NSU-Watch: Aufklären & Einmischen #75. Vor Ort mit Edith Lunnebach, der Initiative Tatort Porz und der Opferberatung Rheinland. Gegen Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt. Schwerpunkt: Der rassistische Mordversuch an Krys.

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In Folge #75 von NSU-Watch: Aufklären & Einmischen. Der Podcast über den NSU-Komplex, rechten Terror und Rassismus“ ist Folge #24 der Podcastserie mit dem VBRG e.V. „Vor Ort – gegen Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt“ zu hören.

Dabei steht die Frage der strafrechtlichen Aufarbeitung des rassistischen Mordversuchs an dem 19-jährigen Krys in Köln-Porz und das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Köln am 10. Januar 2022 gegen den Angeklagten im Mittelpunkt. Die Schüsse auf eine Gruppe Jugendlicher am 30. Dezember 2019 durch den offensichtlich rassistisch motivierten Anwohner und CDU-Kommunalpolitiker Hans Josef Bähner hatten weit über Köln hinaus für Aufsehen gesorgt. Die Art der Tatbegehung – der Einsatz von Schusswaffen im öffentlichen Raum gegen wehrlose Gruppe Jugendlicher aus Familien mit Einwanderungsbiografien – erinnerte an die Schüsse, die im April 2012 den 22-jährigen Burak Bektaş in Berlin-Neukölln töteten und zwei seiner Freunde schwer verletzten. Hinzu kam, dass Polizei und Staatsanwaltschaft in der NSU-Tatortstadt Köln der Öffentlichkeit tagelang den rassistischen Hintergrund der Schüsse auf den 19-jährigen Krys und seine Freunde verschwiegen hatten. Doch der „Initiative Tatort Porz“ gelang es über zwei Jahre so viel Öffentlichkeit und Aufmerksamkeit für das Ermittlungsverfahren und den Prozess zu schaffen, dass das Gericht einer Auseinandersetzung mit dem Tatmotiv Rassismus nicht aus dem Weg gehen konnte.

Rechtsanwältin und Nebenklagevertreterin Edith Lunnebach spricht im Podcast über die polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und die Bedeutung der erstinstanzlichen Verurteilung des angeklagten 68-Jährigen zu einer dreieinhalbjährigen Haftstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Verstoß gegen das Waffengesetz. Mira von der Initiative „Tatort Porz“ analysiert, welche Bedeutung eine solidarische Praxis und Öffentlichkeit für die Auseinandersetzung mit Rassismus im Gerichtssaal haben und inwiefern vom Urteil eine Signalwirkung ausgeht, weil das Gericht u.a. ein „fremdenfeindliches“ Motiv des Angeklagten als strafschärfend nach §46 Abs. 1 Satz 2 StGB gewertet hatte. Fabian, Maurice und Regina vom Team der Opferberatung Rheinland beschreiben die Handlungsmöglichkeiten und Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen bei rassistischer Täter-Opfer-Umkehr durch Polizei und Justiz. Eine zentrale Bedeutung in dieser Podcast-Episode hat die Solidarität und Öffentlichkeitsarbeit nach rassistischer Gewalt – u.a. durch Prozessbeobachter*innen und unabhängige Recherchen.

Im Mittelpunkt der Podcastserie „Vor Ort“ stehen Analysen, Beispiele und Hintergründe dazu, wie Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt den Alltag vieler Menschen beeinträchtigen und beeinflussen. Und natürlich die Frage der Solidarität.

Links und Literaturtipps zum Podcast:

Website der Initiative „Tatort Porz – Keine Ruhe nach dem Schuss“

Opferberatung Rheinland

Halbjahresmagazin der Opferberatung Rheinland
Aktuelle Ausgabe Nr. 3 Kämpfe um Aufklärung und Erinnerung

Deutsches Institut für Menschenrechte:
Rassistische Straftaten erkennen und verhandeln. Ein Reader für die Strafjustiz

Dostluk Sineması (Hg) Vom Mauerfall bis Nagelbombe: Der NSU-Anschlag auf die Keupstrasse im Kontext der Pogrome und Anschläge der neunziger Jahre