs zu ermitteln. Die Frage, warum dies so entschieden wurde, ist ungeklärt. Offen ist auch, welche V-Leute das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg in der Neonazi-Szene führte und welche Informationen diese lieferten.
„Indem Hamburg den NSU zu einem Problem aus Thüringen und Sachsen erklärt,versucht die Stadt, das Thema von sich weg zu schieben,“ sagt Keller und fügt hinzu: „Alles was wir sehen ist, das Hamburg sich mit Ausreden und prestigeträchtigen Aktionen wie der Umbenennung einer Nebenstraße nach Süleyman Taşköprü um die Übernahme von Verantwortung und Aufklärung herumdrückt.“ Diese Strategie muss Hamburg nach dem Beschluss des Untersuchungsausschusses in Mecklenburg-Vorpommern nun überdenken und zügig einen eigenen NSU-Untersuchungsausschuss einsetzen.
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